Kaiserslautern Westpfalz-Klinikum: Gut aufgestellt bei Organspenden

Beschäftigen sich im Westpfalz-Klinikum mit dem Thema Transplantation: Leitender Oberarzt Robert Fink, Chefarzt Christian Mönch
Beschäftigen sich im Westpfalz-Klinikum mit dem Thema Transplantation: Leitender Oberarzt Robert Fink, Chefarzt Christian Mönch und der Transplantationsbeauftragte Oliver Haas (von links).

Ende Oktober hat das Bundeskabinett einer Reform des Organspendegesetzes zugestimmt. Ziel ist es, die strukturelle und finanzielle Situation in den Kliniken zu verbessern, so dass potenzielle Organspender besser erkannt werden. 2019 soll das Gesetz in Kraft treten, im Westpfalz-Klinikum sind die meisten Forderungen längst Realität. Das Gesetz setze lediglich Mindeststandards, beklagen Christian Mönch, Chefarzt der Klinik für Transplantationschirurgie, und der Transplantationsbeauftragte Oliver Haas. Der Kern des Problems sei ein anderer.

„Deutschland ist Schlusslicht, was die Anzahl der Organspenden angeht“, erklärt Mönch. Patienten würden oft mehrere Jahre auf ein Spenderorgan warten. In Spanien betrage die durchschnittliche Wartezeit dagegen gerade einmal drei Monate. „Ich begrüße, dass sich die Politik mit diesem Thema auseinandersetzt“, sagt Mönch.

Gute Struktur im Klinikum

Das Gesetz setzt bei den organisatorischen Problemen in den Kliniken an. Es sieht beispielsweise vor, dass die Kliniken mit einem Programm ausgestattet werden, das im Nachhinein prüft, ob ein potenzieller Spender übersehen wurde. Aus diesen Auswertungen sollen die Kliniken lernen, den akuten Fall in Zukunft besser zu erkennen. „In Kaiserslautern gibt es dieses Programm schon seit zehn Jahren“, sagt Mönch lachend. In den vergangenen drei Jahren sei nachweislich keine mögliche Spende übersehen worden. Dies zeuge von der guten Struktur, die das Klinikum über die Jahre im Bereich der Organspende aufgebaut habe – ebenso die Zahl der tatsächlichen Spenden: Im Westpfalz-Klinikum habe es in diesem Jahr vier realisierte Organspenden gegeben. Im vergangenen Jahr seien es drei gewesen. Was zunächst wenig klingt, ist im bundesweiten Durchschnitt bereits Spitzenklasse. „In Deutschland kommen auf eine Million Einwohner zwischen acht und neun Organspender“, erklärt Mönch. Mit nur einer Spende pro Jahr läge Kaiserslautern also bereits im bundesweiten Durchschnitt. Seit einigen Jahren gehöre das Westpfalz-Klinikum zu den 30 Kliniken in Deutschland mit den meisten Organspenden.

Finanziell mehr Möglichkeiten

Das neue Gesetz sieht außerdem vor, mehr Transplantationsbeauftragte auf den Intensivstationen einzusetzen. „Auch hier haben wir die Gesetzesvorgabe seit langem übererfüllt“, berichtet Mönch stolz. Ein Transplantationsbeauftragter kümmert sich um die Organisation der Organspende, um Weiterbildungen und gilt als Ansprechpartner in der Klinik. Künftig sollen die Kliniken auch finanziell mehr Möglichkeiten bekommen, um Strukturen zur Organspende aufzubauen. Das Geld, das Kliniken für diese Zwecke erhalten, bemesse sich an der Sterbestatistik, erklärt Mönch. Kaiserslautern erhalte dafür etwa 30.000 Euro pro Jahr. Diese Summen sollen nun verdoppelt werden. Strukturell werde sich im Westpfalz-Klinikum jedoch nichts ändern. „Wir könnten eigentlich sogar abspecken. Das tun wir aber natürlich nicht“, so Mönch. Denn das Gesetz setze eher Mindeststandards und treffe nicht den Kern des Problems. In Deutschland gebe es 1600 Krankenhäuser, die Organspenden realisieren können. „In 90 Prozent davon findet aber nie eine Spende statt“, erklärt der Mediziner, „trotzdem sollen dort Strukturen aufgebaut werden, die gar nicht gebraucht werden.“ Kroatien – ebenfalls führend in Sachen Organspende – habe gerade einmal 36 Transplantationskliniken.

Spenden nach Hirntod

Auch die Gründe für die langen Wartezeiten liegen für den Transplantationsmediziner auf der Hand: Als eines von wenigen Ländern akzeptiere Deutschland Organspenden nur nach dem Hirntod. Also dann, wenn die gesamten Hirnfunktionen unumkehrbar ausgefallen sind. In anderen Ländern, wie beispielsweise in Spanien, würden Spenden auch nach dem Herztod vorgenommen. Da mit dem Herztod, anders als beim Hirntod, die Organe nicht mehr durchblutet werden, müsse in diesem Fall schnell gehandelt werden. Während beim Hirntod etwa 24 Stunden vergehen könnten, von der Feststellung des Todes bis zum Beginn des Spendeprozesses, bliebe den Medizinern im Falle eines Herztodes nur eine Stunde Zeit. „Es gibt gute Konzepte auf der Welt, die das möglich machen, aber wir dürfen das hier in Deutschland leider nicht“, erklärt Mönch. Das habe mit der Definition des Todes nach deutschem Recht zu tun. „In Deutschland gilt ein Mensch dann als tot, wenn er entweder hirntot ist oder sichere Todeszeichen aufweist“, so Mönch. Diese sicheren Todeszeichen würden jedoch erst nach sechs bis acht Stunden eintreten – für eine Organspende sei es dann bereits zu spät.

Wenig Zustimmung in Deutschland

Die deutsche Regelung führe zu einem Dilemma, denn der medizinische Fortschritt sorge dafür, dass es immer weniger Hirntote in Deutschland gebe. „Das ist natürlich sehr erfreulich, denn der Hirntod ist meist das Ende einer Katastrophe wie beispielsweise eines Autounfalls. Allerdings wird dadurch auch die Organspende seltener“, erklärt Haas. Hinzu komme, dass die Zustimmungsraten in Deutschland vergleichsweise niedrig seien – jeder zweite lehne ab. „Das ist eine logische Abwärtsspirale“, so Mönch. Für Mönch und Haas wäre die Entnahme nach dem Herztod daher eine gute Lösung, denn diese Maßnahme würde die Zahl der potenziellen Organspender erhöhen. Etwa 1000 Menschen sterben pro Jahr im Westpfalz-Klinikum. Nur zwischen fünf und zehn Patienten davon erleiden einen Hirntod.

Positive Aspekte in Bewusstsein rufen

Auch eine Widerspruchslösung halten die beiden Ärzte für sinnvoll. „Damit würde der Staat klar Stellung beziehen, dass Organspende der Normalfall ist“, so Haas. Allerdings müsse auch die Bevölkerung das Konzept mittragen. Dafür müssten die positiven Aspekte der Spende stärker ins Bewusstsein der Menschen gelangen. Das Positive liegt für Haas auf der Hand: „Die Organspende ist eine Möglichkeit, der Katastrophe einen Sinn zu geben.“

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