Kaiserslautern Bewegter Jahreszyklus

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Inspiriert durch Franziskus von Assisi, den Dichter des Sonnengesangs, präsentierte das Forum Tanz Villingen-Schwenningen am Samstagabend in der Otterberger Abteikirche eine berührende Show. Musik von der Renaissance bis in die heutige Zeit begleitete die Tänzerinnen in der ehemaligen Zisterzienser-Abtei.

Die Faszination, die von Franz von Assisi ausgeht, spiegelt sich in Erneuerungsprozessen wider. Er ist das Vorbild für das immerwährende Prinzip der Erneuerung, der Verwandlung von Stagnation in Lebendigkeit. Intuitiv verspürte Franziskus die Richtigkeit für das eigene Denken, Fühlen und Handeln. Darin aber sah er sich konfrontiert mit den bestehenden Verhältnissen in Gesellschaft, Kirche und Familie. Daran knüpft das Forum Tanz an. Unter der Leitung von Cornelia Widmer, Diplom-Choreographin, Tänzerin und Pädagogin, versteht es sich als Ort, um etwas in Bewegung zu bringen, Bewegung zu gestalten. Mit Hilfe künstlerischer Ausdrucksmittel, durch den Austausch von Ideen und die Auseinandersetzung mit anderen Kunstformen soll die persönliche Entwicklung weiterentfaltet werden. Ganz im Sinne des Franz von Assisi. So übersetzten die fünf Tänzerinnen Thomas Morleys (1557 bis 1602) Duett für Cantus und Tenor I bis IV in Körperbewegung, gleichzeitig stellten sie mit ihrem gefühlvollen Ausdruck Themen wie den Jahreszyklus, das Leben und Sterben, die Naturgewalten dar. Von den Händen und Armen gingen die Bewegungen der Tänzerinnen aus und setzten sich zeitlupenhaft in den ganzen Körper fort. Drehungen, Schwingen nach rechts und links, das langsame Schreiten – alles war voller Anmut und stets synchron. Bei den Themen Naturgewalten und Wasser des Lebens wogten die Körper hin und her, wobei sie sich mit den ausgestreckten Armen weit nach vorne streckten. Auch die Klänge und Rhythmen der Musik, darunter die Eigenkompositionen „Danza I bis IV“ des Geigers Walter Widmer, übersetzten die Tänzerinnen mit großer Eleganz und verblüffender Leichtigkeit in Körperbewegung. Um Aspekte wie Lebensfaden und Individuen in der Gemeinschaft ging es im zweiten Teil. Besonders betroffen machte, wie sich eine Tänzerin verzweifelt am Boden kauerte und tiefe Trauer zum Ausdruck brachte, während ihre Partnerin sich über sie beugte, um ihr Geborgenheit und Trost zu spenden. Mit den Themen Reflexionen und Meditation zur Verbindung von Körper, Geist und Seele setzten sich die Tänzerinnen schließlich im letzten Teil auseinander. In die Stille hinein bewegten sie sich mit leichten Trippelschritten, schier schwebend, schwerelos, wobei sich die Körper fast ineinander verschränkten. Tilla Dotzler (Gambe) und Walter Widmer (Violine) präsentierten sich dabei als bewundernswerte, klang- und ausdruckssensible Gestalter. In verschlungenen Linien schienen sich ihre Instrumente bei Thomas Morleys Stücken miteinander zu verweben. Sie musizierten animiert und kantabel. Widmer überzeugte auch bei seinen Eigenkompositionen sowie bei „The dance of nothing“ (1998) von Gilles Andrieux, Yuval Micenmacher und Haroun Teboul mit natürlichem Musiziergestus und instrumentaler Beredsamkeit. Die Atmosphäre dominierte. Und das Luftige und Weite passte ideal zu den Tänzen. Stark auch sein Sinn für Dynamik. Phänomenal war ebenso, wie Dotzlers Gambe beim Lebensfaden über einen längeren Zeitraum hinweg einen einzigen warmen Ton spannte. Zweimal mischte sich auch Kathrin Seuthe mit ihrem glockenreinen Sopran ein.

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