Kaiserslautern Ein ganzes Dorf läuft mit

Der Erfolg des Laufs übertraf seine Erwartungen: Alexander Gauch (Trainer des SV Katzweiler).
Der Erfolg des Laufs übertraf seine Erwartungen: Alexander Gauch (Trainer des SV Katzweiler).

Sporthelden der Coronakrise: Fußball lebt vom Gemeinschaftssinn. Als vor gut einem Jahr der Trainings- und Spielbetrieb erstmals eingestellt werden und das Vereinsleben zum Erliegen kommt, startet der SV Katzweiler den Corona-Run. 46 Spieler und Trainer schnüren ihre Laufschuhe, treten in zwei Teams gegeneinander an und sammeln so Geld für soziale Einrichtungen. Stolze 14.100 Euro kommen am Ende zusammen.

Alexander Gauch ist noch heute begeistert. Der 45-jährige Trainer des SV Katzweiler hätte sich nicht im Traum ausmalen können, welche Lawine er und seine Spieler mit dem Corona-Run lostreten würden. Ein Lauf-Wettbewerb in der trainingsfreien Zeit? Gauch hatte so seine Zweifel, gelten speziell Amateur-Fußballer doch nicht unbedingt als Laufwunder und Trainings-Weltmeister. Doch weit gefehlt. Was anfangs als Notlösung gedacht war, um die Spieler fit und bei Laune zu halten, nahm im Laufe der Zeit ungeahnte Dimensionen an.

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Zehn Cent pro Kilometer

Zehn Cent pro gelaufenen Kilometer wollten Trainerteam und Spieler zu gleichen Teilen spenden. Doch dabei blieb es nicht. Etliche Spieler fanden „persönliche Paten“, die den gleichen Betrag noch einmal obendrauf gelegt haben, Firmen unterstützten die Aktion, und „Leute aus dem Ort haben uns spontan Geld für die gute Sache zugesteckt, wenn sie Läufer mit einem grünen Shirt gesehen haben“, zeigt Gauch sich noch immer überwältigt von der großen Unterstützung innerhalb der Dorfgemeinschaft. „Zwischendurch musste ich wirklich ein paar Tränchen verdrücken“, gesteht der SVK-Trainer.

Über eine Lauf-App musste jeder Spieler seine Leistung nachweisen und dokumentieren. Als die Idee entstand und die Schallmauer von 10.000 Kilometern im Raum stand, lachte Alexander Gauch herzhaft. Er hielt dieses Ziel für so verwegen, dass er sogar seine lange Haarpracht anbot, falls er sich täuschen würde. Wettschulden sind bekanntermaßen Ehrenschulden, doch bislang bot sich noch keine Gelegenheit, die Schere anzulegen.

„Keilers Erben“ gegen „Langers Helden“

Die beiden Teams wurden vor dem Lauf zusammengestellt: „Keilers Erben“, benannt nach Katzweilers Spielleiter Horst „Keiler“ Schulz, und „Langers Helden“, dessen Namensgeber Konditions- und Torwarttrainer Michael „Langer“ Krüger ist. Verlieren wollte niemand, denn die unterlegene Mannschaft muss ein Vereinsfest organisieren. Nach Corona versteht sich. Zu diesem werden wohl auch der Vorsitzende Manfred Wilking und Fußball-Vorstand Uwe Scholl einen Beitrag leisten. Sie unterstützten die Idee aus vollem Herzen und beteiligten sich neben 13 Spielerfrauen selbst mit Rad- und Lauf-Kilometern. Auch die Handball-Damen der HSG Kaiserslautern und die Alten Herren des SV Sambach sammelten fleißig Kilometer und Euro für den guten Zweck.

Inoffizieller Weltrekord

Das ursprüngliche Spendenziel von 1000 Euro hatte sich während der Aktion bereits verzehnfacht. Die Fußballer des SVK liefen am Ende beeindruckende 16.366 Kilometer, dazu kamen weitere 8500 Kilometer von Läuferinnen und Läufern, die sich spontan der Aktion angeschlossen haben. Um den Corona-Run zu krönen, dachten sich die Verantwortlichen eine weitere spektakuläre Aktion aus: einen inoffiziellen Weltrekordversuch. Rund 50 Läufer teilten sich die Marathon-Distanz von 42,195 Kilometern auf, um die Bestmarke von Eliud Kipchoge aus Kenia (2:01:39 Stunden) zu knacken. Am Ende lagen die Fußballer des SVK exakt 69 Sekunden über der Bestmarke. Doch zu diesem Zeitpunkt waren längst alle Ziele und Erwartungen übertroffen gewesen.

Auf Biegen oder Brechen

Enttäuscht war nach dem gut zweistündigen Rekordversuch tatsächlich niemand. In Teilstrecken von 150 Metern gingen die 50 Läufer auf die Strecke. Aus erbitterten Kontrahenten wurde wieder eine homogene Einheit. Sieben Wochen lang lieferten sich „Keilers Erben“ und „Langers Helden“ beim Corona-Run einen Kampf auf Biegen oder Brechen, um jeden Kilometer wurde unbarmherzig gekämpft. Noch am Tag zuvor wurden in geheimen Nachtläufen die Bilanzen aufgebessert, vier Läufer brachten gar noch einen kompletten Marathonlauf in die Wertung mit ein. Wochenlang hatten sich die Teams gegenseitig angetrieben. Wer zwischendurch mal die Füße hochlegen wollte, wurde von seinen Teamkollegen sanft, aber bestimmt wieder wachgerüttelt.

Post vom DFB

Der Corona-Run blieb auch dem Deutschen Fußball-Bund nicht verborgen. Per Post wurde dem SVK die „Fair-play-Medaille 2019/20“ des Verbandes zugeschickt. Auf der Urkunde prangt das Motto des diesjährigen Wettbewerbs: „Großer Sport lebt von kleinen Gesten.“ Jeweils 4700 Euro konnte der SV Katzweiler am Ende an das Kinder- und Jugendhospiz der Stadt und des Landkreises Kaiserslautern sowie den örtlichen Kindergarten und die Grundschule überweisen.

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