Kaiserslautern Kaiserslauterns Kaffeehaus-Kultur

Das Café im 1925 eröffneten Ausstellungspark auf dem Gelände des heutigen Volksparks war kein bisschen „Wien“, es war „Bauhaus“:
Das Café im 1925 eröffneten Ausstellungspark auf dem Gelände des heutigen Volksparks war kein bisschen »Wien«, es war »Bauhaus«: Ganz modern mit kleinen runden Marmortischen im Obergeschoss. Café und Restaurant gingen bei einem Bombenangriff im Januar 1945 unter.

Kaiserslautern hat eine bewegte Kaffeehaus-Kultur, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgeht. Mit der Zerstörung der Stadt im Jahre 1944 ist auch viel an Café-Tradition unter und damit verloren gegangen. Ein Spaziergang in die Vergangenheit.

Die Caféhaus-Kultur kommt aus Wien. Wiener Caféhaus-Kopien gibt es in Kaiserslautern etwa von 1830 bis zur Stadtzerstörung 1944. Sessel und Stühle sind manchmal barock, der Plüschbezug oft dunkelrot. Gedimmtes Licht hinter schweren Gardinen, Marmortische, Zigarrenduft und Zeitungsknistern, Flüsterton, der Kaffeeodeur „Guatemala“ oder „Brasil“, das hüftenschwingende „Fräulein“ mit weißem Leinenkrönchen und der buckelnde „Herr Ober“. In Kaiserslautern gibt es heute mehr als zwei Dutzend Lokalitäten, die „Café“ als Ergänzung ihrer Betriebsart hinzufügen: Eiscafé, Stehcafé, Café-Restaurant, Café-Lounge, Straßencafé oder Selbstbedienungscafé. Die Grenze zur Kneipe, zum Bistro oder zum Restaurant ist fließend. Es gibt auch noch urgemütliche Cafés, keine Wien-Kopien, aber mit behaglicher Atmosphäre, in der sich Genießer und Müßiggänger wohlfühlen oder wo man sich zum Gespräch trifft. Cafés sind Kommunikationszentren. Über die Mode wird geplaudert, das Wetter, über Film und Fernsehen und übers Geschäft, auch Klatsch und Tratsch bei einem Käffchen und Kuchen.

Zeremonie für den Herrn

Ins Café gehen, war Zeremonie – für den Herrn. Noch Mitte des 19. Jahrhunderts war es unpassend, wenn eine Dame ohne Begleitung ins Café ging. Auch der Kaiserslauterer Chronist Johann Georg Lehmann bestätigt 1853 „das Café für den Herrn, die Konditorei für die Dame.“ Zum „kleinen Schwarzen“, zur Melange, zum Mocca double oder zum Guatemala, vielleicht mit einem Glas Wasser, liest der Herr Zeitung „am Holz“. Er hat einen Schach- oder Billardpartner, oder er thront auf seinem Stammplatz, genießt die Caféatmosphäre und hat im Vorbeigehen am Büfett „Bitte wie immer“ bestellt. Die meisten Cafés betrieben, wie heute noch, Konditoreien. Sie waren nicht nur „Café-Konditorei“ dem Namen nach; die köstlichen Torten und Kuchen, die Schnitten, Stückchen und Cremes waren Hausprodukte. Und wenn eine eigene Caférösterei betrieben wurde, genossen die Gäste und die Nachbarschaft den Wohlgeruch. Unter den älteren Caféhäusern findet man ein „Wiener Café“ im Bereich der Maurerstraße. Das Haus wurde im Jahr 1897 abgerissen. In der Geschichte der Bezirkshauptstadt Kaiserslautern steht 1853, dass man auf dem Bremerhof „nach einem fröhlichen Waldgang“ die „levantinische Bohne“ genießen könne. Neben der Bierwirtschaft gab es offensichtlich auch ein Café. Das Lokal Weiße Laterne in der Eisenbahnstraße ist um 1900 aus dem Café Krämer hervorgegangen. Es schien sich um ein Musikcafé gehandelt zu haben. Ein Damenorchester trat auf. Auch das Haus „Weiße Laterne“ wurde im August 1944 zerstört. Das Café Kissel in der Eisenbahnstraße ging ebenfalls während des Zweiten Weltkriegs unter. Bekam man in den anderen Cafés auch einen Cognac, standen auf der Karte des Café Kissel „nur nichtgeistige Getränke“.

Kaffee Karlsberg

Sas „Kaffee Karlsberg“ im ehemaligen Karlsberggebäude auf der Südseite des Stiftsplatzes öffnet 1923 und schließt wieder nach drei Jahren. Es gab einen Sommer-Freisitz und den Kaffee nur im Kännchen. Das Café Waldschlösschen mit Tanzpavillon und Biergarten öffnet 1869, wird nach dem Zweiten Weltkrieg noch ein paar Jahre betrieben und geht dann unter. Die ältere Generation erinnert sich an das „Neue Café Bauer“ in der Rummelstraße, nach dem Bombenhagel 1944 ein Schutthaufen. Ein bisschen Wiener Caféhauskultur ging verloren. Unvergessen das Café Bremer in der Pirmasenser Straße, das spezielle Torten- und Kuchensortiment und die behagliche Atmosphäre. Das Café übersteht den Zweiten Weltkrieg und schließt im Jahr 2012. Auch das Café Wimmer übersteht den Krieg. Das Café Käfer in der Marktstraße und das Café Wartburg in der Eisenbahnstraße gehen beim Luftangriff im August 1944 unter. Das „Käfer“ war im Biedermeierstil eingerichtet. Marmortreppen führten von der Konditorei zum Café. Die Gäste kamen, um Billard zu spielen und Caféhaus-Musik zu hören, Piano oder Altsaxophon solo, dezent und unaufdringlich. Im ersten Obergeschoss des Wartburggebäudes gab es ein Café. Bei den älteren Herrschaften war es wegen der „neugierigen Plätze“ am Erkerfenster mit Blick von der Eisenbahnstraße bis zur Rummelstraße sehr beliebt. Das Interieur war dunkelrot gehalten, eine etwas dämmerige, aber urgemütliche Stimmung. Im Café Wartburg servierte der Inhaber keinen Pfefferminztee. Ein vielleicht Magenkranker soll einmal eine Tasse getrunken haben. Gäste sollen sich über den „Gestank“ beschwert haben, der den Kaffeegenuss verderbe.

Stadtkaffee

Es war ein besonderes Vergnügen mit einer Tasse Kaffee an Sonnentagen auf der Terrasse des „Stadtkaffees“ im Protestantenhaus zu sitzen und dem Rauschen des Fackelwoog-Brunnens zuzuhören. Das Café gab es seit 1937. Ab September 1939, mit Kriegsbeginn, war das Café nur noch stundenweise geöffnet. Der Komplex wurde bei dem Septemberangriff 1944 stark beschädigt, ohne Café wieder aufgebaut und 1999 abgerissen. Das „Café-Konditorei Reinhard“ in der Pariser Straße gegenüber dem Marienheim war ein Familienbetrieb seit 1887. Das Café war in Kaiserslautern viele Jahrzehnte eine Institution der Gastlichkeit. Das Haus wurde beim Septemberangriff 1944 zerstört, nach dem Krieg sofort wieder aufgebaut und in der alten Tradition bis 1975 fortgeführt. Die Café-Wirtschaft „Gifthütte“ am neuen Hauptbahnhof wirbt 1876 als Ausflugslokal. Wie aus der Stadtliteratur hervorgeht, gab es ein Café. Der Zusatz „Wirtschaft“ sollte auf das Restaurant hinweisen, das zusammen mit dem Café betrieben wurde. In der Fackelstraße, ehemals Hausnummer 11, führte der Italiener Tomaso Losege ein Gartencafé. Als Italien im August 1916 dem Deutschen Reich den Krieg erklärt, muss Losege sein Café sofort schließen. Bei den ausgewählten Beispielen Kaiserslauterer Cafétradition darf das Café im 1925 eröffneten Ausstellungspark auf dem Gelände des heutigen Volksparks nicht fehlen. Das Café war kein bisschen „Wien“, es war „Bauhaus“, ganz modern. Kaffee und Kuchen wurden auf der mit weißem Kies beschichteten Terrasse beim heutigen Schwanenweiher serviert, im Restaurant und im eigentlichen Café mit kleinen runden Marmortischen im Obergeschoss. Die Parkbesucher schätzten das verführerische Kuchenbüfett und den Kaffee, frisch gebrüht in „modernen Apparaten“. Das Kaiserslauterer Ausstellungsgelände mit Café und Restaurant ging bei einem Bombenangriff im Januar 1945 unter.

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