Kaiserslautern Pfalztheater-Intendant Urs Häberli geht

Minutenlanger Applaus im Stehen: Pfalztheater-Intendant Urs Häberli (Mitte) hat sich am Samstag vom Lauterer Publikum verabschie
Minutenlanger Applaus im Stehen: Pfalztheater-Intendant Urs Häberli (Mitte) hat sich am Samstag vom Lauterer Publikum verabschiedet.

Mit dem Ende dieser Saison verlässt Intendant Urs Häberli das Pfalztheater Kaiserslautern. Nach der letzten Vorstellung seiner Inszenierung der Strauss-Oper „Salome“ am Samstagabend wurde er von der Belegschaft sowie den Trägern des Dreispartenhauses verabschiedet. In einer kurzen Dankesrede zog der 61-Jährige eine selbstbewusste Bilanz.

Der Schweizer war zwei Jahrzehnte lang am pfälzischen Musentempel tätig. Seine letzte Inszenierung am Pfalztheater - Richard Strauss’ packender Einakter „Salome“ - war ein Traumprojekt Häberlis, dessen Premiere wegen Corona zweimal verschoben werden musste. Nach der frenetisch beklatschten Derniere am Samstag spielte das Theaterorchester unter Leitung von Generalmusikdirektor Daniele Squeo zum Abschied außerdem die Ouvertüre zur Rossini-Oper „Wilhelm Tell“, die Häberlis erste Inszenierung als Intendant gewesen war.

Im Namen aller Instrumentalmusiker sagte die Harfenistin Konstanze Licht dem scheidenden Chef ein herzliches Lebewohl. Ein kleines Ensemble aus Orchestermitgliedern (Leitung: Anton Legkii) intonierte den Film-Evergreen „Sag’ beim Abschied leise Servus“ von Kreuder. Die Sängerinnen Astrid Vosberg und Monika Hügel ließen die Titel seiner Opern-, Operetten- und Musical-Inszenierungen Revue passieren. Rainer Furch und Henning Kohne sprachen fürs Schauspielensemble, Grüße des Ballettkorps überbrachte Chef-Choreograf James Sutherland.

Lego-Modell des Theaters

Den Personalrat vertraten Dominique Engler und Moritz Dehnen, die ein Lego-Modell des Theatergebäudes überreichten. Häberlis langjähriger Weggefährte und Intendantenkollege Johannes Reitmeier wurde mit einer kurzen Videobotschaft zugeschaltet.

Der Vorsitzende der „Freunde des Pfalztheaters“, Michael Krauß, erklärte in einer launigen Rede, Förderverein und Intendanz hätten sich „geliebt und gestritten“, aber „beide immer das Beste für unser Haus“ angestrebt. Zum regelmäßigen „Talk unter Freunden“, den die „Freude“ seit zehn Jahren ausrichten, habe Häberli erst nach anfänglichen Zweifeln Vertrauen gefasst. Dagegen sei das „Opernstudio“ zur Förderung von Nachwuchssängern vor allem durch Häberlis Kontakte als Lehrbeauftragter an der Mannheimer Musikhochschule möglich geworden.

Krauß: „Ein Aushängeschild“

Krauß attestierte seinem Duzfreund „künstlerische Kontinuität und Verlässlichkeit“ sowie eine „unaufgeregte Amtsführung ohne Skandale und Egozentrik“, die „das Pfalztheater aus der gegenwärtigen Diskussion um Machtmissbrauch herausgehalten“ habe. Häberlis Inszenierungen seien „ein Aushängeschild“ gewesen.

Bürgermeisterin Beate Kimmel (SPD) sagte, sie werde ihn „ganz arg vermissen“, zumal Stadt und Theater „ganz viele gemeinsame Projekte“ gestemmt hätten. Gemeint ist die Kooperation beim Schülertheater, das „junge Menschen niedrigschwellig an Kultur“ heranführe.

Kimmel: „Ganz arg, ganz viel“

Vom Land Rheinland-Pfalz, das ebenso wie die Stadt Kaiserslautern an der Finanzierung des Zuschussbetriebs Pfalztheater beteiligt ist, meldete sich bei der Verabschiedung kein offizieller Vertreter zu Wort. Träger des Musentempels ist der Bezirksverband Pfalz, so dass Bezirkstags-Vorsitzender Theo Wieder (CDU) die Laudatio auf den Intendanten hielt.

Das von Häberli etablierte Projekt „Begegnungen“ habe „das Haus für Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung geöffnet, auch solchen mit besonderen Handicaps im Leben“, sagte Wieder. Gerade sie könnten auf diese Weise „den Zauber des Handelns auf einer Bühne spüren“.

Wieder: Stets leidenschaftlich

Ebenso leidenschaftlich habe sich Häberli für „das besondere Musiktheater des 20. Jahrhunderts“ eingesetzt. Spartenübergreifende Inszenierungen und Veranstaltungen wie die „Philharmonische Nacht“ hätten „dem Kulturleben neue Facetten beschert“. Wieder weiter: „Die erstmalige Ausrichtung der Theatertage Rheinland-Pfalz hier am Pfalztheater war die verdiente Anerkennung für dieses Engagement“.

Der Bezirkstags-Vorsitzende zitierte den 1933 aus Deutschland vertriebenen Theaterzauberer Max Reinhardt, nach dem die Bühne „der seligste Schlupfwinkel für diejenigen“ ist, „die sich auf- und davongemacht haben, um bis an ihr Lebensende zu spielen“. Häberli habe Kaiserslautern einen solchen Schlupfwinkel eröffnet durch seine „jederzeit spürbare Leidenschaft, Theater zu leben und zu vermitteln“.

Minutenlange Standing Ovations

Das Publikum bedachte den Intendanten mit minutenlangem Applaus im Stehen. Er habe „immer nur Geschichten erzählen wollen“, sagte Häberli, der den Stellenwert aller Ensemble- und Belegschaftsmitglieder unterstrich. Er blicke „mit Freude und Genugtuung zurück, in einigen Fällen auch bewusst mit Stolz“.

„Theater ist Reibung und Reibung ist wichtig und gut“, sagte Urs Häberli. Er war 2002 als Betriebs- und Operndirektor sowie stellvertretender Intendant nach Kaiserslautern gekommen. Seit 2012 hatte er selbst den Chefsessel inne, arbeitete aber auch weiterhin als Regisseur vor allem im Musiktheater. Zum Abschied erklärte er am Samstag, er hinterlasse ein „bestens aufgestelltes Pfalztheater“.

Personelle Einschnitte zeichnen sich ab

Nach dem Intendanten verabschiedete Wieder außerdem die bisherige kaufmännische Direktorin des Pfalztheaters, Stefanie Niedermeier. Die 55-jährige Lautererin hatte im Frühjahr überraschend ihren Wechsel ans Theater Bielefeld verkündet. Ihre Funktion übernimmt Simone Grub.

Die Leitung des Hauses geht mit Beginn der neuen Spielzeit an ein „Interims-Direktorium“ über. Ab 2023 übernimmt ein ebenfalls dreiköpfiges Führungs-Trio um den künstlerischen Direktor Johannes Beckmann. Massive Veränderungen im Personalbestand zeichnen sich bereits jetzt ab.

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