Kaiserslautern „I’m baff“

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Es ist zum Auf-die-Bäume-Klettern, wenn die Hessen kommen. Besonders, wenn Henni Nachtsheim und Gerd Knebel als das Comedy-Duo Badesalz in ihrem aktuellen Programm „Dö Chefs“ mimen. Im jeweils ausverkauften Kammgarn-Kasino kugelten sich jedenfalls am Mittwoch- und Donnerstagabend die Zuschauer bei deren skurrilen Geschichten vor Lachen.

Unterschiedlicher können die beiden Hessen nicht sein, und dennoch passen sie zusammen wie die Faust aufs Auge: Gerd Knebel, mausgraues Spitzbärtchen und Glatze, die feuerrot anläuft, wenn er in Rage kommt, ist ein typisches Frankfurter Feuerholz, ein Choleriker, wie er im Buch steht. Und ein miesepetriger Misanthrop obendrein. Henni Nachtsheim ist hingegen ein Sanguiniker, gibt vor, alles unter Kontrolle zu haben. Er ist „cool wie eine Sau“, an ihm blättert scheinbar alles ab, kriegt aber dennoch schon mal eine geschwollene Halsschlagader. Und so ergeben sich zwischen den beiden Volldampfplauderern die skurrilsten Dialoge. Die beiden Hessen müssen elektrisch sein: Über eineinhalb Stunden lang stehen sie (ohne Pause) unter Strom und bringen das Publikum in Hochspannung. Und wer als Zuschauer dazwischen „babbelt“, kriegt eine „gewischt“. Seit 1982 sind die beiden nun schon auf der Bühne, und immer noch ist ihr Humor verrückt und abgedreht und ihre Fantasie unerschöpflich. In ihrem aktuellen Programm sind beide Kneipiers am Stadtrand, und keine Kundschaft ist weit und breit zu sehen. „Einziger Trost: dem Typen nebenan geht es auch nicht besser.“ Schadenfreude ist da die einzige Freude. Und schon liegen sich die beiden Konkurrenten in den Haaren. Der eine macht sich über die Speisekarte des anderen lustig, die nichts als „Rindswurst mit Senf und ohne Senf“ zu bieten habe, dieser wiederum amüsiert sich über dessen Menükarte, die Frikadellen mit und ohne Servietten sowie „Servietten ohne Frikadellen“ offeriere. Ständig werfen sich die beiden den Fehdehandschuh vor. Angriff und Verteidigung der zungenbrecherisch flinken Hessen schwirren hin und her wie Ping-Pong-Bälle. Und schamlose Übertreibungen springen um wie ein Vexierbild. Auch diabolisch witzige Wortspiele zaubern sie aus ihrer unerschöpflichen Trickkiste. Der „Pfüffel“ wird da zur Kreuzung aus Pferd und Büffel und der „Wige“ ein Mix aus „Wichser und Gentleman“. Deftig geht’s da schon zur Sache, aber nie unter die Gürtellinie. Wegen der drohenden Abrissverfügung beschließen die beiden als „Dö Chefs“ zu fusionieren, und auf der Speisekarte sollen dann völlig neue Kreationen erscheinen: die „Rinderdelle“ als Kreuzung aus Rindswurst und Frikadelle oder der „Grüne Zeppelin“ (eine Essiggurke). Der absolute Höhepunkt ist Nachtheims Rede als Oscar-Preisträger, mit dem Bämbel in der Hand. Wenn er im schönsten „Frankfurt-English“ erklärt, was „hands-cheese“ ist und Nicole Kidman als „Veronica Ferres von Hollywood“ begrüßt sowie Bruce Willis vor Apfelwein warnt, weil er davon „Dünnpfiff“ bekommen könnte, biegen sich die Balken. „I’m baff“, sagt er über die Verleihung und stellt sich mit den Worten vor: „My parents have a Gardewertschaft in Egelsberg.“ Von Comedy über Slapstick bis hin zu den abgedrehtesten Paradoxien, Nonsens und Grotesken ist alles drin. Dabei ist ihr Humor nie verletzend, weil sie vorwiegend sich selbst auf die Schippe nehmen. Nach eineinhalb Stunden ohne Pause haben sich die beiden Comedy-Pioniere in die Hörgänge der Zuschauer gewunden wie Korkenzieher. Mit dem abschließenden Rock-Medley begeistern sie ihr Publikum endgültig und erweisen sich dabei auch als virtuose Instrumentalisten. Schließlich hat Nachtsheim schon bei der Hessischen Spaßband Rodgau Monotones eine heiße Kanne auf dem Saxophon geblasen. Knebel hingegen schrubbte auf der Gitarre, bis die Saiten glühten. Begeisterter Beifall.

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