Kaiserslautern Große Fantasien aus lauter kleinen Steinen

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Wie kleine bunte Steinchen doch die Fantasie beflügeln: „Und hier ist Tag der offenen Tür“, beschreibt Kilian Jakob Wienert sein Werk. Und öffnet zum Beweis die Luke am U-Boot. „Und hier ein Rettungsboot; das fliegt im Notfall nach hinten weg“, betont der Baumeister stolz. Erstaunlich, wie die Kinder mit den bunten Steinen zaubern: Anleitung? „Die lasst ihr schön in der Packung“, hat Martin Schild gleich zu Beginn des Lego-Workshops auf der Gartenschau dem Bauen nach Bildern eine Absage erteilt. Und den Eltern versichert: „Ihr werdet staunen, was eure Kinder da fertigbringen.“

Na ja, staunen vielleicht nicht: Vielmehr scheint es – auch wenn Eltern nicht mit Lob sparen – als seien die es schon gewohnt, dass der Nachwuchs aus den beliebten bunten Bausteinchen tolle Sachen zu machen vermag. In der Tat: Es hat samt und sonders Hand und Fuß, ist fest zusammengefügt und in Form, was die Workshop-Teilnehmer da bereits nach einer guten halben Stunde vorzeigen können. Kilian Jakobs U-Boot ist sogar mit Feuerlöscher ausgestattet; der ist eigentlich nicht vorgesehen, den hat der Neunjährige aus eigenem Antrieb mit eingebaut, ebenso wie das „Rettungsboot für die wertvolle Fracht“. Die Kinder sind zuweilen tief in ihre Fantasiewelt eingetaucht, die eng mit ihren Werken aus den Bausätzen verbunden ist. Niklas Dornbusch und Luca Jerat präsentierten ihre Schöpfungen, auch Elias Sprau. Der neunjährige Elschbacher hat ein Monster geschaffen. „Na ja, es ist ein freundliches Monster“, sagt Elias mit Blick auf die gutmütig dreinschauenden Augen der „Bestie“. Am großen Tisch gegenüber schwingt Béla ganz stolz seinen roten Skorpion. „Er ist glücklich, dass er auch hat mitmachen dürfen“, sagt seine Mama. Bruder Kilian war beim von der RHEINPFALZ und dem Verein „Lauter Steine“ initiierten Lego-Workshop mit angemeldet. Béla durfte aber mitmischen, obwohl ja eigentlich erst Kinder ab sechs Jahren angesprochen waren. Der Vierjährige baut schon mit kleinen Steinchen, weil es der große Bruder doch auch schon macht. Die groben großen Lego-Steine, die sind an diesem Samstagnachmittag eigentlich nur noch was für Nils Nager. Der Biber ist ebenfalls zu Besuch gekommen, schaut den Kindern über die Schulter – und probiert sich, etwas ungelenk mit den großen Pfoten – an den größeren Bauteilen. Mit weniger Erfolg als die Kinder, die an diesem Tage Tolles erschaffen. Während nun die angehenden Lego-Profis noch fleißig werkeln, stöhnt in der großen Ausstellungshalle Andreas Böker: Die Knie schmerzen; kein Wunder bei der Belastung. Der Lego-Baumeister aus Herford kniet, kriecht und rutscht bereits seit dem frühen Morgen an, neben, um und über der neuen Attraktion entlang. „Steinford“ ist eine Wucht. Mit einer unglaublichen Liebe zum Detail hat der 52-Jährige aus Herford die Fantasiewelt mit Städten, Burgen und Gebirge entworfen und Stück für Stück gebaut. Fast nicht zu glauben: Vor zwei Jahren hat er selbst erstmals im Ganzen gesehen, an was er in jenem Moment bereits zwei Jahre gearbeitet hat: Auf der Insel Langeoog hat er die zuvor nach und nach erstellten, dann stets gleich eingepackten Module miteinander verbinden können. „Daheim habe ich nur zwei mal zwei Meter Arbeitsfläche“, erläutert der 52-Jährige den Grund für seine Arbeitsmethode. Sebastian Krämer, nimmermüdes Nachwuchstalent von „Lauter Steine“, geht dem Herforder zur Hand, ist bester Helfer beim aufwendigen Aufbau. Er hilft die in 38 Kartons mit acht Kubikmetern Ladevolumen am Freitag aus dem Westfälischen angekarrte kleine Steinwelt zusammenzufügen. Eine gute halbe Million Einzelsteinchen hat Böker in „Steinford“ verbaut. Allein 6500 Fliesenplättchen glätten Boden und Berge. Nach und nach bevölkern Figuren die Szenerie. Putzig: Der Besucher schaut in die Kirche, wo die Gemeinde zum Gottesdienst versammelt ist, während im Dachstuhl ein Goldschatz lagert. Ein Stück entfernt, in den Fundamenten der Burganlage, erhält allein der findige Beobachter Einblick in ein Schreckensszenario. Zur Wand hin erlaubt eine Öffnung Einblick in die Folterkammer. „Das Schöne ist: Man kann immer wieder herkommen – und entdeckt garantiert jedes Mal Neues“, sind sich Martin Schild und Dieter Sültemeyer einig. Sültemeyer baut, wie berichtet, zurzeit die Fruchthalle. „Wir wissen noch gar nicht, wie wir die aus dem Keller kriegen sollen“, scherzt der Baumeister. Die neue Attraktion sei, davon sind die Lauterer Legofans überzeugt, ein neuerlicher Grund, sich die Lego-Ausstellung auf der Gartenschau anzuschauen. Zumal mit der Burg Uda noch ein kleiner Schatz in Lautern angelandet ist. Die Ruine am Niederrhein hat Dirk Frantzen im Kleinformat neu auferstehen lassen. Frantzen, Botschafter der Community 1000 Steine, hat über das Netzwerk der Lego-Enthusiasten nun also ebenfalls nach Kaiserslautern gefunden. So langsam entwickelt sich Lautern zum Mekka der Freunde großer Fantasien aus lauter kleinen Steinen.

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