Kaiserslautern Antiken nach Athen

Einerseits sollte es ein Schlussstrich sein, zum anderen aber auch ein Neubeginn: Nach drei Jahrzehnten immer wieder aufflackernden Streits mit den griechischen Kulturbehörden wurden nun vom Badischen Landesmuseum in Karlsruhe zwei Kunstobjekte aus der vorhomerischen Kykladen-Kultur an Griechenland zurückgegeben.

Die Übergabe erfolgte im Nationalmuseum Athen durch den Staatssekretär Jürgen Walter (Grüne) vom baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie den demnächst in den Ruhestand tretenden Museumschef Harald Siebenmorgen im Beisein des griechischen Kulturministers Panos Panagiotopoulos. Bei den beiden 4500 bis 5000 Jahre alten Objekten von hohem ideellem wie materiellem Wert handelt es sich zum einen um eine seltene, knapp 90 Zentimeter hohe Marmorskulptur. Die den so genannten Kykladenidolen zuzuordnende Figur wirkt nachgerade wie eine moderne Skulptur. Das zweite Objekt ist eine in Qualität und Beschaffenheit herausragende Griffschale aus Chloritschiefer mit einem Durchmesser von 17,5 Zentimetern. Die Kykladen sind eine dem Peloponnes vorgelagerte Inselgruppe. Die für die dortige Kultur charakteristischen Idole gelten als Symbole für den Beginn Europas, denn die Inselbewohner brachten es als erste im heutigen europäischen Raum zu einer hohen Kultur mit differenzierten Berufen, hochseetauglichen Schiffen und einem für die damalige Zeit internationalen Warenaustausch. Skulptur und Griffschale waren 1975 vom damaligen Kurator des Landesmuseums aus dem Kunsthandel erworben worden und wurden ein Jahr später in der Ausstellung „Kunst der Kykladen“ gezeigt. In beiden Fällen ist aber „mit ziemlicher Sicherheit“ von Funden aus Raubgrabungen auszugehen, die dann auf Umwegen über die Schweiz nach Karlsruhe gelangten. Schon damals wurde die Sache von Griechenland, das unter Raubgräberei und kultureller Ausplünderung ziemlich zu leiden hatte, als Provokation empfunden. Die Missstimmung spitzte sich zuletzt 2011 zu, als das Badische Landesmuseum die Ausstellung „Kykladen – Lebenswelten einer frühgriechischen Kultur“ vorbereitete. Wenige Wochen vor der Eröffnung kam aus Athen auf sämtliche Leihanfragen aus Karlsruhe eine schroffe Absage, die wiederum Museumsdirektor Siebenmorgen als „Skandal“ empfand. Die Griechen forderten beide Stücke zurück und beriefen sich auf das 1997 verabschiedete Unesco-Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut“. Man habe nun „international ein Signal senden“ wollen, so jetzt der Staatssekretär im baden-würrtembergischen Wissenschaftsministerium, der Grüne Jürgen Walter. Denn „unabhängig, um welche Form von unrechtmäßig angeeigneter Kunst es sich gehandelt hat – Baden-Württemberg wird seiner Verantwortung vor der Geschichte gerecht“. Ende gut, alles gut? In Athen wurde jedenfalls auch eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Ein erstes gemeinsames Projekt mit Griechenland ist schon ausgeguckt: Eine Ausstellung über die Welt des homerischen Helden Agamemnon und das mykenische Hellas soll in etwa drei Jahren im Karlsruher Schloss präsentiert werden. Ein zusammenwachsendes Europa habe einen „immensen kulturellen Erklärungsbedarf“, so sagt es der Direktor des Badischen Landesmuseums, Harald Siebenmorgen. Und da sei eine intensive Zusammenarbeit weitaus wichtiger „als ein doch sehr zweifelhafter Objektfetisch im Museumsdepot“. Denn dort befanden sich die Streitobjekte zuletzt.

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