75 Jahre Lokalausgabe Nach dem Krieg wird der Personennahverkehr in Kaiserslautern neu gestartet

Mehr als 60 Busse umfasst die Flotte der Verkehrsbetriebe SWK. Sie finden ihren Unterstand in einer im Jahr 1954 gebauten Halle.
Mehr als 60 Busse umfasst die Flotte der Verkehrsbetriebe SWK. Sie finden ihren Unterstand in einer im Jahr 1954 gebauten Halle.

Zockelnder Pferdeomnibus, quietschende Straßenbahn, klopfende Dieselbusse und schließlich immer zeitgemäße modernste Busgenerationen – der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) begann in Kaiserslautern einst mit einer Privatinitiative. Und wurde 1947 neu gestartet.

Der innerstädtische Linienverkehr lief ab 27. Februar 1947, vor 75 Jahren, wieder Zug um Zug normal. Das gesamte Bussystem musste jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg neu organisiert werden. Die zur gleichen Zeit in Kaiserslautern eingerichtete Lokalredaktion der RHEINPFALZ hatte unter anderem ein Thema für das sich die Bürger, von denen kaum einer ein eigenes Fahrzeug besaß, täglich interessierten, für neue Linien, Fahrzeiten und Haltestellen.

Etwa elf Millionen Fahrgäste pro Jahr

Über die heutige SWK-Verkehrs-AG informiert Betriebsleiter Boris Flesch. Die Verkehrs-AG betreibe derzeit 63 Linienbusse, davon 33 Solobusse und 30 Gelenkbusse. Alle Fahrzeuge seien Niederflurbusse, die sich auf der Einstiegsseite absenken ließen. Die Busse seien mit einem Fahrgast-Informationssystem und mit Wlan ausgestattet. Auf dem 360,9 Kilometer langen Liniennetz unterhält die Verkehrs-AG rund 500 Haltestellen. Das Unternehmen beschäftigt 111 Busfahrer und 15 Busfahrerinnen. Aus der jüngsten Statistik, des Jahres 2021, geht hervor, dass die Verkehrs-AG etwa elf Millionen Personen befördert hat. Im Rahmen der Buskraftfahrer-Erweiterungsbildung schult die Verkehrs-AG ihre Bediensteten, und es gibt laufend Informationsveranstaltungen zu bestimmten Themen, wie beispielsweise zu Tarif- oder Linienveränderungen. Die Verkehrs-AG reinig die Busse täglich trocken, und wöchentlich werden sie innen und außen nass gepflegt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg standen trotz der Bombenschäden auf dem Betriebshof bei der Barbarossastraße, den damaligen Städtischen Verkehrsbetrieben, noch 21 Busse und sieben Anhänger zur Verfügung. Die Verkehrsbetriebe mussten für den von 1936 bis 1940 gebauten Westwall einen großen Teil ihrer Busse zur Verfügung stellen. Die nach dem Krieg noch vorhandenen 21 Fahrzeuge waren nicht alle einsatzfähig. Es galt Ersatzteile zu beschaffen, erforderliche Reparaturen durchzuführen und schließlich den „Personenbeförderungsbetrieb“ von Grund auf mit den jeweils neuen Bustypen Schritt für Schritt zu modernisieren. Haltestellen und Linienführung müssen immer wieder der fortschreitenden Stadtentwicklung angepasst werden.

Der erste Obus kommt mit dem Laster

Die ersten Masten für ein neues Bussystem, den Oberleitungsbus, den Obus oder Trolleybus, stellten die Verkehrsbetriebe am 28. Mai 1948 auf. Am 12. Februar 1949 zog ein Lkw den ersten Trolleybus, den „101“, von Sindelfingen nach Kaiserslautern. Bis zum Betriebsbeginn auf der Linie 1 von der Vogelweh bis zu Hauptfriedhof bei der Mannheimer Straße dauerte es jedoch noch bis 29. Oktober 1949. Bereits 1950 verlängerten die Verkehrsbetriebe die Strecke bis zur Panzerkaserne.

Der Stadtrat beschloss am 25. November 1985, das Obus-System abzubauen. Die SPD und die Grünen votierten zusammen mit 28 Stimmen für den Abbau und die CDU war mit 24 Stimmen dagegen. Die CDU hinterließ im Protokoll der aufgeheizten Obus-Debatte den Satz: „Bei einer künftigen CDU-Mehrheit werden wir das Obus-System wieder aufbauen.“ Der letzte Obus fuhr im Januar 1986.

Seit etwa 1894 stand der „Personenbeförderungsverkehr“ im Stadtrat immer wieder einmal auf der Tagesordnung, bis in der Zeitung stand: „Ab nächster Woche rattert die Straßenbahn durch Kaiserslautern.“ Ihre erste Fahrt trat sie am Dienstag, 19. Dezember 1916, an. Die Eröffnungsfahrt begann um 17 Uhr, also bei Dunkelheit. Ältere Zeitzeugen berichteten, von einem „großstädtischen Anblick“ der beleuchteten Straßenbahn. Neben dem optischen Effekt war auch eine neue „großstädtische Geräuschkulisse“ in die stille Stadt gekommen, die bislang nur das Quäken der wenigen Autohupen, das Peitschenknallen und die dirigierenden Rufe der Viehhändler kannte. Der Viehtrieb durch die Innenstadt wurde erst 1926 (!) verboten. Die Endstation der Straßenbahn war nach 19 Jahren, am 30. Juni 1935 erreicht. Die Stadt verkaufte das klapprige, unzuverlässig gewordene Gefährt und ersetzte es durch Dieselbusse.

Ein privater Lohnkutscher zeigte ursprünglich dem schon seit den 1890er Jahren diskutierenden Stadtrat, wie man mit einfachen Mitteln den „Personenverkehr“ in den Griff bekommt, mit Pferdekutschen. Bei der 4. Pfälzischen Gewerbe- und Industrieausstellung im Jahr 1905 witterte der Kaiserslauterer Lohnkutscherei-Unternehmer, Christian Fuchs aus der Gartenstraße, ein Geschäft. Fuchs kaufte in München für etwa 700 Goldmark einen gebrauchten Pferdeomnibus. Er kutschierte die Besucher vom Bahnhof zur Ausstellung bei der Landesgewerbeanstalt, der heutigen Pfalzgalerie, und wieder zurück. Das war der Beginn einer regelmäßigen Beförderung mit speziell für den Personentransport ausgerüsteten Pferdefuhrwerken.

Aus Pferdeomnibussen werden Bienenstöcke

Die Kutschfahrten waren dem Fahrplan der Eisenbahn angepasst. Nach der Gewerbeausstellung funktionierte der „Personenbeförderungsverkehr“ in gewissem Umfang weiter. Neue Unternehmer kamen hinzu. Die privaten Pferdeomnibusse trabten noch bis in die Straßenbahnzeit. Als sie Straßenbahnzeit kam und die Pferdeomnibusse ausgedient hatten, interessierten sich die Bienenzüchter dafür. Die Kutschen wurden zu fahrbaren Bienenstöcken umgebaut. Die letzten standen bis in die 1950er Jahre am Waldrand bei Otterberg.

Übrigens: Eine Straßenbahn kann in Kaiserslautern – abgesehen von technischen Fragen – nicht ohne Weiteres wieder eingeführt werden. Die Erlaubnis ist am 1. August 2014 abgelaufen. König Ludwig III. von Bayern hat sie am 31. Juli 1914 auf 100 Jahre erteilt.

Die Serie 75 Jahre Kaiserslauterer Lokalausgabe

1947 erschien erstmals eine Kaiserslauterer Lokalausgabe der RHEINPFALZ. Zum Jubiläum wollen wir mit dieser Serie in loser Folge einen Blick auf Themen werfen, die die RHEINPFALZ-Leserinnen und -Leser aus Stadt und Kreis Kaiserslautern in den vergangenen 75 Jahren beschäftigt haben wie die Eingemeindungen 1969, wodurch Kaiserslautern Großstadt wurde, die Gründung der Uni, die Gartenschau oder die Fußball-Weltmeisterschaft 2006.

Der erste Oberleitungsbus auf Probefahrt am 29. Oktober 1949 vor dem damaligen Pfalztheater beim Fackelrondell.
Der erste Oberleitungsbus auf Probefahrt am 29. Oktober 1949 vor dem damaligen Pfalztheater beim Fackelrondell.
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