Kaiserslautern 17-Jähriger schlägt den Titelverteidiger

Die vier Bewerber um den Pokalsieg: vorne Markus Müller mit Weiß gegen Martin Kaster, dahinter Jürgen Neurohr gegen Andre Bold
Die vier Bewerber um den Pokalsieg: vorne Markus Müller mit Weiß gegen Martin Kaster, dahinter Jürgen Neurohr gegen Andre Bold

Markus Müller, Titelverteidiger vom SV Niedermohr-Hütschenhausen, hat bei der rheinland-pfälzischen Pokalmeisterschaft im Bürgerhaus Niedermohr sein Minimalziel erreicht: Er ist in der deutschen Pokal-endrunde. Den Titel sicherte sich aber ein anderer: Andre Bold vom SC Bann.

Neben Titelverteidiger Müller und Bold traten Martin Kaster (SK Altenkirchen) und Jürgen Neurohr (Sfr. Mainz) an, um den Pokalsieger und die beiden Vertreter für den Wettbewerb auf Bundesebene zu ermitteln. Die Auslosung ergab die Paarungen Müller - Kaster sowie Neurohr - Bold. Nach eineinhalb Stunden Spielzeit konnte Jürgen Neurohr am Ende eines Abtausches einen Bauern gewinnen. Andre Bold behielt dafür das Läuferpaar und durfte auf gutes Gegenspiel im Zentrum hoffen. Am anderen Brett spielte Martin Kaster mutig nach vorne und gewann durch eine Mattdrohung ebenfalls einen Bauern. Durch beiderseits weit vorgeschobene Bauern war die Stellung recht offen und versprach dadurch Chancen für beide Spieler. Martin Kaster konnte in der Folge zwei verbundene Freibauern bilden, während seine Königsstellung noch nicht die sicherste war. Die Materialverteilung aus Sicht von Markus Müller (2L gegen T+2B) ermöglichte ihm weitere Angriffsversuche. Unterdessen konnte Jürgen Neu-rohr weiteres Material abtauschen und stand für den Moment recht sicher; zum Sieg war es jedoch noch ein weiter Weg. Tatsächlich erfolgte bereits wenige Züge später auf Angebot von Andre Bold die Punkteteilung. In der anderen Partie war eine völlig offene Stellung mit beidseitigen Mattdrohungen entstanden. Die Freibauern von Martin Kaster waren letztendlich nicht genug, und er musste schließlich in das Remis einwilligen. Die nachträgliche Analyse zeigte jedoch, dass die Schlussstellung für Schwarz glatt gewonnen ist. Beide Paarungen wurden somit im Schnellschach mit vertauschten Farben wiederholt. Andre Bold hatte also Weiß, und es gelang ihm recht früh, über die Linie Druck aufzubauen. Jürgen Neurohr konnte den Bauernverlust bald nicht mehr verhindern und versuchte, das entstandene Springer-endspiel zu verteidigen. Doch die Stellung erwies sich rasch als nicht haltbar, so dass Andre Bold als erster Spieler das Finale erreichte. Im anderen Halbfinale kam Martin Kaster aus der Eröffnung in eine optisch gute Stellung mit Mehrbauer. Doch Markus Müller gelang es, seine Figuren gut zu koordinieren und mit beiden Türmen in die gegnerische Stellung einzudringen. Mit einer zwingenden Abwicklung gewann er zwei Bauern und erreichte ein deutliches vorteilhaftes Turmendspiel. Martin Kaster versuchte noch einiges, doch am Ende brachten die schwarzen Freibauern die Entscheidung. Somit kam es zu einem rein pfälzischen Finale, in dem das Los die Paarung Bold - Müller festlegte. Die Finalpartie begann interessant: Andre Bold verschaffte sich früh einen Raumvorteil am Königsflügel, während Markus Müller einen am Damenflügel etwas abseits stehenden weißen Springer belagerte. Nachdem Andre Bold die f-Linie öffnen konnte, nahm der Druck auf den schwarzen König langsam zu. Trotz einiger Bemühungen ließ sich die Stellung von Markus Müller nicht „knacken“, und Andre Bold verblieb kurz vor der Zeitkontrolle in einem Turm+Läufer-Endspiel mit einem Minusbauern. Markus Müller gewann bald darauf einen zweiten Bauern, doch angesichts der weißen Figurenaktivität und des auf der letzten Reihe abgeschnittenen schwarzen Königs schien die Partie noch nicht entschieden zu sein. Tatsächlich verteidigte sich Andre Bold in der Folge sehr präzise und ließ keinen entscheidenden Vorstoß zu. Markus Müller gab einen Freibauern auf, um einen anderen in Marsch zu setzen, doch auch dieser Versuch misslang, und nach über 60 Zügen wurde das Remis vereinbart. Somit ging auch das Finale in die Verlängerung, in der Müller die weißen Steine führte. Recht früh in der Schnell-schachpartie gelang Andre Bold ein taktischer Schlag, in dessen Folge er zwei Springer für einen Turm gewann. Im weiteren Verlauf gelang es ihm dann, seine Stellung zu sichern und den Königsangriff vorzubereiten. Markus Müller versuchte noch ein Eindringen über die c-Linie, übersah dabei jedoch ein Schach und das folgende schnelle Matt. Um 20.45 Uhr stand somit der erst 17-jährige Andre Bold vom SC Bann als neuer rheinland-pfälzischer Einzelpokalsieger fest – verdient angesichts der Zähigkeit in den beiden Turnier- und der souveränen Vorstellung in den beiden Schnellschachpartien. Drei bis vier Stunden hatte es gedauert, bis die beiden Halbfinalpartien remis endeten. Nach der Schnellpartie und dem 1:0 für Bold gegen Neurohr und dem 1:0 von Müller gegen Kaster qualifizierten sich die beiden pfälzischen Finalteilnehmer – Müller war dort in diesem Jahr ins Halbfinale gekommen. Nach über vier Stunden und 60 Zügen wurde der Punkt geteilt, trotz zweier Mehrbauern konnte Schwarz sein Plus gegen die aktive weiße Stellung nicht verwerten. Nach einer weiteren Schnellpartie war Müller lange Zeit am Drücker, hatte Sieg und Titelverteidigung vor Augen, musste Bold aber ein Kompliment machen: „Gut verteidigt. Die Schnellpartie gewann dann verdient mein Gegner.“

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