Kaiserslautern Stürmer und Dränger

Sieben Teilnehmer qualifizierten sich für die Endausscheidung des Wettbewerbs „Talente der Region“. Er wird von Stadt und Landkreis Kaiserslautern veranstaltet und verleiht Preise, die von Stadt- und Kreissparkasse und der NATO-Musikfestival-Stiftung vergeben werden. Neben der überregionalen Jury wurde das Publikum per Stimmzettel am Sonntag im SWR-Studio in die Entscheidung eingebunden. Erste Preise gingen an Leon He, Maria Ipifanova und Hannah Bächle. Zweite an Alicia Kreutz und Frederick Punstein und dritte an Tim Kreibiehl und Marco Bertoluzzi.

Zum Auftakt stellte sich der Nachwuchspianist Leon He der Jury. Den Kopfsatz von Beethovens „Waldstein-Sonate“ nahm er in der Achtelbewegung so drängend, dass jede Note schneller als die vorherige geriet: Beethoven als Stürmer und Dränger? Zugegeben, der Gedanke einer sich überstürzenden Musik könnte sich aus der rasanten Abwärtsbewegung des Motivs ableiten lassen. Dennoch blieb die ständig drängende Interpretation zwar emotionsgeladen, voller Spannung – aber stilistisch diskussionswürdig. Mit einer Komposition von Albeniz kam er dem Werkcharakter näher. Es blieben aber dennoch grundsätzliche Fragen wie artikulatorische Feinheiten und das Darstellen von Kolorit und Idiom offen. Während Instrumentalisten klangliche Poesie oft erst suchen und finden müssen, ist dies für Vokalisten durch den zugrundeliegenden Text leichter, weil offensichtlicher: Der Sopranistin Maria Ipifanova gelang so über das Lied von Clara Schumann der Einstieg in eine nuanciertere und sensiblere Gestaltung. Allerdings ergaben sich beispielsweise bei einer Arie aus einer Oper von Bellini grundsätzliche Befürchtungen nach einer zu frühen Konfrontation mit gesangstechnischen Hürden. Stimmen brauchen wie Weine Zeit zum Reifen. Der Trompeter Marco Bertoluzzi setzte mit seinem Repertoire (Concertetüde von Alexander Goedicke und Fantasie Brillante von Jean Arban) ganz auf Virtuosität, auf forschen, packenden Zugriff. Selbst die wenigen liedhaften Stellen wurden im kraftvoll auftrumpfenden und markanten Ton angegangen. Da fehlen noch die weicheren kantablen Episoden. Obwohl die Pianistin Jessica Riemer dies vorgab. Endlich dann ein Interpret, der auf Ausdruck und Kantabilität setzte, als Tim Kreibiehl in die Tasten des Flügels griff. Allerdings war die Bearbeitung einer Bach-Kantate nicht der ideale Programmpunkt, gibt es doch Originalwerke von Bach in Hülle und Fülle. Wie schwer es ist, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, zeigte sich dann bei der Harfenistin Hannah Bächle: Das, was Nachwuchspianisten oft noch an Nuancierung und Sensibilität fehlt, trägt die Harfe mit betörendem Klangzauber schon „naturbedingt“ in sich. Und die Interpretin überzeugte weiter bei Johann Dusseks Sonatine durch gliederndes, formales Bewusstsein und das Erfassen emotionaler Spannung bei Alphonse Hasselmans Romanze. Die eigentlichen Entdeckungen folgten am Ende: Bei den Pianisten hinterließ Alicia Kreutz vor allem beim Nocturne von Gabriel Fauré hinsichtlich klanglicher Sensibilität und Expressivität sowie dynamischer und klanglicher Nuanciertheit den überzeugendsten Eindruck. Endlich hörte man einen lockeren, geschmeidigen und eleganten Anschlag, der feinste motivische Veränderungen offenbarte. Und selbst ein Pianissimo war zu erleben. Francis Poulencs Toccata wirkte zwar messerscharf artikuliert, aber nicht über die Maßen kraftvoll, sondern dennoch klanglich kultiviert und sehr präzis. Den „Höhenflug“ der Basstuba durch Frederick Punstein kann man nur würdigen, wenn man die Tücken des Instruments und seine traditionelle Rolle in der Blasmusik kennt. Bei seiner Interpretation von Henri Tomasis Charakterstück fing die Tuba zu singen an. Und beim Titel von Paul Mc Cartney schien die Tuba gar mit sich selbst in Dialog zu treten. Gestützt von dem sehr soliden und einfühlsamen Klavierpart von Barbara Ruof-Punstein wurde auch die Romanze aus Mozarts Hornkonzert zu einem Erlebnis an tonlicher Wärme und Geschmeidigkeit.

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