Kaiserslautern Der Schuss Konzentration

Konzentration wird benötigt: Wer im Bogensport Erfolg haben will, muss Ruhe bewahren können. Kindern mit ADHS fällt gerade das s
Konzentration wird benötigt: Wer im Bogensport Erfolg haben will, muss Ruhe bewahren können. Kindern mit ADHS fällt gerade das schwer. Der Schützenverein Schopp glaubt, dass der Sport helfen kann.

Die Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) hat mehrere Gesichter, als Zappelphilipp oder Träumerle lassen sich viele Patienten landläufig bezeichnen. Davon weiß auch Ulrich Morgenstern zu berichten. Er ist Gewehr-Trainer beim SSV Schopp. Im Verein trainieren auch einige Kinder mit ADHS. Die Verantwortlichen und Mitglieder des Vereins sehen in ihrem Sport eine Möglichkeit die Konzentrationsschwierigkeiten bei ADHS zu verbessern. Frank Kirchner schießt seit zwei Jahren beim SSV Schopp. „Dass der Ruf des Schießsports so schlecht ist, finde ich schlecht“, sagt er. Auch die Trainer Mario Ibach (Pistole) und Morgenstern pflichten ihm bei. Häufig seien sie mit Vorurteilen konfrontiert, auch wenn es um auffällige Kinder und Jugendliche gehe. Morgenstern sagt: „Beim Schießen geht es viel um Verantwortungsbewusstsein. Das Erste, was Kinder lernen, ist Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit.“ Alle drei sind davon überzeugt, dass sich ihr Sport positiv auf Kinder mit der Diagnose ADHS auswirkt. „Man täuscht sich, viele denken, Schießen ist nicht anstrengend. Aber es erfordert nicht nur Konzentration, sondern auch Kondition. Wenn man den Anzug anhat und die Waffe über den gesamten Wettkampf mit sich rumträgt, weiß man am Ende, was man getan hat“, erklärt Morgenstern. Ein Gewehrschütze trägt beispielsweise speziell angefertigte Schuhe und Hosen, eine Schießjacke und Handschuhe. Dass der Sport ein hohes Maß an Konzentration erfordert, gilt als unbestritten. Das zeigen auch Studien. Der Psychologe und Sportwissenschaftler Christoph Kreinbucher wies beispielsweise bei einem Vergleich der EEG-Daten von Pistolenschützen und Basketballspielern eine erhöhte Konzentration bei der Schussabgabe und einem Freiwurf nach. Das Fokussieren sowie die Schussabgabe im richtigen Moment – beides fordere ein hohes Maß an Ruhe, sagen auch die Trainer des SSV Schopp. Allerdings scheint die Steigerung der Konzentration nicht ausschließlich für den Schießsport zu gelten: Eine Untersuchung der Sportwissenschaftlerin Nadja Walter zeigte solche Effekte auch für Grundschüler, die mit Handball-, Volleyball- oder Karateübungen trainiert wurden. Christine Zbick-Schmitt, Oberärztin in der Tagesklinik für Kinder und Jugendliche des Pfalzklinikums Kaiserslautern, hat Erfahrung in der Behandlung und Diagnose von Kindern mit ADHS. „Diese Kinder können sich aber, wenn etwas hochmotivierend für sie ist, sehr gut konzentrieren“, weiß die Ärztin. Das gelte für Sport, aber auch für andere Hobbys. Theresa Meier* und Luisa Müller* sind seit drei beziehungsweise vier Jahren Mitglieder im Schützenverein Schopp. Beide Mädchen leiden seit früher Kindheit am Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom. „Ich war in der Schule unkonzentriert, aber seit ich mit dem Bogensport angefangen habe ist das viel besser geworden, auch die Noten haben sich verbessert“, sagt Meier. Dass Kinder mit ADHS gerade in der Schule Schwierigkeiten haben, dem Unterricht zu folgen, bestätigt Zbick-Schmitt. Auf den Schießsport angesprochen, sagt sie: „Ich kann nachvollziehen, dass es viel Konzentration braucht. Ich denke aber nicht, dass es der Schießsport an sich ist, sondern das Umfeld. Wenn ich ein Kind habe, das motiviert Sport macht und es im Verein gut aufgehoben ist, dann ist Sport etwas Hochwichtiges.“ Doch gerade für solche Kinder brauche es „gute Trainer, die die Kinder führen können“. Der SSV Schopp integriert die Kinder in Kleingruppen in das reguläre Training: „Das funktioniert gut. Klar, am Anfang brauchen solche Kinder mehr Betreuung, aber sobald die Grundlagen da sind, ist es kein Problem“, sagt Mario Ibach. Die Oberärztin erklärt, dass neben einer entsprechenden Behandlung des ADHS (siehe Zur Sache) eine geeignete Freizeitaktivität in jedem Fall sinnvoll sei, „gerade für die Selbstwertentwicklung“. Die leide häufig unter den schulischen Problemen. „Die Kinder lernen gerade auch im Sport soziale Gruppenfähigkeiten. Allerdings hätte ich bei manchen Kindern so meine Bedenken, wenn es um Kampfsportarten geht. Es gibt ADHS-Kinder, die sehr impulsiv sind“, macht Zbick-Schmitt deutlich, dass für die Eignung aus ihrer Sicht immer der Einzelfall entscheidend ist. * Name von der Redaktion geändert

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