Kaiserslautern Sozialraumanalyse: Erst mal möglichst viele Daten sammeln

Entscheidung vertagt: Der Jugendhilfeausschuss der Stadt hat sich gestern am frühen Abend nicht darauf einigen können, welche Art von Sozialraumanalyse Erkenntnisse zu künftigen Formen von Jugendarbeit liefern sollte. Zwei Sozialwissenschaftler hatten ihre – grundlegend unterschiedlichen – Konzepte vorgestellt. Vorgesehen war, eins auszuwählen und dem Stadtrat dies als Beschlussempfehlung vorzulegen. Das muss nun warten. Erst mal sollen Daten gesammelt und eine eigene Analyse erstellt werden.

Eine sogenannte Sozialraumanalyse soll Aufschluss darüber geben, wie Angebote der Jugendarbeit vertieft, ausgeweitet oder auch neu konzipiert werden können. Die Stadtratsfraktion der Grünen hatte Handlungsbedarf in puncto Jugendsozialarbeit erkannt und eine Analyse gefordert. Auf deren Erkenntnissen aufbauend, solle die Arbeit mit und für Jugendliche neu ausgerichtet werden. Zwischenzeitlich sind zwei Experten kontaktiert worden, die nun gestern bei einer Sondersitzung des Ausschusses ihr jeweiliges Konzept vorstellten. Die Fachleute –jeweils Inhaber von Forschungs- und Beratungsbüros – präsentierten gänzlich unterschiedliche Vorgehensweisen, um zu Erkenntnissen zu kommen, wo und wie welche Formen von Hilfemaßnahmen angeraten oder gar notwendig seien. Zwei Professoren hatten ihre Ansätze präsentiert: Bernhard Haupert, Inhaber des Instituts für Professionalisierung und Qualifizierung pädagogischer Prozesse (Homburg/Mainz), und Reinhard Schubert, Inhaber vom Büro für Forschung und Beratung „Sozial Raum Management“ in Hannover. Schuberts Vorgehensweise fußt auf einem selbst mitverfassten „Standardwerk“ – wie er selbst es nannte – zur Sozialraumanalyse. Auf wissenschaftlich fundierter Basis und Methodik werden dabei zunächst Daten erhoben, Aktionsräume von Jugendlichen erkundet, Sozialräume abgegrenzt, Lebenswelten analysiert, Profile erstellt. Einem qualifizierten Ansatz folgend, werde denn auch tiefenscharf erkundet, wo denn nun Bedarf nach welchen Formen von Jugendhilfemaßnahmen bestehe. Mit der „politischen Abstimmung zwischen Oberbürgermeister und Dezernat“, die drei Monate dauern könne, und der danach folgenden Bildung eines Gremiums in der Verwaltung kommt die Analyse in Gang. Und drei Jahre nach dem Start liege dann auch der Bericht vor. Grünen-Ausschussmitglied Simon Sander kritisierte, es sei wenig zielführend, nach einem wohl letztlich fünf Jahre dauernden Prozess zu sehen, wo es denn fehle, und dann erst mal zu schauen, wie man denn wo helfen könne. Wichtiger sei doch, möglichst zeitnah Ergebnisse zu erhalten und in die Arbeit einsteigen zu können. Deshalb wollte er der Vorgehensweise von Haupert den Vorzug geben. Ohnehin spreche für den Sozialwissenschaftler aus dem Saarland der Umstand, dass er schon mehrere Jugend-Projekte in der Stadt selbst sowie in der Region begleitet habe. Hauperts Vorgehensweise beginnt nach eigener Darstellung bei den Betroffenen, rückt die Kinder und Jugendlichen selbst in den Fokus. Mit ihnen vor allem will der Hochschullehrer Bedarfe ermitteln und letztlich auch pädagogische Konzepte der Jugendarbeit entwickeln. Diese praktisch orientierte Vorgehensweise münde nicht in „200 Seiten Papier mit ein paar schönen Folien“, auf denen dann stehe, „was wir für schöne Ideen haben“, verdeutlichte Haupert. Der Ausschuss wollte sich gestern nicht auf eine der beiden Varianten einigen. Stattdessen sollen zunächst Daten aus eigenen Beständen durchforstet und zusammengetragen werden, die eine quantitative Analyse ohne externe Hilfe erlauben. „Unter Zuhilfenahme der Daten wissender Dritter“, wie es der Beigeordnete und Ausschuss-Vorsitzende Joachim Färber formulierte, soll die Präsentation dann Aufschlüsse darüber liefern, welches der beiden Analyse-Konzepte zu bevorzugen sei. Die Leiterin des städtischen Jugendreferats, Nanine Delmas, sicherte zu, diese Daten binnen eines halben Jahres liefern zu können. Delmas hatte zuvor erklärt, sie sehe in beiden Konzepten viele gute Verknüpfungsmöglichkeiten. In einem guten halben Jahr soll der Ausschuss die Vorab-Analyse vorgelegt bekommen und auf dieser Grundlage erneut darüber befinden, welches der beiden Konzepte zu bevorzugen sei. Dieser Vorgehensweise stimmte der Ausschuss mit großer Mehrheit zu. Nur zwei Stimmen hatte zuvor der Beschlussvorschlag von Sander auf sich vereinigen können. Er hatte gefordert, sich auf das an der Praxis orientierte Analysekonzept festzulegen.

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