Kaiserslautern Liszt-Schüler, Brahms-Bewunderer

„100 Jahre, 100 Sinfonien“ ist der Titel unserer Serie, in der wir 100 sinfonische Werke vorstellen, die zwischen 1800 und 1900 uraufgeführt wurden beziehungsweise entstanden sind. Heute begegnen wir, quasi auf der Zielgerade, nochmals einem neuen Namen: Eugen d’Albert (1864-1932), dessen einziger Beitrag zur Gattung im Jahr 1886 vollendet wurde.

Der Name des Komponisten Eugen d’Albert, der einen französischen Vater und eine englische Mutter hatte und in Glasgow in ein musikalisches Elternhaus hineingeboren wurde, ist vor allem mit einem Werk verbunden: der 1903 in Prag uraufgeführten Oper „Tiefland“. Mit diesem Werk war der sogenannte Verismo, für den vor allem die italienischen Komponisten Leoncavallo und Mascagni mit „I Pagliacci“ und „Cavalleria Rusticana“ einstanden, auch auf der deutschen Opernbühne etabliert. Ansonsten hat d’Albert nicht allzu viele Spuren hinterlassen, obwohl er insgesamt 21 Opern komponiert hat (von denen die erste, „Der Rubin“, 1893 in Karlsruhe uraufgeführt wurde) und auch gleich sechs Mal verheiratet war. D’Albert galt als einer der größten Pianisten seiner Zeit, auch wenn seine Bach-Bearbeitungen beispielsweise heute etwas befremdlich wirken. Er hatte berühmte Bewunderer, etwa Clara Schumann, der er als 16-Jähriger vorspielen durfte. Oder Johannes Brahms, unter dessen Leitung er in den 1890er Jahren dessen Klavierkonzerte aufführte. Am meisten Einfluss auf den Pianisten und auch Komponisten d’Albert hatte jedoch Franz Liszt, dem er 1881 von Wien, wo er seit 1876 dank eines Stipendiums studierte, nach Weimar folgte. Liszt machte aus d’Albert „Albertus Magnus“, seinen berühmtesten, sicherlich auch begabtesten Schüler. Dennoch bewahrte sich dieser zeitlebens auch seine Bewunderung für den großen Liszt-Antipoden Johannes Brahms. Wie weit diese Bewunderung ging, hört man vom ersten Takt an auch seiner F-Dur-Sinfonie an. 1886 vollendet, ist das viersätzige Werk bestimmt kein Zeugnis einer mutigen und kompromisslosen Avantgarde. Aber die Sinfonie zeigt einen Meister der Orchestrierung, einen außergewöhnlich begabten Klangfarben-Erfinder, der zumindest darin vieles von Liszt lernen konnte. Ansonsten arbeitet d’Albert in allen vier Sätzen mit sehr eingängigen, fast schon gefälligen Melodien, die klug weiterverarbeitet werden. Gegen Ende der Eröffnungssatzes erinnert das dann auch mal an Strauss, zu Beginn des zweiten erklingt dann ein eher schwermütiger Choral, der aber recht schnell von Auflockerung, heiterer Stimmung und auch ein wenig Pathos abgelöst wird. Der dritte Satz kommt leichtfüßig mit einem fröhlichen, beschwingten Thema daher, das allerdings auch ein wenig banal anmutet. Und im Schlusssatz, in dem man durchaus auch schon den Musikdramatiker heraushören kann, vermisst man schließlich vor allem den sinfonischen Plan: Es fehlt die Zielvorgabe für das Werk. Man weiß nicht so ganz genau, worauf das alles hinauswill. Dennoch: Auch d’Alberts einzige Sinfonie hätte es wie so manche seiner Opern verdient, dass sie wieder häufiger gespielt werden würde.

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