Kaiserslautern „Meine Feindbilder sterben aus“

Insbesondere CSU-Politiker nimmt Christoph Weiherer immer gern aufs Korn.
Insbesondere CSU-Politiker nimmt Christoph Weiherer immer gern aufs Korn.

Alexander Dobrindt, Andreas Scheuer und Edmund Stoiber sind seine Lieblingsfeinde. Am Donnerstag begeisterte der niederbayerische Liedermacher und Kabarettist Christoph Weiherer im Cotton Club in seinem Solo-Programm mit bissigen Texten, mit scharfzüngiger Gesellschaftskritik und deftigen Sprüchen, meist politisch unkorrekt. Er spielte aber auch wunderbar poetische Songs. Ein Frontalangriff auf das Duckmäusertum.

„CSU am Boden, meine Feindbilder sterben aus. Vorbei ist’s mit der Atomkraft“, heißt es in im ersten Lied mit dem Titel „Sie nennans Politik“, das er dem CSU-Landesgruppenchef in Berlin, Dobrindt, widmet. Der Text handelt von Japanern in Kunstledertracht, vom geschäftstüchtigen Alfons Schuhbeck oder von Stromimporten aus Tschechien und natürlich: von Dobrindt. Dieses Lied habe ihm der frühere Verkehrsminister förmlich abgebettelt. Nach ihm hat Weiherer sogar seine Band und eine CD genannt: „Weiherer und die Dobrindts“. Dobrindt habe 2010 einen legendären Spruch rausgehauen: „Wer gestern gegen Atomkraft demonstriert hat und heute gegen Stuttgart 21, der braucht sich nicht zu wundern, wenn morgen in seinem Garten ein Minarett steht.“ Seitdem warte er auf sein Minarett, sagte Weiherer. Zur CSU und Andreas Scheuer meint der 38-Jährige: „Es ist ihnen gelungen, für den Posten des Verkehrsministers einen noch größeren Vollidioten zu finden.“ Dass er die Vollidioten beim Namen nennen dürfe, habe ihm sein Anwalt versichert: Da es stimme, sei es keine Beleidigung, sondern Berichterstattung. In Weiden in der Oberpfalz herrsche an dieser Stelle jedoch Totenstille. Mit seiner knapp 17-jährigen Bühnenerfahrung zeigt sich der Liedermacher spontan, witzig und vor allem schnörkellos. Oft auch bayerisch deftig, urig und trocken. Berührungsängste hat er keine. So kriegen auch die CSU-Granden Edmund Stoiber und Günther Beckstein ihr Fett weg. „Ob der Stoiber jetzt Staub saugt“, singt er, und Becksteins legendärer Spruch, dass man als Bayer mit zwei Maß Bier noch Autofahren könne, kommentiert er: „I hoab das G’fuil, dass alle Leid um mich rum bleed sinn.“ So ist Weiherer ein Volkssänger in bester bayerischer Hau-drauf-Manier, ein Poet des Dialekts. Der mehrfach preisgekrönte „bayerische Bob Dylan“ aus der Nähe der Papstheimat Marktl am Inn pflegt die aussterbende Gattung des Protestsongs. Umweltverschmutzung und Insektensterben (in „Mensch“) klagt er genauso an wie den Turbokapitalismus oder die Ausländerfeindlichkeit. „Ihr habt mich angelogen, ich hab auf euch gehört. Ihr habt mich blöd gemacht, ich hab mich nicht gewehrt. Ich bin integriert in euer System, bin bestimmt nicht mehr gefährlich und unbequem“, singt er in „Euer System“. Voller Herzblut und Leidenschaft und in breitestem Dialekt trägt er seine Lieder vor. Frei von Selbstgerechtigkeit, mit viel Selbstironie und immer ehrlich und direkt. Wenn er aber Liebeslieder anstimmt oder heitere und zugleich tiefsinnige Songs wie „Mei Freiheit“ oder die wunderbare Zugabe „Ned so schlimm“, dann wird aus seiner aggressiven, perkussiven Akkordspielweise auf der Gitarre ein herrlich lyrisches Fingerpicking, das er auf der Mundharmonika unterstützt. Und aus den nahezu gehechelten Tempo-Songs mit emotionaler Direktheit in der Stimme werden Songs mit musikalischer Feinfühligkeit und ungekünstelter Intensität. Lieder mit viel Engagement und nicht selten mit ehrlicher Wut, stets heimatverbunden und für ein respektvolles Miteinander einstehend. Und nicht zuletzt Pamphlete gegen dumm-dreiste Stammtisch-Politik und ignorante Landschaftsverschandelung. Die Besucher waren begeistert und bekamen zwei Zugaben.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x