Kaiserslautern Musikalischer Festschmaus

Andy Dodts A-cappella-Formation Fresh! sang am Mittwochabend in der Schön-gehört-Reihe in der Landstuhler Stadthalle, was das Genre Pop und Rock von Phil Collins über Pink bis hin zu Bobby McFerrin und Coldplay hervorgebracht hat. Im rappelvollen Foyer überzeugten die 18 Sänger auf der ganzen Linie.

Sie werfen die Arme abrupt in die Luft, drehen sich nach links, drehen sich nach rechts, werfen den Kopf vor und zurück, schnippen mit den Fingern und klatschen mit den Händen auf die Schenkel. Sie intonieren mit Verve und Spaß an der Popmusik, swingen virtuos im Combo-Sound und das mit rhythmischer Präzision und gospelgleichem Engagement. Innovative und anspruchsvolle Popmusik ist es, was Fresh! zu bieten hat, und im wahrsten Sinn des Wortes ist sie erfrischend und frech zugleich. Das klingt beim ersten Song, „Easy Lover“ von Phil Collins, noch ein wenig zurückhaltend und schüchtern, denn schließlich sitzen sich Sänger und Publikum ganz nah im Nacken. Das ist nicht einfach für die Künstler. Aber schon bei Queens „Crazy Little Thing“, das Freddie Mercury in vier Minuten komponiert haben soll, sitzt ihnen der Schalk im Nacken. Das Lampenfieber schieben sie einfach beiseite, und keck und kess und mit viel Pep fangen sie an zu grooven. Die Art, wie sie phrasieren, macht jeden Song zum Hörerlebnis. Das reißt sogar die Zuhörer mit, im exakten Off-Beat mitzuklatschen, dass dem Chorleiter, der mit der Gitarre begleitet, die Spucke wegbleibt. Die Formation entwickelt eine „Sprache“, die eine Spannung aufbaut, die physisch spürbar ist. Und eine Sprache, die im Gestern verwurzelt ist und das Heute erforscht. Kräftige Bilder münden in lautmalerischen Strukturen. Woraus das Konzert seine besondere Spannung bezieht, ist der respektvolle Umgang mit dem Material und der respektlose Umgang mit den unterschiedlichsten Stilen, aus denen die Songs stammen. Die Arrangements von Andy Dodt, der sämtliche Songs auf seinen Auswahl-Chor projiziert hat, unterstreichen die vielfältigen Möglichkeiten dieser Formation und kitzeln die Ausdrucksmöglichkeiten der Stimmen bis aufs Letzte heraus. Und diese Arrangements von Songs wie „Some Nights“ von Fun, „Just Give Me A Reason“ von Pink, „Africa“ von Toto oder „Wannabe“ von den Spice Girls sind nicht einfach. Zum Teil sind sie dreistimmig, manche sogar, wie das unter die Haut gehende „Hello“ von Adele, sechsstimmig. Gesang mischt sich mit Sprechgesang und Lautmalereien. Da wird gesummt und mit Lippen und Zunge geflötet, wird geschnalzt, gestöhnt, geächzt und gebrüllt. „Just The Way You Are“ von Bruno Mars ist sogar eine Collage mit Nellys „Just A Dream“. Und auch Bobby McFerrins „Don’t Worry, Be Happy“ mischen sie mit „What’s Up“ von 4 Non Blondes. Andy Dodt greift dabei auf Stilmerkmale des Spiritual und Soul zurück: dem mehrstimmigen, melismatischen Doo-Wop-Gesang, Elementen des Call-and-Response, emotionsgeladene Expressivität und Körperlichkeit, begleitet von Klatschen und Zwischenrufen. Und alles tragen sie mit ungestümer Frische und lebhaftem vokalem Mienenspiel vor. Auch solistisch können sich einige Sängerinnen, wie in „Wannabe“, mit tollen Stimmen und zungenakrobatischem Können profilieren. Auch der Schulterschluss zwischen dem Gesang und der Choreographie gerät ganz leicht, ganz selbständig und natürlich. Hinzu kommt die humorvolle Moderation einiger sich abwechselnder Chormitglieder. So gelang es dem Ensemble eindrucksvolle zu zeigen, „dass Chor auch anders geht“, wie Dodt erklärte. Zweieinhalb Stunden sangen sie, und alles auswendig! Für Laienmusiker eine Riesenleistung. Ein musikalischer Festschmaus. Riesenbeifall. Drei Zugaben.

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