Kaiserslautern „Plage ist das falsche Wort“

Wespen haben es auf Süßes abgesehen.
Wespen haben es auf Süßes abgesehen.

Sie ist der ungebetene Gast bei jeder Grillfeier: die Wespe. Dieses Jahr, so scheint es, gibt es noch mehr Wespen als in den Jahren zuvor. Kaum steht der Zwetschgenkuchen auf dem Tisch, kommen sie aus allen Richtungen. Von einer „Wespenplage“ kann aber keine Rede sein. Jürgen Reincke, Vorsitzender des Naturschutzbundes Kaiserslautern und Umgebung, kann die Aufregung nicht verstehen. „Plage ist einfach der falsche Ausdruck“, erklärt er.

In den vergangenen zwei Jahren habe später Frost und viel Regen zahlreiche Wespen das Leben gekostet. Die Klimabedingungen in diesem Jahr seien für die Wespe hingegen ideal, sodass der Bestand wieder wachsen konnte. „Da kann schon mal der subjektive Eindruck entstehen, dass es dieses Jahr mehr Wespen gibt als üblich“, so Reincke. Ein Grund zur Sorge sei das aber nicht, denn der schlechte Ruf der Wespe ist laut Reincke unbegründet. Gemeinsam mit Bienen, Schmetterlingen und anderen Insekten bestäube sie unsere Nutzpflanzen. „Außerdem fressen die Wespenvölker verschimmeltes Obst von den Feldern und halten damit unser Ökosystem in Gang. Die Wespen sind Teil der natürlichen Müllabfuhr“, erklärt Reincke. Doch nicht jeder teilt die Begeisterung des Naturschützers für die gelb-schwarzen Insekten. „Wir bekommen zur Zeit sehr viele Anrufe von Menschen, die Hilfe suchen, weil sie ein Nest im Garten haben“, erzählt Reincke. Die meisten könne er beruhigen, denn nicht jedes Nest sei ein Problem. Erst wenn das Nest ins Haus rage oder in der Nähe von Kindergärten oder Spielplätzen zu finden sei, solle man über eine Umsiedelung nachdenken. Ein Imker könne eine solche Umsiedelung fachgerecht durchführen. Zurzeit ist jedoch Hochsaison in der Honigproduktion und die meisten Imker sind voll beschäftigt. Für eine Umsiedelung könnte es jetzt außerdem schon zu spät sein, warnt Reincke, denn die Wespen hätten womöglich nicht mehr genug Zeit, ein neues Nest zu bauen. Auch die Feuerwehr wird oft kontaktiert, wenn es um die Entfernung von Wespennestern geht. Allerdings kümmert sich die Feuerwehr nur dann um die ungeliebten Nester, wenn diese an öffentlichen Gebäuden zu finden sind. Michael Ufer, stellvertretender Direktor der Feuerwehr Kaiserslautern, musste diesen Sommer schon viele besorgte Anrufer beruhigen. Auch er plädiert für mehr Gelassenheit, denn meist drohe keine Gefahr durch ein Wespennest. Eine Entfernung erfolge deshalb nur im Notfall. „Wir handeln im Sinne des Naturschutzes“, versichert Ufer. Der letzte Schritt im Kampf gegen die Wespennester ist der Anruf beim Kammerjäger – das Todesurteil für die Insekten. „Als NABU können wir davon nur abraten“, sagt Jürgen Reincke, denn die Wespe sei friedlicher als gedacht. „Keine unserer Wespenarten ist von Natur aus aggressiv“, versichert der Naturschützer. Erst durch hektische Bewegungen fühlten sich die Tiere bedroht, „denn Wespen nehmen jede Bewegung bedeutend schneller wahr als wir Menschen“. Erst wenn sich die Wespe bedroht fühlt, sticht sie zu. Wer die Insekten vom Zwetschgenkuchen verscheuchen möchte, sollte daher auf langsame Bewegungen achten. In wenigen Wochen ist die Wespensaison dann auch schon zu Ende. Im Oktober darf aufgeatmet werden, denn spätestens mit dem ersten Frost werden die Insekten wieder verschwunden sein.

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