Kaiserslautern Einzigartig
So wie die 1254 eingeweihte Otterberger Abteikirche zu ihrer Zeit (und darüber hinaus) ein bedeutendes Baudenkmal der Zisterzienser darstellt, ist die „Marienvesper“ von Claudio Monteverdi des Jahres 1610 ein gigantisches Monumentalwerk von langem Nachhall. Am Samstag wurde sie dort aufgeführt.
Der kompositorische Stilwandel um 1600 kam in allen satztechnischen Finessen dann noch durch das hoch spezialisierte Vokal- und Instrumentalensemble „Parthenia Vocal & Baroque“ in werk- und stilgerechter Aufführung zum Ausdruck. Dieser „Dreiklang“ aus Raum, klanglicher Entfaltung und stilistischer Kompetenz bewirkte eine einzigartige Aufführung, der man sich nicht entziehen konnte. Die Münchner Barockensembles mit zehn Vokalisten und 13 Instrumentalisten wurden 1992 vom künstlerischen Leiter Christian Brembeck gegründet, um „Alte Musik“ in historischer Aufführungspraxis möglichst authentisch und beispielhaft in der künstlerischen Qualität zu rekonstruieren. Um es sogleich vorweg zu nehmen: Diesem hohen eigenen Anspruch wurde die Wiedergabe in jedem Fall gerecht. Einerseits setzte Brembeck auf historische Instrumente wie Cornetti, Posaunen, Barock-Violinen, Viole da braccio und Violone (anstelle von Kontrabass) sowie Chitarrone für den Generalbass-Part, zusammen mit Orgelpositiv oder Cembalo. Dabei unterstützte eine historische Stimmung noch die für uns heute ungewohnten Klangproportionen. Andererseits stellte Brembeck bewusst Kontraste heraus: zwischen Vokal- und Instrumentalmusik in unterschiedlicher klanglicher Charakterisierung und Gewichtung; sowie zwischen solistischen und mehrfach besetzten Passagen. Dabei gilt Monteverdi in der monodischen Textbehandlung und -ausdeutung in Anlehnung an die Errungenschaften der Florentiner Camerata als Neuerer sowie gleichzeitig als Bewahrer von satztechnischen Finessen der „Prima Pratica“ (strengen Vokalpolyphonie). Doch finden sich auch Beispiele für das mehrchörige Konzertieren von Klanggruppen Venezianischer Schule. All das stellte die Aufführung in fein herausziselierten melodischen Linien beispielhaft heraus, dem langen Nachhall der Kirche Rechnung tragend. Wobei jedoch der Höreindruck vom Platz des Konzertbesuchers beeinflusst wird. Dem Barockensemble war aber die Konzerterfahrung in solchen Kathedralen anzumerken, denn es gelangen in der textlichen Deklamation gut verständliche Resultate. Vor allem bei ruhig fließenden und dynamisch zurückgenommenen Passagen stellte sich eine wunderbare Wirkung an subtiler Ausbalancierung und Klarheit ein. Zentrale Fragen der Werk- und Rezeptionsgeschichte beeinflussen auch die heutige Interpretation: Ist die sechsstimmige Sammlung geistlicher Lieder für Kirche oder Kammer gedacht? In dieser wechselten kunstvolle Passagen in gesteigerter Virtuosität und Ausschmückung mit jenen in schlichter Harmonisierung. Brembeck hielt alle Kräfte zusammen und sorgte für interpretatorische Spannung.