Kaiserslautern Wenn alle an einem Strang ziehen

Starke Bilder, starke Ensembleszenen, starke Einzelleistungen: „Diversity“ auf der großen Pfalztheater-Bühne.
Starke Bilder, starke Ensembleszenen, starke Einzelleistungen: »Diversity« auf der großen Pfalztheater-Bühne.

In der zweiten Spielzeit wirkt James Sutherland als Tanzdirektor am Pfalztheater. Der Schotte hat dabei dem Publikum nicht nur seine ganz eigene Handschrift näher gebracht. Er bezieht auch zunehmend zu aktuellen Themen Stellung. So auch am Samstagabend in seiner Choreographie „Diversity“. Sie dreht sich um Integration – wohltuenderweise im weiteren Sinne. Und einmal mehr ernteten Sutherland und sein diesmal über 100-köpfiges Ensemble Ovationen am Ende der einstündigen Aufführung.

Die Themen der Zeit liegen Sutherland am Herzen. Und so übersetzte er den Begriff „Begegnungen“, der die gleichnamige Veranstaltungsreihe mit Profis und Laien auch in ihrer sechsten Ausgabe überschreibt, in die Sprache des Tanzes. Auf der Bühne begegnen sich in „Diversity“ höchst verschiedene Menschen: Junge, Ältere, Behinderte und Nichtbehinderte, Tanzprofis und Amateure aus allen gesellschaftlichen Gruppen. Neben den 13 Tänzern seiner Compagnie hatten sich 95 Tanzinteressierte aus Stadt und Umland zu Sutherlands Projekt angemeldet. Wie sie zusammen ihr Stück erarbeiteten, erfährt der Zuschauer auch in der Produktion. Denn am Anfang gleicht das Große Haus einem Trainingssaal, in dem Sutherland durch die Reihen seiner Tänzer schreitet und hier lobt, dort korrigiert. Erst nach einer Viertelstunde beginnt das eigentliche Stück, dessen drei Teile eine gute Stunde (ohne Pause) dauern – und das, ohne eine Minute an Spannung zu verlieren. Im ersten Abschnitt geht es dem Schotten um Gemeinsamkeiten, zu denen er seine heterogene Truppe finden lässt. Meere aus Händen und Füßen und andere schöne Bilder entstehen im Ensemble und verdeutlichen die Aussage. Im zweiten Teil werden durchaus auch Verschiedenheiten thematisiert, Abgrenzungen und Gruppenbildungen. Das Finale wiederum zeigt den Menschen in seinen Ausdrucksfacetten; es wird vorrangig gestaltet von der Pfalztheater-Compagnie. Sie dreht dabei noch einmal so richtig auf und beweist, welchen enormen Aufschwung sie in Sachen Expressivität, Körperspannung und Detailarbeit in zwei Jahren genommen hat. Berückende Klänge hat der Schotte für seine Choreographie gefunden: die minimalistisch grundierten, innigen Streichersounds des „Chopin Projects“ von Olafur Arnalds und Alice Sara Ott zu Beginn, später das mit orientalischer Melismatik arbeitende Stück „Duality“ von Lisa Gerard & Pieter Bourke, weiter Julia Wolfes preisgekröntes, hypnotisches Werk „Authracite Fields“ sowie Sätze aus Max Richters verinnerlichter, minimalistischer Produktion „The Blue Notebooks“. Allesamt wirkmächtige Klänge, die im Ohr bleiben und sich zum Nachhören empfehlen. Im optischen Gedächtnis bleiben neben Ensembleszenen, die vor Spielfreude sprühen, beeindruckende Einzelleistungen – nicht nur von den Profis des Pfalztheaters. Vor allem der tänzerische Nachwuchs wartet mit mancher starken Talentprobe auf. Das Miteinander von Profis und Laien gipfelt in einem Pas de deux des bedauerlicherweise scheidenden Pfalztheatertänzers Huy Tien Tran und des Rollstuhlfahrers Christopher Koch. Unglaublich, wie die beiden ihre Rollen zuerst verweben und dann sogar vertauschen. Unterm Strich bleibt in der Tat der Eindruck, dass da auf der Bühne Menschen verschiedenster Provenienz zu einem ganz starken Ensemble im wahrsten Wortsinne zusammengefunden haben. Ein Eindruck, der berührt und in einem nachhallt. Und der schon mal neugierig macht, wie sich Sutherland in der kommenden Saison des Themas Geschlechterspezifika und Geschlechterrollen in der Produktion „Fe-Male“ annimmt. Nicht verpassen. Termine Am 17., 20., 23., 26., 29. Juni, 19.30 Uhr, im Großen Haus; Karten an der Theaterkasse, 0631/3675-209, und www.pfalztheater.de.

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