Kaiserslautern Sand und Whiskey in den Mundwinkeln

Das erste Benderhof-Konzert im neuen Jahr und es wurde direkt eine große Oldies-Party! Das leicht erneuerte Countryrock-Quintett Boys named Sue stattete den reichlich erschienen Gästen am Samstag den lang erwarteten Besuch ab und bescherte einen Rock ’n’ Roll-Abend der Extraklasse – mit sandigem Südstaaten-Sound und legendären Klassikern von Cash, Dylan, Petty & Co..

„Hey, wir haben in diesem Jahr noch gar nicht im Bender gespielt“, fiel den Boys namens Sue im Dezember 2017 auf ihrer Facebook-Seite auf. Also kurz vor Jahresende und eindeutig zu spät, um noch eine kurzfristige Session im Stammlokal rein zu quetschen. Aber zum Glück ließ die nachgeholte Stippvisite im neuen Jahr nicht allzu lange auf sich warten. Schließlich sind die Country-Barden von Boys named Sue immer wieder gern gehörte Gäste in der Kneipe – was sich durch eine wiedermal stattliche Zahl an Besuchern bestätigte. Um 21 Uhr war der „Bender“ schon so gut gefüllt, dass der Sauerstoff längst von Zigarettenqualm zersetzt war. Die Stimmung prächtig; die Musiker entspannt bei einem gepflegten Bier. Kurz nach 21 Uhr war es dann soweit die Instrumente zu betätigen. Den langjährigen Konzertbesuchern der Band dürfte eines schnell aufgefallen sein: Das Quintett hatte ein neues, „altes“ Gesicht in seiner Mitte. Bassist Gernot Kögel hatte die Band zum Jahresende verlassen. Für ihn zupft nun Daniel Zäpfel am Viersaiter, der eigentlich schon seit Jahren als „Sub-Basser“, so bezeichnet es Sänger Ralf Storck, der Band aushilft. Das Konzert am Samstag war der erste offizielle Gig in neuer Besetzung, mit dem Zäpfel seine Beförderung zum „Chef-Basser“ der Boys feierte. Und diese Feuertaufe hat er mit Bravour gemeistert. Mit dem Neuzugang am Bass bleibt der ratternde Klang der Band so mächtig wie eh und je. Und die Wahl ihrer Lieder aus dem großen „American Songbook“ erwies sich erneut als eine spannende Fahrt durch legendäre Evergreens. Der Song „One“ von U2 hat immerhin schon den „Godfather of Countrymusic“ und Namensstifter der Boys named Sue, Johnny Cash, in den Bann gezogen. Damit eröffneten Ralf Storck und seine Kollegen das abendliche Set, das im Wechsel durch ältere und jüngere Hits der Musikgeschichte führte. Dabei reihte sich Cashs „Personal Jesus“ in eine Linie mit dem süß-melodischen Liebesbekenntnis „My Girl“ von den Temptations. Und Gloria Jones’ „Teinted Love“ raunte nur einen Atemzug entfernt von Bob Dylans „Seven Days“. Doch ob R’n’B-Klassiker der Motown-Ära oder satte Strat-Stücke der „weißen“ Rock-Riege: Die Boys drückten jedem Titel ihren eigenen kernigen Stempel auf. Die Originale wurden in angenehm schlurfenden Countryrock gekleidet, mit einem Rhythmus, der zwischen bleierner Schwere und tanzbaren Grooves pendelte. Beim raubeinigen „Walk The Line“ konnte man beinahe den Sand und Whiskey in den Mundwinkeln schmecken, während die Band den Cash-typischen, langsam streifenden „Boom-Chicka-Boom“-Sound nachahmte. Storck versuchte sich in den ersten Zeilen sogar an Cashs markanter Bassbariton-Stimme, erkannte jedoch schnell, dass er die Tiefe des Altmeisters nicht erreichen konnte und wechselte in der zweiten Strophe wieder zu seiner höheren Stimmlage. Die Stimmung im proppevollen Bender war bei jedem Song grandios. Es wurde gelacht, erzählt, gesungen und vor allem getanzt. Denn wenn der Sound der Boys auf eines gerichtet ist, dann geradewegs durch die Beine zu pulsieren und die Menge in Bewegung zu bringen. Dafür würzte Thomas Edler (Gitarre und Mundharmonika) so manche Stelle mit belebenden Akkorden, Jan Marco Becker versetzte die Stücke mit temperamentvollen Keys und Orgel-Nuancen, und Ralf Leis (Schlagzeug) polterte den Staub vom alten Tennessee-Sound. Kurz: Die Musiker fuhren alles auf, was ihr beträchtliches Musikwissen und -können zu bieten hatte und machten den nostalgisch gestimmten Oldies-Fans mit jedem Titel eine Freude. Da hatte sich das einjährige Warten auf den Gig doch gelohnt.

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