Kaiserslautern RHEINPFALZ-Weihnachtsspendenaktion "arm-alt-allein" gestartet

Mit viel Musik: Die Hobby-Singers und Hobby-Swingers gestalteten die Eröffnung der Weihnachtsspendenaktion in der Marienkirche.
Mit viel Musik: Die Hobby-Singers und Hobby-Swingers gestalteten die Eröffnung der Weihnachtsspendenaktion in der Marienkirche.

Eröffnung der 22. Aktion in der Kaiserslauterner Marienkirche - Langjähriger Vorsitzender Norbert Thines zum Ehrenvorsitzenden ernannt

Es gab viel Lob in der Marienkirche für die Spendenaktion „alt - arm - allein“, für jenes Netzwerk aus der Gemeinde St. Maria, der Apostelkirchengemeinde und der RHEINPFALZ, das unbürokratisch und gezielt älteren, bedürftigen und alleinstehenden Menschen in Stadt und Landkreis Kaiserslautern hilft. Der Sozialmediziner Gerhard Trabert sagte in seiner Festansprache, „alt – arm – allein“ setze ein wichtiges Zeichen, weil die Altenhilfe in der Begegnung mit armen Menschen durch praktische Hilfe Würde vermittele.

Körperliches und seelisches Leid

Es sei ein Skandal, so der Armenarzt Trabert, dass Altersarmut in der Gesellschaft immer noch zu wenig beachtet werde. Von Altersarmut betroffen zu sein, bedeute nicht nur Verzicht auf Konsumgüter und gesellschaftliche Teilhabe, sondern sei häufig mit körperlichem und seelischem Leid verbunden, mit höheren Erkrankungsraten bis hin zu einer signifikant geringeren Lebenserwartung, betonte der Gründer des Vereins Armut und Gesundheit in Deutschland mit Sitz in Mainz. Der Verein hilft mit einem „Arztmobil“ auch wohnungslosen Menschen. Jeder dritte von Einkommensarmut betroffene Mann erreiche nicht das 65. Lebensjahr, führte der Arzt aus. Er kritisierte, dass gesellschaftliche Entscheider einfach ignorierten, dass Altersarmut zunehme. Arm zu sein, bedeute auch, einer großen psychosozialen Belastung ausgesetzt zu sein, „Depressionen und die Selbstmordrate nehmen bei Menschen, die von Altersarmut betroffen sind, zu“. Vor diesem Hintergrund forderte der Festredner dazu auf, mit mehr Respekt und Würde zu agieren. Auch über Verteilungsgerechtigkeit müsse geredet werden. Viele reiche Menschen hätten dieses Bewusstsein und engagierten sich. „Es könnten aber noch mehr sein.“

Gelebter konstruktiver Widerstand

„Wir sollten uns alle empören, wie mit sozial benachteiligten Menschen umgegangen wird“, forderte Trabert. „Fangen wir an, Widerstand zu leisten gegenüber einer unsozialen, ungerechten Politik.“ Er empfinde „alt - arm - allein“ als eine Form des gelebten konstruktiven Widerstands, weil die Aktion Neues schaffe und die Nöte alter Menschen und soziale Ungerechtigkeiten bewusst mache, so der Professor. Nach zahlreichen Hilfseinsätzen auf der ganzen Welt sei er zu dem Schluss gekommen, dass sich Armut nicht vergleichen lasse. „In der Dritten Welt verhungern Menschen, weil sie nichts zu essen haben.“ In Deutschland verhungerten Menschen seelisch, „weil sie scheinbar für unsere Leistungsgesellschaft nicht mehr als wertvoll angesehen werden“. Landrat Ralf Leßmeister attestierte der RHEINPFALZ-Spendenaktion, „einen zentralen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt in Stadt und Landkreis“ zu leisten. Auch deshalb, weil sie mit einem Einsatz, der weit über das normale Maß der Mitmenschlichkeit hinausgehe, für Menschen eintrete, die keine Lobby haben. Der Kaiserslauterer Sozialdezernent Joachim Färber würdigte das Netzwerk als „eine maßgebliche Säule des sozialen Engagements gegen Armut in der Stadt“. Im Jahr 2017 seien über 16 Prozent aller Menschen in Deutschland von Armut bedroht gewesen. „Das sind viel zu viele. Das ist grotesk in einem Land, das reich ist und dessen Wirtschaft seit Jahren boomt“, appellierte Färber wie Trabert an mehr Verantwortungsbewusstsein in der Politik, verbunden mit einem Umdenken. Wie Leßmeister betonte er, dass „alt - arm - allein“ pragmatisch handele und einen Kontrapunkt gegen Vereinsamung setze.

Aktion brachte bisher fast fünf Millionen Euro

Uwe Renners, stellvertretender Chefredakteur der RHEINPFALZ, der erst seit zwei Jahren in der Pfalz lebt, verriet, dass es eine Verbindung der Marienkirche in seine Heimat gibt. „Die Glocken der Kirche wurden in meiner Heimatstadt Gescher gegossen.“ Renners sagte, der Einsatz von „alt - arm - allein“ könne gar nicht genug gewürdigt werden. Mit den Weihnachtsspendenaktionen seien in den vergangenen 21 Jahren fast fünf Millionen Euro zusammengekommen. Es sei die erfolgreichste Aktion in der ganzen Pfalz. „Gut, dass sie da sind“, sprach er den vielen ehrenamtlichen Helfern und Unterstützern seinen Respekt aus. Sein Dank galt Hans-Joachim Redzimski, dem Leiter der Lokalredaktion Kaiserslautern, dafür, dass er vor 21 Jahren die Idee zu der Aktion hatte. Der stellvertretende Chefredakteur nannte es aber auch bedenklich, dass es im Jahr 2018 noch notwendig sei, arme, alte Menschen in dieser Weise zu unterstützen. Die RHEINPFALZ werde mit ihrer Berichterstattung bei dem Thema weiter ihre Finger in die Wunde legen. Eine Premiere war die Veranstaltung, die musikalisch wunderbar und mit großem Einsatz von den Hobby-Singers und Hobby-Swingers musikalisch gestaltet wurde, für Pfarrer Martin Olf. Der Nachfolger von Pfarrer Edmund Janson betonte, er sei voller Bewunderung für die ökumenische Altenhilfe, die jenen helfe, die am Rande stehen.

Thines zum Ehrenvorsitzenden ernannt

Sehr emotional wurde es, als RHEINPFALZ-Redaktionsleiter Redzimski den langjährigen „alt – allein – allein“-Vorsitzenden Norbert Thines zum Ehrenvorsitzenden ernannte. Er habe mit großem Engagement seit der ersten Stunde in dem Netzwerk mitgearbeitet, sei einer der Architekten der Altenhilfe, die heute eine Geschäftsstelle, einen Besuchskreis, eine eigene Zeitschrift und eine Stiftung habe. Die Hobby-Singers sangen zu Ehren von Thines „Oh Happy Day“. Hobby-Singers-Gründer Franz Trinkaus bekannte: „Norbert, du bist unser Vorbild.“

Fordert ein Umdenken: Festredner Gerhard Trabert.
Fordert ein Umdenken: Festredner Gerhard Trabert.
Klar im Urteil: Ralf Leßmeister.
Klar im Urteil: Ralf Leßmeister.
Voller Lob: Martin Olf.
Voller Lob: Martin Olf.
Beeindruckt: Uwe Renners.
Beeindruckt: Uwe Renners.
Kritisch: Joachim Färber.
Kritisch: Joachim Färber.
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