Kaiserslautern Knüppelharte Ansagen

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Der Hamburger Rapper Swiss hat sich neu erfunden und zeigt, dass ein Crossover aus Rap und Punk tatsächlich funktioniert. Den Beweis liefert er nicht nur auf seiner aktuellen Platte „Große Freiheit“, sondern auch live auf gleichnamiger Tour. Am Samstagabend machte er in der Kammgarn Station und überzeugte auch die hartnäckigsten Zweifler von der Mischung.

Nachdem am Freitag die Skupop-Truppe Phrasenmäher die Cotton Club-Bühne stürmte (wir berichteten gestern an dieser Stelle), ging nun der nächste erfinderische Vertreter der Hamburger Musikszene in Stellung. Rapper Swiss und seine Band, charmant als Die Andern betitelt, schlagen die Brücke zwischen Hip Hop und Punk. Vorab stimmte jedoch der 16-jährige Lauterer Kian Emamverdi alias NNAIK für die erste Aufwärmrunde ein. Allerdings mit klassischem Hip Hop wie er leibt und lebt. „Ich bin eure Zukunft“, ist zum Beispiel ein Track, der nach allen Regeln der Rap-Kunst funktioniert und bestätigt, dass es der Lauterer Hip-Hop-Szene definitiv nicht an talentiertem Nachwuchs fehlt. Seine nicht weniger begabten Kollegen von den Lauterer Urgesteinen im Schlepptau, lieferte die Kombo ein sehr anständiges Vorprogramm. Die zweite Aufwärmrunde wurde von Rapper Shorty übernommen. Der servierte in Zusammenarbeit mit DJ Da Wizard von Den Anderen einige hochkarätige Eigenkompositionen und traute sich sogar an einen Klassiker von Kollege Swiss heran, „Punkah“. Nachdem selbiger verklungen war, übernahm der Hauptakteur des Abends das Mikrofon. Der Mann, dessen bürgerlicher Name nach wie vor ein streng gehütetes Geheimnis bleibt, hat in den letzten Jahren einen durchaus interessanten musikalischen Werdegang vollzogen. Ältere Fans dürften es womöglich schwer haben, sich mit der neuen Route des Hamburgers anzufreunden. Über die Qualität des modifizierten Swiss-Sounds sagt das allerdings nichts aus. Was sich bereits mit der 2014 erschienen „Schwarz Rot Braun“-EP abzeichnete, nimmt auf der neuen Platte nun endgültig Gestalt an. Echte Gitarren, echte Bässe und echte Drums haben die Beats vom Band ersetzt. Das Endprodukt klingt erstaunlich gut und stimmig. Bassist Matze Grimm, Gitarrist Jakob Schulze und Schlagzeuger Tobias Gerth verschmolzen bei sämtlichen Crossover-Nummern zu einer durchschlagenden Einheit. Frontmann Swiss kam quasi einer Faust gleich – im übertragenen Sinne natürlich. Sein aggressiver Sprechgesang bildet immer noch die Basis des neuen Sounds, allerdings kommt jetzt viel inbrünstiges Gegröle und noch mehr rockiger Krach hinzu. Sogar NDW-Legende Joachim Witt lieh dem Track „Für dich kämpfen“ seine Stimme. Für die Ohren eingefleischter Hip-Hop-Fans eine eher gewöhnungsbedürftige Mischung, ein offeneres Gehör weiß die neue Richtung von Rapper Swiss aber durchaus zu schätzen. Die knüppelharten Aussagen sind schließlich gleichgeblieben. Titel wie „Claire“ und „Asche zu Staub“ sind lyrisch raffiniert, attackieren auf verbaler Ebene mit ordentlicher Wucht und dem üblichen Straßen-Jargon und funktionieren auf der Bühne genauso gut wie auf der Platte. Die etwas weniger aggressiven Emotionen kommen mit dem neuen Stil aber keineswegs zu kurz. So kreierte Swiss mit dem Titeltrack des neuen Silberlings „Große Freiheit“ eine Hommage an seine Heimatstadt und schlug hörbar sanftere Töne an. Und auch „Herz aus Gold“, eine Ode an seine Mutter, zeigte den harten Rapper von einer deutlich weicheren Seite. Das Kaiserslauterer Kammgarn-Publikum schien sich an diesem Abend jedenfalls einig: Der neue Stil stand Swiss gut, die Rap-Kompositionen mit derber Punk-Attitüde klingen so, als hätten beide Musikstile schon immer zusammengehört, und die Spannweite der Swiss-Fans dürfte sich vergrößert haben. Infos... ... zu Swiss und Den Anderen sowie ihren Produktionen gibt’s auf der offiziellen Homepage unter www.missglueckte-welt.de.

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