Kaiserslautern Der Müllmann liebt die Zeitungsfrau

Schon zum dritten Mal in gut zwei Jahrzehnten bringt das Badische Staatstheater Karlsruhe Gaetano Donizettis beliebte Buffa „L’Elisir d’Amore“ (Der Liebestrank) auf die Bühne – und das in einer köstlichen und sehr unterhaltsamen Inszenierung von Jacopo Spirei sowie einer spritzigen musikalischen Einstudierung unter Dirigent Daniele Squeo.

Die Produktion passt als heiteres Satyrspiel gut zum Wagnerschwerpunkt des aktuellen Opernspielplans, denn die Geschichte von Tristan und Isolde wird in der Oper mehrfach angesprochen. Wagners Version war im Frühjahr am Staatstheater zu sehen. Eine Line führt aber auch zu Verdi, denn nach dem großen Erfolg seiner „Falstaff“-Inszenierung im Juli 2015 wurde der italienische Regisseur Jacopo Spirei mit dem Bühnenbildner Nikolaus Webern und der Kostümbildnerin Sarah Rolke für den „Liebestrank“ wiederverpflichtet. Ein gute Entscheidung, denn wieder gelang Spirei eine witzige, ideenreiche und in jeder Sekunde animierend unterhaltsame Einstudierung. Wieder verlagerte er das Geschehen in die Gegenwart, diesmal in einen badischen Bahnhof. Zu Beginn sorgen Verspätungen und Zugausfälle für den Start des Spiels, am Ende hat die szenische Bewegung so viel Fahrt aufgenommen, dass alle Züge viel zu früh ankommen. Schnell weg muss auch Dulcamara mit seinem Sonderzug, denn er bleibt dem Volk die versprochene Ladung Liebestrank schuldig. Der „Doktor“ erscheint auch diesmal (wie in der vormaligen Inszenierung von 2005) als Elvis-Verschnitt, nur fährt er jetzt keinen Straßenkreuzer mehr, sondern reist als Energy-Drink-Unternehmer mit einer eigenen PR-Eisenbahn durch die Lande. Der arme Nemorino verdingt sich als Müllmann am Bahnhof, wo die fesche Adina einen Kiosk betreibt. Wie der Vergleich mit der Version von vor elf Jahren zeigt, ist ein solches Regiekonzept bei der Oper nicht neu, aber Jacopo Spirei macht seine Sache einfach sehr gut und weiß auch die empfindsamen Partien stimmungsvoll zu akzentuieren. Bis ins Detail hat diese Inszenierung Geschmack und Effekt. Sie ist eine tolle Show. Auch musikalisch weiß diese erste Opernpremiere der Saison am Staatstheater zu punkten. Der italienische Dirigent Daniele Squeo, nun erster koordinierter Kapellmeister, sorgt am Pult der locker spielenden Badischen Staatskapelle für einen trockenen Klang und viel rhythmische Spannkraft. Squeo gibt der Partitur Feuer und Eleganz in gleicher Weise. Apart ist der Einsatz des Hammerklaviers als zusätzliches Instrument auch in Arien, Ensembles und Chören. Star des Abends ist der mexikanische Tenor Eleazar Rodriguez als Nemorino, der nicht nur mit komödiantischem Pfiff spielt, sondern auch strahlend im Ton, fein abgestuft in der Dynamik und geschmeidig in der Melodieführung singt. Agnieszka Tomaszewska verfügt als Adina über die nötige Leichtigkeit in den Zierfiguren, aber auch über die gewünschte lyrische Emphase. Sie entwickelt ein rundum stilvolles und lebendiges Rollenporträt. Als Sergeant Belcore gefällt Armin Kolarczyk durch baritonalen Wohllaut, perlende Koloraturen und zündenden Elan. Edward Gauntt ist der Dulcamara: ein Bariton und kein polternder Bassbuffo. Gauntt spielt seine Bühnenpräsenz und sein buffoneskes Können voll aus und agiert als wirkungsvoller Entertainer in dieser Bombenrolle. Anna Tsartsidze ergänzt als Gianetta glänzend das Ensemble. Sehr vergnüglich spielt und singt der Chor in Ulrich Wagners Einstudierung. Einhelliger Jubel für alle. Termine Die nächsten Vorstellungen sind am 22. (B-Premiere) und 29. Oktober (Gala) sowie am 4. und 10. November. www.staatstheater.karlsruhe.de, Telefon 0721 933333

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