Kaiserslautern Von Liebe und Leid

Verarbeitet autobiografische Züge: Root Leeb.
Verarbeitet autobiografische Züge: Root Leeb.

Am jährlich stattfindenden Hospizgedenktag (stets der 14. Oktober) fand im gut besuchten Theodor-Zink-Museum eine dazu thematisch passende Autorenlesung statt, initiiert vom hiesigen Hospizverein für Stadt und Landkreis. Die Autorin Root Leeb ist in Würzburg geboren, in Franken aufgewachsen und lebt mittlerweile im Raum Kirchheimbolanden. Sie ist Schriftstellerin, Malerin und Illustratorin der Bücher ihres Ehemannes Rafik Schami. Sie hatte zur Lesung aus ihren mittlerweile zwölf Publikationen – darunter Erzählungen und Romane – den 2012 erschienen Familienroman „Hero“ ausgewählt.

Zwischen Frauenromanen wie „Mittwochs Frauensauna“ (erschienen 2001) mit versteckter Darstellung von lebensphilosophischen Fragen einer Frau in den Wechseljahren und einem an den Autor Cervantes angelehnten Titel „Don Quijotes Schwester“ (2015) über den Gerechtigkeitssinn und das Helfersyndrom einer Studentin und „Weltverbesserin“ hat sich die Autorin in „Hero“ dem Genre des klassischen Familienromans zugewandt. In ihrem dritten Roman thematisiert sie zeitlose und überzeitliche Spannungsfelder zwischen Leben und Tod, Liebe und Leid. In dem Band ist nach den interessanten Frauengestalten Hero Wieland die literarische Hauptfigur: Ein Unternehmer und Patriarch „alter Schule.“ Autoritär, unerbittlich, mit einer Tendenz zum Altersstarrsinn eines Über-70-Jährigen „regiert“ er die Großfamilie mit fünf Kindern, Enkeln und Urenkeln, verwaltet sein Unternehmen – bis ihn die tödliche Krebsdiagnose ausbremst. Geschickt baut die Autorin verschiedene Handlungsstränge auf, zeigt, wie ein Mensch sich mit seinem Schicksal arrangieren muss. Und wie sich familiäre Konstellationen, Beziehungsgeflechte ändern, Lernprozesse in Gang kommen. Kurz: Die in Verhaltensmustern und festgelegten Hierarchien erstarrte Familie gewinnt eine neue Dynamik. Nicht nur der Patriarch selbst gewinnt neue Bewusstseinsformen. Auch führt diese Krise zu neuen Einsichten. So ist es als Nebenhandlung auch die Lebensgeschichte des dritten Kindes, Nele. Diese bezeichnet die Autorin als „Sandwitch-Kind“ – zwischen den Geschwistern in der Mitte, bislang kaum wahrgenommen und sich vernachlässigt fühlend. Die Autorin räumt dabei autobiografische Züge ein: Sie kommt selbst aus einer Großfamilie mit einem starken, dominanten Vater. In ihrem Familienroman über den sterbenden Vater behauptet sich diese bislang „unsichtbare“ Nele gegen die Schar von Familien-„Experten“, die den Vater mehr verunsichern, als ihm wirklich zu helfen. Dagegen entwickelt Nele menschliche Größe, wenn sie dem Vater zur wirklichen Stütze wird. Ironie des Schicksals, dass die „Unsichtbare“ einen farbigen Lebenspartner wählt, somit doppelt aus ihrem Schattendasein heraustritt und mit diesem zur bestimmenden Figur avanciert. Der Autorin gelingt es in Leseproben diese Problematik gut verständlich zu vermitteln: In einer lakonischen bis poetischen Sprache, die auch geschickt Spannung aufbaut. Dies und die Aktualität durch den Hospiztag und die ohnehin große Besucherresonanz erklären auch den regen Gedankenaustausch, der sich der Lesung anschloss. Buch-Tipp Root Leeb: Hero, Verlag ars vivendi, August 2012, 9,90 Euro, im Buchhandel.

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