KAISERSLAUTERN Schulleiterin Tracy O’Brien über Lernen in Corona-Zeit und Pläne für die Zukunft

In kleinen Lerngruppen können Schüler besser lernen, sagt Schulleiterin Tracy O’Brien.
In kleinen Lerngruppen können Schüler besser lernen, sagt Schulleiterin Tracy O’Brien.

An der Lina-Pfaff-Realschule plus haben sich die Corona-Regeln eingespielt. Die Sehnsucht nach einem normalen Schulbetrieb ist dennoch groß, wie Schulleiterin Tracy O’Brien im Gespräch mit Redakteurin Julia Luttenberger sagt. Für das kommende Schuljahr arbeitet sie derzeit an zwei Plänen.

Wie sehen Ihre Erfahrungen mit der Umsetzung der Corona-Maßnahmen aus?
Wir haben den großen Vorteil, dass wir ein großes Schulgebäude, große Klassenräume und große Flure haben. Da lassen sich Einbahnstraßenregelungen gut umsetzen und auch die Abstandsregeln lassen sich gut einhalten. Wir haben einen zusätzlichen Hof vor dem Gebäude für die Pausen geöffnet. Ungünstig ist es nur, wenn es regnet. Dann müssen leider alle in ihren Klassenräumen bleiben. Eine der Schwierigkeiten ist die Vorgabe, dass jeder Raum pro Tag nur von einer Lerngruppe genutzt werden darf. Das bedeutet einen sehr hohen Planungsaufwand.

Wie geht es den Schülern damit, dass sie wieder an die Schule kommen dürfen?
Die große Mehrheit hat sich darüber gefreut. Da waren viele strahlende Gesichter hinter den Masken zu erkennen. Aber es gibt auch Schüler, die verunsichert sind, weil sie selbst oder Angehörige zu Hause zu einer Risikogruppe gehören. Es sind auch nicht alle Schüler wieder an der Schule, einige sind zu Hause geblieben. Gleiches gilt für die Lehrer.

Wie funktioniert der Unterricht?
Wegen der Corona-Verordnungen dürfen die naturwissenschaftlichen Fachsäle nicht benutzt werden. Dadurch sind im naturwissenschaftlichen Unterricht keine Experimente möglich. Vor allem für unsere sprachlich schwachen Schüler fehlt dieser praktische Ansatz, der komplizierte Zusammenhänge besser begreifbar machen kann. Der Unterricht im wöchentlichen Wechsel läuft gut, die Schüler halten sich an die Regeln und arbeiten vor Ort gut mit. Die kleinen Lerngruppen sind Gold wert. Das bestätigt etwas, das wir seit Jahren sagen: Die Messzahlen für die Klassen sind viel zu hoch. Bei den kleinen Lerngruppen jetzt sehen wir deutliche Vorteile. Es herrscht viel mehr Ruhe, auch die stilleren Schülerinnen und Schüler kommen zu Wort, der Unterricht ist intensiver und macht mehr Spaß.

Wäre das etwas, das auch nach Corona beibehalten werden sollte?
Die Klassenmesszahlen sind für das, was wir vor Ort leisten sollen, zu hoch. Wenn es möglich wäre, alle Schüler zu Hause mit Endgeräten zu versorgen, wäre es für die älteren Jahrgänge eine Möglichkeit, den Unterricht weiterhin im Wechsel abzuhalten. So wäre der Präsenzunterricht intensiver. Doch das ginge nur, wenn alle Schüler die gleichen technischen Möglichkeiten hätten – und das ist nicht so.

Wie groß sind die Unterschiede bei der Ausstattung?
Sehr groß. Bei manchen fehlt es komplett an Endgeräten, da gibt es keine Tablets, keine PCs, keine Drucker. Bei anderen ist das Datenvolumen des Mobilfunkanbieters zu gering. Ein wirklicher Online-Unterricht ist unter diesen Bedingungen nicht möglich. Um das zu ändern, müsste das Land alle Schüler mit den gleichen technischen Geräten ausstatten. Wir als Schule könnten den Bedarf gar nicht zuverlässig ermitteln, da uns dazu die Kriterien fehlen.

Wie haben Sie das Unterrichtsmaterial bisher verteilt?
Auf ganz unterschiedlichen Wegen. Manches per Post, anderes per E-Mail, anderes haben Lehrer persönlich vorbeigebracht. Es ist ein sehr hohes Maß an Flexibilität im Kollegium nötig. Es ist zudem nicht immer einfach, alle Kinder zu erreichen. Die Schulschließung kam so überraschend, da konnte wenig vorbereitet werden. Manche Kinder können so wenig Deutsch, da ist es in der Schule schon schwierig, sich mit Händen und Füßen zu unterhalten. Mit schriftlichen Arbeitsanweisungen sind sie verloren.

Wie sind Ihre Erfahrungen beim Online-Lernen?
Die Schülerinnen und Schüler haben zu Hause ganz unterschiedlich gearbeitet. Manchen fehlten die technischen Möglichkeiten, viele hatten keine Unterstützung oder keinen Rückzugsraum, um in Ruhe zu arbeiten. Vielen ist es schwer gefallen, ihren Tagesablauf allein zu strukturieren und sich zu motivieren. Das Kollegium macht jetzt erst mal eine Bestandsaufnahme, es wird wiederholt und vertieft. Neuen Unterrichtsstoff online zu vermitteln, geht – wenn überhaupt – nur in den Abschlussjahrgängen, bei den Jüngeren ist das nicht möglich. Die Erträge von der Arbeit zu Hause hängen auch sehr vom Fach ab. Englisch kann man nicht allein lernen, das muss man in der Schule machen.

Wie ist die Stimmung an der Schule?
Die Schulsozialarbeiter haben viel telefoniert, haben auch Gespräche an den Fenstern geführt. Auch die Lehrkräfte haben sich stark engagiert. Bei uns findet vieles über die Beziehungsebene statt, wir haben gemerkt, wie wichtig unsere Präsenz für die Schüler ist. Wir versuchen alle, das Beste aus der Situation zu machen und es läuft wirklich gut. Trotzdem wünschen wir uns alle eine Rückkehr zur Normalität – ohne die Gesundheit zu gefährden.

Wie schwer war es, unter diesen Bedingungen Schule zu organisieren und wie bereiten Sie sich auf das kommende Schuljahr vor?
Die Hauptbelastung ist, immer wieder von einem Tag zum anderen zu planen, ständig gibt es neue Entwicklungen. Das verunsichert. Wir als Schulleitung versuchen daher, so viel wie möglich zu puffern und an das Kollegium nur die wichtigsten Informationen weiterzugeben. Sie haben ohnehin eine enorm hohe E-Mail-Last. Für das kommende Schuljahr bereiten wir zwei Pläne vor, einmal einen für den Regelbetrieb, einmal einen für den wöchentlichen Wechsel. Wir wollen außerdem die Sdui-App einführen. Sich in Online-Unterrichtskonzepte einzuarbeiten, würde nur dann etwas bringen, wenn wir wüssten, dass alle Schüler über die notwendige Ausstattung verfügen. Das ist aber nicht so.

Wie traurig sind die Schüler, dass jetzt gerade die schönen Dinge, wie etwa die Abschiedsfeste, wegfallen?
Die Schüler sind sehr traurig darüber, haben aber Verständnis für die Situation. Wir haben beschlossen, dass wir eine Abschlussfeier im Klassenverband im Freien abhalten werden. Dann sehen sich alle aus der Klasse noch einmal und bekommen ihre Zeugnisse. Toll finde ich, dass sich eine engagierte Kollegin dafür eingesetzt hat, dass die 10. Klassen ihre Abschlusszeitung gedruckt haben. So haben sie eine Erinnerung an die Schulzeit. Wir freuen uns jetzt auf die Feste, die wir im kommenden Schuljahr feiern können: Die Lina-Pfaff-Realschule plus wird am 1. August 2020 zehn Jahre alt. Das wollen wir im Jubiläumsjahr feiern. Den Anfang macht eine neue Homepage.

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