Kaiserslautern Gipfel der Passionen

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Ein herausragendes kirchenmusikalische Ereignis steht der Stiftskirchengemeinde am kommenden Sonntag, 17 Uhr, bevor: Erstmals seit 1995 (damals unter Helmut Freitag) wagt sich ein regionaler Kantor wieder an die „Johannespassion“ von Bach. RHEINPFALZ-Mitarbeiter Reiner Henn sprach mit Bezirkskantorin Beate Stinski-Bergmann über das aufwändige Projekt.

Was ist das Besondere an der „Johannespassion“, warum haben Sie sich für dieses Werk der Musica Sacra entschieden?

Grundsätzlich gehören die Werke Bachs zum Kernrepertoire der Kirchenmusik, und bei den Passionen erreicht nach meiner Meinung kein anderer Komponist an die von Bach heran. Bach hat vier Fassungen komponiert, zeitlebens an dieser Passion gefeilt. Wir führen die überarbeitete Urfassung von 1724 auf. Wie kann eine Kirchengemeinde ein so ambitioniertes Projekt stemmen? Seit Juni laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, und der Chorpart wird im Hinblick auf den immens hohen Schwierigkeitsgrad vom Westpfälzischen Kammerchor übernommen, der seit neun Jahren besteht. Worin bestehen diese hohen Anforderungen? Es handelt sich bei den Chorsätzen um satztechnisch kunstvoll verwobene Chorfugen im Wechsel mit Turba-chören, die Volk und Soldaten in einer Passion repräsentieren und die Spottgesänge auf Jesus anstimmen. Hinzu kommen Choräle, da die Passion in der Karwoche im Gottesdienst aufgeführt wurde und die Kirchengemeinde einbezogen wurde. Die Besetzungsliste zeigt immerhin fünf Vokal-Solisten, warum? Neben den klassischen Sopran- und Altpartien mit Cornelia Winter und Birgit Schmickler hat der Tenor Marcus Ullmann eine kommentierende Erzählfunktion, daher die Konzentration auf Rezitative. Daneben gibt es traditionell zwei Basssolisten, der eine, Michael Humann, singt die Partie des Jesus, der andere, Christoph Kögel im Wechsel die Partien von Petrus und Pilatus. Wie kommen die Kontakte zu solchen Spezialisten für Konzert- und Oratoriengesang zustande? Durch gemeinsame Jugend- oder Studienzeit reifen solche Netzwerke, ohne die es nicht möglich wäre. Mit der Kammerphilharmonie Mannheim haben Sie ein weiteres spezialisiertes Orchester mit renommierten Musikern aus Berufsorchestern zwischen Rhein und Neckar engagiert, wie ist dies zu finanzieren? Mit einem eigenen Etat für solche Projekte, meistens zwei solch große und einige kleinere. Der ist bei 3000 Euro insgesamt schnell verbraucht, daher sind wir auf Konzerteinnahmen angewiesen. Wie ist die Situation der klassischen Kirchenmusik bei der evangelischen Kirche insgesamt? In Neustadt und Landau stabil, in manchen Regionen kriselnd und in Pirmasens ist ein Schwerpunkt auf Popularmusik. Bei uns besteht noch immer ein großes Stammpublikum für solche Werke, und mit der Singschule, die derzeit rund 100 Eleven hat, versuchen wir die Tradition zu halten; allerdings wandern einige ab, wirken dann aber nach meinen Rückmeldungen in anderen Regionen mit. Ich danke fürs Gespräch. (rhe) Konzert Am Sonntag, 17 Uhr, in der Stiftskirche; der Vorverkauf läuft bei Musik Müller in der Eisenbahnstraße, daneben gibt es noch Karten an der Tageskasse.

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