Kaiserslautern Fachfrau Melanie Abel gibt konkrete Tipps zum Umgang von Kindern mit der digitalen Welt

TikTok gehört bei Heranwachsenden zu den beliebtesten Apps für das Smartphone.
TikTok gehört bei Heranwachsenden zu den beliebtesten Apps für das Smartphone.

Wie schütze ich mein Kind vor den Gefahren der digitalen Welt? Das war die zentrale Frage der Online-Informationsveranstaltung „TikTok, Instagram und Co. – Was Eltern wissen sollten!“

Etwa 43 Teilnehmer hatten sich am Dienstagabend in das Online-Meeting eingeloggt. Das Thema des Abends: Die allseits beliebten sozialen Medien, ihre Wirkung auf Kinder und Jugendliche und die Gefahren, die von ihnen ausgehen. Mit dem kleinen Einstiegs-Coaching zu den wichtigsten Funktionen der Video-Konferenz wurde jedenfalls schnell klar, dass sich unter den Teilnehmenden an diesem Abend keine Kinder- und Jugendlichen befanden. Die bräuchten sicher keine Erläuterung der vorhandenen Symbole auf extra großen Pappschildern , um sich durch die Konferenz zu manövrieren. Auch die vier hauptverantwortlichen Organisatoren verfolgten die Veranstaltung: Christian Hirsch von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Südwest, Lara Kahl und Nadine Kropp von KL.digital und Melanie Abel, Fachkraft für Kinder- und Jugendschutz der Stadt Kaiserslautern.

Die Antworten auf die Einstiegsfrage, welche digitalen Apps die anwesenden Teilnehmer am häufigsten nutzen, offenbarten ebenfalls eindeutig ältere Semester hinter den Bildschirmen: Instagram und Facebook waren wohl mit jeweils 40 Prozent noch geläufig; TikTok, Snapchat und Pinterest hatten die meisten selten oder noch nie auf ihrem Smartphone installiert. Dabei rangieren gerade die bei Jugendlichen viel weiter oben auf der Beliebtheitsskala. Alleine TikTok lag laut einer Studie von 2020 mit rund 15 Prozent auf Platz sechs der populärsten Apps und Snapchat mit 21 Prozent auf Platz vier – zumindest bei den weiblichen Nutzern.

Gameboy, Fotoapparat und Telefon in einem

Was die digitalen Medien gerade für Kinder und Jugendliche so „faszinierend“ macht, versuchte Melanie Abel mit einer Power-Point-Präsentation zu zeigen: „Ich würde Sie gerne einladen zu einer kleinen Zeitreise.“ Sie selbst gehöre noch zur Generation Gameboy, Fotoautomaten und münzbetriebener Telefonzellen. Heute steckt der Gameboy im Smartphone, der Fotoautomat ebenso und die Münzen fürs Telefonieren bezahlt man vorab mit Mobilfunk-Tarifverträgen. „Heute haben wir Fitness-Tracker am Arm, den Schrittzähler auf dem Handy, die Smartwatch kann unseren gesamten Gesundheitszustand abfragen. Alle Fernseher sind sogenannte Smart-TVs und haben Apps installiert. Es hat sich viel gewandelt. Die Frage ist nur: Haben sich die Zeiten wirklich so arg geändert?“

Ein Beispielbild aus den 1950er-Jahren zeigt eine Reihe von Menschen, die in einem Zugabteil sitzen und isoliert voneinander die Zeitung lesen. Heute ist es eben meist nicht mehr die Zeitung, sondern das Smartphone. Das zweite Bild unterscheidet sich aber ansonsten nicht vom Ersten. Doch worin steckt die Faszination?

Online gemeinsam spielen

„Das Wichtigste ist die Gemeinschaft“, sagt Abel. „Die Jugendlichen können gemeinsam spielen, sich mit anderen messen, können in Wunschidentitäten hineinschlüpfen und bekommen sofortige Rückmeldung und Anerkennung für ein Bild oder einen Spielerfolg. Das ist gut für die Selbstdarstellung. Auf der anderen Seite ist es für sie auch eine schnelle und kostengünstige Form der Interaktion. Das ist bei uns Erwachsenen ja nicht anders.“ Doch wo lauern die Gefahren?

Zum einen wäre da das immense Suchtpotential für die jungen Nutzer. Rund 95 Prozent der Jugendlichen besitzen ein „smartes“ Gerät. 2020 hätten rund 89 Prozent der Kinder und Jugendlichen ihre Freizeit mit dem Internet und dem Smartphone verbracht. „Inzwischen nutzen die Jugendlichen pro Tag 258 Minuten das Internet“, so Abel. Die Pandemie habe die Quote von 2019 noch mal nach oben katapultiert. Die Vorbildfunktionen übernehmen heute die Influencer auf Instagram und Youtube. Ihre oft jungen „Follower“ versuchten sich so viel wie möglich von den Selbstdarstellungen und Lebensstilen der Lieblings-„Beeinflusser“ abzugucken, was zu einem verzerrten Selbstbild, Depression und anderen psychischen Erkrankungen führen könne.

Gefahr: ungeeignete Werbungen

Eine der größten Gefahren neben ungeeigneten Werbungen, schnell kursierenden und nicht selten gesundheitsgefährdenden Trends und Challenges auf den sozialen Medien und Abhängigkeitssymptomen sei jedoch das sogenannte Cyber-Grooming. Dabei können fremde Menschen online Kontakt zu den Jugendlichen herstellen und sie unter Umständen sexuell belästigen.

Abel gibt an dem Abend drei Empfehlungen. Erstens: Jugendlichen klare Regeln setzen, Altersbeschränkungen beachten, Jugendschutzeinstellungen aktivieren und eine tägliche/wöchentliche Spieldauer festsetzen. Zweitens: Offline-Zeiten gewähren, also alternative, bildschirmlose Freizeitaktivitäten schaffen und Kinder und Jugendliche öfter aus ihrer digitalen Welt rausholen. Und drittens, sich als Eltern selbst regelmäßig über neue digitale Medien informieren, sich mit den „Domänen“ der Kinder beschäftigen und ein Verständnis dafür entwickeln.

Das jedoch immer auf Augenhöhe. „Lassen Sie Ihr Kind hier der Experte sein. Sprechen sie mit ihnen, fragen Sie nach und zeigen Sie Interesse dafür, was es sich im Internet am liebsten anschaut oder was es gerne spielt.“ Strikte Verbote seien kontraproduktiv, „ihr Kind ist schlauer als Sie und schafft es, Sie auszutricksen“, sprach die Pädagogin und zweifache Mutter aus Erfahrung.

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