Kaiserslautern „Der Zusammenhalt ist super“

Marode und viel zu klein: das Bürgerhaus, dessen großer Saal nur 60 Menschen Platz bietet.
Marode und viel zu klein: das Bürgerhaus, dessen großer Saal nur 60 Menschen Platz bietet.

Nachvollziehen kann kein Mensch, dass es seit 30 Jahren Versprechungen gibt, Vertröstungen – und sich einfach nichts tut. Geschimpft wird vor allem, dass das Bürgerhaus viel zu klein ist. Es fasst gerade mal 60 Gäste. „Wir können mit unserem großen Gesangverein nicht mal einen Gastchor einladen“, ärgert sich Annelie Ertel. Als Schildbürgerstreich empfindet sie, dass im Vorjahr in das marode Gebäude neue Fenster eingebaut worden sind. „Drei Wände für einen Anbau wären uns lieber gewesen, ein Anbau ist das Mindeste.“ Das findet auch Klaus Blauth, der vor vier Jahren zugezogen ist und vom Miteinander schwärmt. „Das Dorfleben ist attraktiv, aber es fehlt ein Treffpunkt.“ Alles stehe und falle mit einem größeren Bürgerhaus. Wenn die Stadt nichts für ein Kommunikationszentrum tue, kippe irgendwann im Ort die Stimmung, „dann geht alles den Bach runter“. Blauth findet auch, dass die Stadtverwaltung in Zukunft besser nicht mehr alles zulassen sollte auf dem Einsiedlerhof. „Es gibt nur Autohäuser, hier sieht es aus wie in einer amerikanischen Kleinstadt.“ Wilm Röhr sieht das ähnlich: „Alles Negative haben wir hier: Spielhallen und fünf Bordelle.“ Die Stadt habe nichts für die Einsiedlerhöfer übrig, sagt er. Dringend gebraucht werde ein Einzelhandelsgeschäft. „Das soll ja im neuen Gewerbegebiet kommen, ich bin aber gespannt, ob sich der Investor, die Firma Horn, da wirklich um eine Ansiedlung bemüht.“ Ertel teilt seine Skepsis: „Ich glaube das erst, wenn es dort ist.“ Für Arztbesuche oder Gänge in die Apotheke müsse man vom Einsiedlerhof nach Landstuhl oder in die Innenstadt aufbrechen. „Wir haben viele Restaurants, aber das ist nichts, wo man sich trifft und bleibt“, findet auch Elke Westenburger. Ein Gemüsestand vor dem Bürgerhaus einmal pro Woche würde ihr gut gefallen. Der könne sowohl als Treffpunkt als auch als Einkaufsmöglichkeit genutzt werden. Lilo Haaß berichtet, bei einer Geburtstagsfeier – das alte Bürgerhaus kann angemietet werden – habe man der Jubilarin ein Ständchen bringen wollen. „Dazu mussten sich die Chormitglieder in den Flur quetschen.“ Auch Heinz Hüttenberger versteht nicht, warum man die Bürger in Sachen Bürgerhaus so hängen lässt. „Herr Weichel sagt einfach, die Stadt hat kein Geld.“ Das sei nicht in Ordnung. Der Einsiedlerhof sei ein „vergessener Ortsteil“. Als das Industriegebiet gebaut worden ist, seien zig Versprechungen gemacht worden. Bis heute sei aber nichts eingelöst worden. Es gebe nicht mal Geld für ein größeres Bürgerhaus, das so viel bringen würde. Denn auch die Gruppen des Sportvereins müssten darin trainieren, erklärt Iris Flickinger, neben Chor- und Theaterproben. „Wir sind hier die Müllhalde und Sparkasse für die Stadt. Alles was gemacht wird, sind nur Provisorien“, ärgert sie sich. Sie hat im Vorfeld in ihren Übungsstunden beim VfL Einsiedlerhof auf die „Redaktion vor Ort“ aufmerksam gemacht, hat versucht, möglichst viele Menschen zum Vorbeikommen zu bewegen: „Die Leute sind enttäuscht. Wir kommen jedes Jahr hierher und meckern, aber am Ende tut sich doch nichts. Die Probleme sind seit Jahren dieselben“, sagt sie. Der stellvertretende Ortsvorsteher Eckhard Flickinger schlägt in die gleiche Kerbe: „Die Stadt vertröstet uns seit 25 Jahren.“ Das sei schon deshalb nicht in Ordnung, weil auf dem Einsiedlerhof die Gewerbesteuer sprudele. „Wir haben hier Weltfirmen wie Ikea, Corning, Alpla, Freudenberg. Es kommt aber keine Gegenleistung. Im Grunde macht die Stadt unser tolles Vereinsleben kaputt, weil sie einfach ignoriert, dass wir im Bürgerhaus viel mehr Platz bräuchten.“ Er sagt auch: „Wir können nicht einmal einen anderen Chor einladen.“ Ein anderer Bürger schimpft, die Theatergruppe müsse zwölf Mal und mehr spielen, weil weit über 1000 Leute die Laienspieler vom Bruch sehen wollen, aber bei einer Aufführung nur 60 Leute in den Saal passen. Flickinger sorgt sich auch um den Radweg an der Kaiserstraße. Der sei stark zugewachsen, Hecken und Äste ragten in den Weg. In Richtung Vogelweh liege zudem jede Menge Laub auf der Trasse. Sein Vorschlag: „Zweimal in der Woche kommt die Kehrmaschine, die könnte doch auch den Radweg reinigen.“ Wünschen würde er sich zudem Tütenspender für die Hinterlassenschaften der Hunde. Einer, der den Ort über den grünen Klee lobt, ist Helmut Krämer. Er lebt seit 1976 auf dem E-Hof, war zwölf Jahre bei den Laienspielern vom Bruch aktiv. „Bei der Theatergruppe führt jetzt die Autorin Madeleine Giese Regie, das muss uns erstmal jemand nachmachen.“ Der Gesangverein und der Sportverein seien sehr aktiv, verfügten zusammen über 520 Mitglieder. „Der Zusammenhalt ist super, ich lebe gern hier“, sagt er. Er sei auch keiner, der über Fluglärm oder das neue Gewerbegebiet jammere. „Beide schaffen Arbeitsplätze, wir sollten froh sein.“ Sorgen bereitet ihm allerdings der Verkehr. „Wir wünschen uns schon ewig eine Entlastungsbrücke vom Haderwald aus zur Autobahn. Wir brauchen eine Lösung, denn die Jacob-Pfeiffer-Brücke muss in ein paar Jahren saniert werden.“ Annelie Ertel wünscht sich, dass die Buslinie, die bis zum Ikea fährt, weiter über den Einsiedlerhof verkehrt. Das würde auch ihrer Enkelin helfen, die die Beilsteinschule besucht und mittags ab 15.45 Uhr eine Stunde warten muss, bis ein Anschlussbus kommt. Viel zu lange müsse auch schon auf den Radweg entlang der alten Bahntrasse in Richtung Landstuhl gewartet werden, klagt sie. Ein Problem mit dem Bahnhaltepunkt hat Lilo Haaß. Sie ist auf einen Rollator angewiesen und kommt damit nur schwer die 45 Stufen bis zu den Gleisen hoch. „Das ist ein Problem, dort müsste es für Gehbehinderte oder Eltern mit Kinderwagen einen Lift geben“, meint sie. Beim Thema Bahnhaltepunkt wird auch Norbert Keilhauer deutlich: „Der Bahnhof ist jetzt schon interessant für Bürger aus der Verbandsgemeinde Weilerbach und könnte eine noch bessere Wirkung erzielen“, sagt er. Doch: „Rundherum ist es eine einzige Müllhalde, das Gebäude sieht auch nicht gut aus“, macht er seinem Ärger Luft. „Die Stadt sollte hier ihr Vorkaufsrecht unbedingt wahrnehmen, damit man es ordentlich überplanen kann“, sagt er. Keilhauer ärgert zudem, dass immer wieder einzelne Buszeiten ersatzlos gestrichen werden: „Vor einigen Jahren galt dies für die Strecke zwischen Kaiserslautern und Landstuhl, jetzt haben sie uns weitere sechs Fahrten gestrichen“, sagt er. Um den Bahnhaltepunkt attraktiv zu gestalten, fehle außerdem, das merkt Gerhard Grieser an, rund um das Gelände eine größere ausgewiesene Parkfläche. „Es gibt auf dem Einsiedlerhof eine kontinuierliche Verschlechterung. Ohne die Unterstützung der Stadt können wir nichts machen und es ändert sich nichts Grundlegendes“, ist er überzeugt. Dabei lebe er immer noch gerne dort, habe nach wie vor mit vielen früheren Schulkameraden Kontakt und schätze das Vereinsleben und den Zusammenhalt untereinander. Hans-Joachim Schultz, der früher als DHL-Fahrer oft auf dem Einsiedlerhof unterwegs war, äußert sich zum Verkehr auf der Kaiserstraße. „Da wird gerast wie auf einer Rennstrecke“, sagt er. Er glaubt, dass mehr Kontrollen oder Blitzer Abhilfe bringen könnten. Die würde auch Wilm Röhr gefallen, der am Ortsausgang Richtung Kindsbach wohnt und regelmäßig beobachtet, wie die Autos besonders in den Abend- und Nachtstunden vorbeirasen. Überhaupt brauche der Stadtteil eine Entlastung vom Pkw-Verkehr. Denn spätestens „wenn irgendetwas auf der Autobahn ist, läuft alles über die Kaiserstraße“, erklärt er. Eine Umgehung, die dann über die Opelstraße führen könnte, hält er für sinnvoll. Hermann Fahse, langjähriger Kanzler der TU Kaiserslautern, der seit 40 Jahren in der Kaiserstraße lebt, kommt wie viele andere Bürger auf das neue Gewerbegebiet zu sprechen. Auch er findet es ganz wichtig, dass dort ein Supermarkt entsteht. Rote Ampeln sind Gerhard Grieser ein Dorn im Auge. Etwa vor den amerikanischen Sportplätzen an der Kaiserstraße, führt er aus. Dort sei das Tor schon seit Wochen geschlossen, dadurch gebe es dort weder Rad-, noch Auto-, noch Fußgängerverkehr. Aber die Ampel sei dennoch in Betrieb und bremse den Verkehr aus Richtung Einsiedlerhof in Richtung Innenstadt aus. „Man sollte sie abschalten.“ Umgeschaltet werden sollte aus seiner Sicht auch die Ampel an der Jacob-Pfeiffer-Brücke. Früher seien die Grünphasen für Autos aus Richtung Autobahn länger gewesen. „Es kamen mindestens 15 Fahrzeuge mehr durch.“ Das sollte man wieder so einstellen. „Das würde den permanenten Stau entzerren.“ Petra Andes klagt, die Lebensqualität nehme von Jahr zu Jahr ab. „Durch das neue Gewerbegebiet wurde uns wieder Wald genommen, Tiere haben ihren Lebensraum verloren.“ Durch den weggefallenen Wald sei in der Kaiserstraße der Lärmpegel enorm gestiegen. Die Rangierarbeiten der Bahn störten jetzt viel mehr. „Da hilft auch Dreifachverglasung nichts mehr“, sagt die Frau, die für eine Lärmschutzwand eintritt. Auch sie klagt, der Radweg sei „total vernachlässigt“, obwohl er gut genutzt werde. „Für Radfahrer ist das ein Unding.“ Kein bisschen verstehen kann sie, dass es mit dem Bürgerhaus nichts wird. „Da kann man nicht mal eine Hochzeit feiern oder einen größeren Geburtstag.“ Es würde noch viel mehr Angebote im Ort geben, wenn ein passender Raum da wäre, ist sie überzeugt. Sie findet das auch deshalb nicht richtig, weil andere Vororte ausreichend große Veranstaltungsräume haben. „Uns lässt man am langen Arm verhungern.“ Norbert Keilhauer ist sich diesbezüglich sicher: „Wenn das in einem anderen Stadtteil wäre, da wäre was los.“ Birgit Diller geht oft mit dem Hund spazieren, sie mag den Einsiedlerhof. Sie stört lediglich eine Wegstrecke in der Weilerbacher Straße. „Da ist das Trottoir total vernachlässigt, Unkraut wuchert, da kann man kaum noch laufen“, führt sie aus. Die Weilerbacher Straße ist auch für Johann Neumahr einer der „Problempunkte“. Dort halte sich kaum jemand an die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung. Paul Eli ist froh, dass in der Königsau die alten Wohnblöcke abgerissen worden sind. „Es war höchste Zeit, die wären zusammengefallen.“ Jetzt wünscht er sich, dass dort neu gebaut wird. „Es würde die Straße aufwerten“, findet er. Zumal Bauplätze auf dem Einsiedlerhof fehlten. Ein anderes Thema treibt dagegen Sascha Schmitt um. „Der Schießplatz ist in letzter Zeit extrem laut. Es wird auch sonntags und abends geschossen“, erklärt er. Er könnte sich vorstellen, dass die Verlegung der Anlage etwas weiter Richtung Vogelweh Abhilfe schaffen könnte.

Das Miteinander ist prima auf dem Einsiedlerhof, berichten Bürger im Gespräch mit RHEINPFALZ-Redakteurin Sara Brunn.
Das Miteinander ist prima auf dem Einsiedlerhof, berichten Bürger im Gespräch mit RHEINPFALZ-Redakteurin Sara Brunn.
Ein Supermarkt steht auf der Wunschliste ganz oben: für das neue Gewerbegebiet.
Ein Supermarkt steht auf der Wunschliste ganz oben: für das neue Gewerbegebiet.
Der Radweg entlang der Kaiserstraße müsste freigeschnitten werden, klagt Eckhard Flickinger.
Der Radweg entlang der Kaiserstraße müsste freigeschnitten werden, klagt Eckhard Flickinger.
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