Kaiserslautern Neuanfang mit Hoffnungsschimmer

Ein neuer Theaterintendant für Ludwigshafen ist gefunden. Tilman Gersch wird nach RHEINPFALZ-Informationen Nachfolger von Hansgünther Heyme, der das Theater im Pfalzbau seit 2004 leitet und Ende des Jahres aufhört. Wie Heyme kommt auch Gersch vom Schauspiel, war in leitender Position am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden. Heute wird der 49-jährige Berliner im Ludwigshafener Stadtrat vorgestellt.

Tilman Gersch ist ein Theatermann, der in seinem Beruf ganz unten angefangen hat. Geboren 1964 im Ostteil Berlins, arbeitete er nach dem Abitur beim Deutschen Theater als Bühnentechniker und Buchverkäufer, war Praktikant in der Dramaturgie. Dann wollte er auch selbst künstlerisch fürs Theater arbeiten und absolvierte an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ eine Regieausbildung. 1989 folgten erste Engagements als Regisseur am Berliner Theater an der Parkaue und in Greifswald, ab 1993 arbeitete er als freier Regisseur unter anderem in Leipzig, Hannover, Göttingen und am Thalia Theater in Hamburg. Seit der Spielzeit 2007/2008 ist Gersch fester Regisseur und Mitglied der Schauspielleitung am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden, wo Manfred Beilharz Intendant ist. Inszeniert hat er zahlreiche Bühnenklassiker wie „Faust“ und „Hamlet“, Lessings „Minna von Barnhelm“ und Wedekinds „Frühlings Erwachen“, aber auch Romanbearbeitungen von Musil und Tellkamp und neue Stücke von Elfriede Jelinek und Nis-Momme Stockmann. Seine Wiesbadener „Was ihr wollt“-Aufführung wurde 2006 als „Inszenierung in der Diskussion“ zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Auch in Ludwigshafen sind also eigene Regiearbeiten von Gersch zu erwarten, wenn auch nicht so zahlreich wie zuletzt in Wiesbaden, schließlich verfügt das Theater im Pfalzbau über kein Ensemble und ist bei eigenen Theaterprojekten auf Kooperationen mit anderen Häusern angewiesen. Das haben fast alle Ludwigshafener Intendanten so gemacht, zunächst im Musiktheater, Heyme dann im Schauspiel, zuletzt als Kooperation mit der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und dem Opernhaus in Halle bei Wagners „Ring“. Als Hansgünther Heyme, der als Regisseur und Intendant deutsche Theatergeschichte geschrieben hatte, vor zehn Jahren überraschend nach Ludwigshafen geholt wurde, da war das Theater hier an einem schwierigen Scheidepunkt, und nicht wenige glaubten, der damals 68-Jährige würde sein Renommee riskieren. Aber statt Gastspiel-Tristesse ließ Heyme ein zumindest zeitweise glanzvolles Angebot aus Festspielen, Türkei-Wochen, Orienttagen und Kinderprojekten entstehen. Am Ende verausgabte er sich beim „Ring“-Projekt, die Festspiele konnten nur noch beim von Sponsoren bezahlten Tanztheater glänzen. Beim Restprogramm dominieren der Tourneebetrieb und die preiswerte Zusammenarbeit mit dem Pfalztheater. Heymes Fokussierung auf den „Ring“ hat in der Stadt auch Kritik ausgelöst, dass sein Vertrag zum Jahresende ausläuft, obwohl der inzwischen 78-Jährige gern noch weitergemacht hätte, wurde von der SPD durchgesetzt. Sogar eine Theaterkommission wurde eingesetzt, um wieder Einvernehmen über die Rolle des Theaters in Ludwigshafen herzustellen. Vom neuen Mann wird also neben frischen Ideen und solider Haushaltsführung auch wieder ein ganzheitlicher Zugriff aufs Theaterprogramm erwartet, vielleicht auch eine Annäherung der verschiedenen Besuchergruppen, die sich in Ludwigshafen zwischen Ballettavantgarde und Boulevard doch sehr sortiert haben. Mehr Geld wird es vorerst nicht geben, da hat Heyme letztmals vor ein paar Jahren einen Zuschlag herausgeholt. Aber bei den Sponsoren scheinen die Möglichkeiten im Vergleich zu anderen Theatern noch lange nicht ausgeschöpft. Auch bei Kooperationen mit anderen Häusern und freien Ensembles scheint deutlich mehr möglich, das gilt auch für die Bühnen und Festivals in der unmittelbaren Nachbarschaft, bei denen sich das Theater im Pfalzbau bislang eher zurückhaltend zeigte. Der Start für den Neuen ist also nicht einfach, aber durchaus hoffnungsvoll. Die Theaterstadt Ludwigshafen scheint trotz angespannter Finanzlage noch nicht am Limit ihrer Möglichkeiten.

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