Kaiserslautern Harter Tobak zum Nachdenken

„Heute kriegen wir wieder nichts zu lachen“, vermutete eine Besucherin auf dem Weg zur jüngsten Premiere des Pfalztheaters am Samstagabend. Auf dem Programm stand das Schauspiel „Hiob“ nach dem Roman von Joseph Roth. Die Ahnung der Besucherin sollte sich bewahrheiten.

Viel zu lachen gab es in dem Stück tatsächlich nicht, dafür von den Premierengästen am Ende uneingeschränkte Anerkennung für die Inszenierung und ganz besonders für die Leistung des Schauspielensembles. Bereits im Schlussapplaus spiegelte sich, wer die Zuschauer am meisten beeindruckt hatte. Auch in der Umfrage der RHEINPFALZ nach persönlichen Eindrücken wurden Reinhard Karow in der Titelrolle und Richard Erben als dessen an Epilepsie erkrankter Sohn genannt. „Ich bin außerordentlich beeindruckt, hier hat alles gestimmt, die Schauspieler waren hervorragend“, lobte Helga Lagall und ergänzte: „Reinhard Karow hat so gespielt, wie ich mir einen älteren jüdischen Vater vorstelle, der so schlimme Dinge erlebt hat.“ „Dabei war er nicht übertrieben sentimental“, hob Ehemann Josef Lagall hervor. „Ganz toll gelöst“ fand der Theatergast außerdem das Bühnenbild. „Mir gefällt die Inszenierung sehr gut und ich bin froh, dass dieses Thema in Kaiserslautern auf die Bühne kommt, das ist endlich mal etwas zum Nachdenken“, beantwortete Jolanta Chowanski die Frage nach ihren Eindrücken. Bedauerlich fand sie, dass die Premiere nicht ausverkauft war. Knapp und bündig war die Antwort von Peter Gerschwitz, nach eigener Aussage kein ständiger Theatergast (und nur seiner Frau zuliebe mitgekommen): „Der erste Teil hat mir gut gefallen, der zweite war spannungslos, die Geschichte hat nicht mehr kulminiert.“ Als Musiker lobte er die musikalischen Elemente in dem Stück und hier vor allem die Bewegungen des epileptischen Sohnes im Einklang mit der Musik: „Da war mir klar, dass er durch Musik geheilt werden wird.“ „Man kann nicht gerade sagen, dass es ein sehr gefälliges Stück“ ist, urteilte Doris Weber. Beeindruckt hatte sie die schauspielerische Leistung von Richard Erben als Epileptiker: „Da hat alles gepasst, die Gestik, die Mimik“. Die Besucherin begrüßte außerdem, dass Ensemblemitglied Reinhard Karow wieder eine so große Rolle spielen konnte. Aus ihrem Kreis von insgesamt vier Premierenabonnentinnen kam Zustimmung zum Bühnenbild mit seinem Kontrast zwischen Russland und der amerikanischen Glitzerwelt und zum Stück der Kommentar: „Das war harter Tobak.“ „Von den Schauspielern war das heute eine besondere Leistung“ und: „Man erkennt, dass sie sich untereinander verstehen, sie sind eine gute Truppe, die durch junge Schauspieler wie Daniel Mutlu noch Auftrieb bekommen hat“, fanden Anke Bähre und Hanne Schlosser. „Das Bühnenbild, die Musik, überhaupt alles war sehr homogen“, lobten die Frauen. Auch im Vergleich mit anderen, größeren Städten könne das Pfalztheater durchaus mithalten. Bei der Premierenfeier sprach Pfalztheater-Intendant Urs Häberli von einem großartigen Beitrag zum Spielzeitmotto „… und, was glauben Sie?“ Er beglückte Schauspieldirektor Harald Demmer, der sich nach den „Buddenbrooks“ erneut einer Romanadaption angenommen habe. Für den 9. Mai kündigte Häberli eine Diskussion an, in der das Motto der Spielzeit unter die Lupe genommen werde. Auf dem Podium diskutieren der evangelische Kirchenpräsident Christian Schad, Professor Dieter Rombach, Geschäftsführer des Fraunhofer-IESE, und der Religionspsychologe Professor Sebastian Murken vom Forschungszentrum für Psychobiologie und Psychosomatik (FPP) der Universität Trier. Autor und Kulturjournalist Walter Filz moderiert. Als Premierengeschenk für Ensemble und Regieteam hatten die „Freunde des Pfalztheaters“ eine Batterie Coca-Cola-Fläschchen mitgebracht – als „Grüße aus der neuen Welt“, wie Vorsitzender Michael Krauß erläuterte. (krh)

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