Kaiserslautern Ende einer Ära: Der Alpenverein baut seinen Kletterbunker zurück

Bauen die beiden verschiedenen Teile der DAV-Kletteranlage am Bunker ab: Frank Schuler (links) entfernt die Griffe der Sommersei
Bauen die beiden verschiedenen Teile der DAV-Kletteranlage am Bunker ab: Frank Schuler (links) entfernt die Griffe der Sommerseite, die Gittermatten fürs Eisklettern bauen Emil Baqué und Freddy Scherer ab.

Der Kletterbunker der Kaiserslauterer Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV) ist Geschichte. Am Wochenende haben Vereinsmitglieder die Griffe abgeschraubt und die Eiskletteranlage entfernt. Den Rückbau ausgelöst hat auch der Klimawandel.

„Achtung, ich werf sie jetzt“, warnt Frank Schuler, der im Klettergurt oben an der Südseite des Spitzbunkers am früheren Bahn-Ausbesserungswerks hängt und Griffe abschraubt, seinen DAV-Vereinskollegen Andreas Welz, der am Boden aufräumt. Auf der Nordseite, wo wiederum in kalten Wintern Eisklettern mit Pickel und Steigeisen möglich war, bauen Emil Baqué und Freddy Scherer auf einem Steiger mit einem auf 26 Meter ausfahrbaren Arm die Baustahlgittermatten der klug ausgetüftelten Eiskletteranlage ab. „Reicht euer Seil?“, ruft Welz, als Baqué eine Matte ablässt. Es reicht.

Andreas Welz hatte die Schrauben und Gewinde für die Klettergriffe 2004 in wochenlanger Arbeit eingebohrt.
Andreas Welz hatte die Schrauben und Gewinde für die Klettergriffe 2004 in wochenlanger Arbeit eingebohrt.

Andreas Welz ist kein sentimentaler Typ, aber wie seinen Mitstreitern ist ihm bewusst, dass an diesem Tag ein wichtiger Abschnitt der Vereinsgeschichte endet. Seit 2004 hat der DAV den alten Bunker genutzt. Welz hatte in wochenlanger Arbeit die Schrauben und Gewinde für die Griffe eingebohrt, die sich auch versetzen ließen, und die ersten rund 16 Routen geschraubt. „Wir haben hier viel Zeit mit der Jugend verbracht“, erinnert er sich.

Ein ideales Trainingsgelände

Die 23 Meter hohe Kletteranlage mit Graden um die 5 und zwei Standplätzen, sei zwar nichts für Schwerkletterer gewesen, wie sie derzeit die Hallen bevölkern, ergänzt Frank Schuler. „Aber man konnte hier auch Mehrseillängen gehen. Es war ideal, um Seilführung und Standplatzbau zu lernen und sich auf Klettern am Fels und alpines Gelände vorzubereiten.“ Auch er war von Beginn an dabei und wollte es sich nicht nehmen lassen, beim Rückbau zu helfen. „Normalerweise bauen wir aber lieber auf als ab“, sagt er. „Es ist sehr schade um den Bunker, er war etwas Besonderes“, bedauert er, dass die Anlage aufgegeben wird.

Frank Schuler ist ein letztes Mal vorgestiegen und hat die Griffe und Tritte der südseitigen Sommerkletterrouten von oben her ab
Frank Schuler ist ein letztes Mal vorgestiegen und hat die Griffe und Tritte der südseitigen Sommerkletterrouten von oben her abgeschraubt. »Es ist schade um den Bunker«, bedauert er, dass die Anlage aufgegeben werden musste.

Der Kaiserslauterer DAV hatte sich 2021 dazu entschlossen, da das Gelände nun von der Lebenshilfe bebaut ist und der Bunker zu nah an der hinteren Zufahrt der neuen Waschanlage liegt. „Beim Sichern hätte man auf der Straße gestanden“, erläutern Welz und Emil Baqué. An der Nordseite wäre es zu eng und gefährlich geworden.

Auch das Ambiente habe nicht mehr gestimmt. Wo einst üppiges Grün und hohe Pappeln wuchsen – und für kühlenden Schatten fürs Wintereis sorgten –, herrscht nun eher Gewerbegebietsatmosphäre. Und das Eis: Das gab es zuletzt eben immer seltener. „Es war einfach zu warm“, sagt Baqué.

Der Eismeister

Für das Eis hatte stets Kurt Scheuermann gesorgt. „Wir sind früher im Winter an vereisten Steinbrüchen geklettert und sind so auf die Idee gekommen“, sagt Frank Schuler. Und Scheuermann habe im Ausbesserungswerk gearbeitet und sei so auf den Bunker als idealen Ort für einen künstlichen Eiswasserfall aufmerksam geworden, ergänzt Markus Hoefer.

Die komplexe Technik hatte Scheuermann selbst entwickelt: Durch den dicken Stahlbeton im Bunkerinnern ist eine Strom- und Wasserleitung gelegt worden, alte Heizkörper fungierten als Kühlgeräte. Mit Schläuchen wurde im Winter darin runtergekühltes Wasser hoch gepumpt. Oben wurde es auf einen Scheibenwischer gesprüht, den der Motor eines VW-Käfers betrieb. Der Scheibenwischer verwehte das Wasser, und das Eis konnte wachsen – auch da Scheuermann beim Tüfteln darauf kam, die Gittermatten anzubringen, über und durch die das Eis wachsen konnte – „manchmal bis zu 30 Zentimeter dick“, erinnert sich Hoefer. Und das Eisklettern war beliebt, „oft wurde abends noch bei Flutlicht geklettert – und gegrillt.“

Zu warme Winter

Doch zuletzt waren die Winter zu warm: Bevor Scheuermann das Eis bereiten konnte, seien fünf Tage unter 0 Grad nötig gewesen, da die dicke Wand Wärme speicherte. 2017 war es das letzte Mal eisig genug. Im Vorjahr hätten die Temperaturen wohl auch gereicht, doch verhinderten dann Corona und der Bau der Waschstraße das Eisklettern. Dass die Anlage nicht nur aufgegeben, sondern abgebaut wird, dient nun auch der Verkehrssicherung. Unfälle sollen vermieden werden.

Den Rückbau hatten Baqué und Kurt Scheuermann gemeinsam geplant, doch ist der Eismeister Ende März überraschend mit 72 Jahren gestorben. Der Abbau ist nun auch Erinnerungsarbeit. Emil Baqué hat eine Edelstahlplakette zum Andenken anfertigen lassen, die nun am Bunker befestigt wird: „Der Eismeister – für Kurt“ steht darauf.

Emil Baqué zeigt die kleine Gedenktafel für den kürzlich verstorbenen Kurt Scheuermann, der die Eiskletteranlage am Bunker erric
Emil Baqué zeigt die kleine Gedenktafel für den kürzlich verstorbenen Kurt Scheuermann, der die Eiskletteranlage am Bunker errichtet und betreut hatte.

„Sein Herz hat fürs Eisklettern geschlagen“, sagt Markus Hoefer über Kurt Scheuermann, der aber auch ganzjährig gern draußen am Fels und immer bereit zu spontanen Kletterausflügen war. „Er war zugewandt, sehr ausgeglichen und freundlich – und unheimlich begeisterungsfähig.“ Nur mit Hallenklettern konnte er sich nicht anfreunden. „Plastikgriffe – das war für ihn ein Graus.“ Scheuermann habe auch regelmäßig Eisklettercamps in Cogne, dem Mekka des Eiskletterns im Aostatal, organisiert. In seine Fußstapfen werde nun wohl niemand treten, glaubt Hoefer, greift sich einen Eimer und sammelt die alten Klettergriffe auf, die nun – da jahrelang der Witterung ausgesetzt – ins Kapiteltal gefahren werden.

Hilft von der leiter asu beim Rückbau: Franz Müller. „Es ist schade – ein Stück Geschichte ist nun weg“, sagt er.
Hilft von der leiter asu beim Rückbau: Franz Müller. »Es ist schade – ein Stück Geschichte ist nun weg«, sagt er.

Franz Müller, der von einer Leiter aus letzte Griffe abschraubt, wirft ihm einige zu und sagt: „Ein Stück Geschichte ist nun weg.“ Doch die schönen Erinnerungen – sie bleiben.

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