Kaiserslautern Pfälzer „Schnawwel“ gegen die kalte Welt

„De Härtschd“: Oliver Betzer.
»De Härtschd«: Oliver Betzer.

Köln hat seinen Tünnes und den Schäl, Hamburg seine Klein Erna und das Dahner Felsenland seinen Härtschd vum Dahner Tal: Oliver Betzer. Unter dem Motto „Frieher war alles besser“ belebte der Humorist Oma und Opa Härtschd, ein Ehepaar aus dem Dahner Tal, das die „gute, alte Zeit“ glorifizierte. Die Zuschauer im ausverkauften Foyer der Landstuhler Stadthalle krümmten sich vor Lachen.

In gekrümmter Haltung schiebt Opa Härtschd – graues Wuschelhaar, schwarzer Schnurrbart, Hosenträger über dem rosa Hemd – seinen Rollator vor sich her und erklimmt mit viel Mühe die Bühne. „Nur noch Lug un’ Betrug!“, schimpft er, „nur noch Lug un’ Betrug!“ Früher sei er mit 2,50 Mark ins Geschäft gegangen und habe ein Kilo Zucker, ein Kilo Mehl, ein Päckchen Marlboro und einen Ringel Lyoner mitgenommen. „Heit geht das met denne blöde Iwerwachungskameras gar nimmi.“ Opa Härtschd ist in der Tat ein harter Knochen. Seine Asche will er, wenn er mal gestorben ist, auf dem Hof vor einem Supermarkt ausstreuen lassen. „Mei Junge waren noch nie uffem Friedhof, awwer jeden Montag sinn se im Aldi“, ruft er mit krächzender Stimme. „Wann de 75 Johr verheirat bischt, hasch’t kää Angscht meh vorm Sterwe.“ Seine Marie wollte unbedingt bei Ikea einen Ausziehtisch kaufen. „Bischt dann du verrickt!“, schimpft ihr Mann, „das hat’s doch frieher net gewwe, dass mer sich uffem Disch ausgezoche hat!“ Auf der Fahrt ins Ikea kam er in Kaiserslautern an den Opelkreisel, wo auf einem Schild die Zahl 30 zu lesen war „Do bin ich mit meiner Marie 30 Mol um den Kreisel gefahr.“ Verrückt werden könne man auch mit dem Navi im Auto. „Halten Sie sich links!“, rief die Stimme. Da habe er sich, verblüfft wie er war, am Gurt über der Fahrertür festgehalten. „Awwer dann hat sie’s iwwertribbe. ,Fahren sie im Kreisverkehr geradedaus’, hat sie gesagt.“ Was dann passierte, kann sich jeder denken. In seiner Verzweiflung habe Opa Härtschd das Navi in die Ecke geworfen und hinterher gerufen: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“ Ähnliche Schwierigkeiten hat Opa am Geldautomaten, wenn er die PIN-Nummer eingeben muss oder mit der Krankenkasse: „Die Brill kriegschd net bezahlt, awwer Viagra. Die Quintessenz: Fortpflanze derfschd, awwer net sehne, was dobei rauskommt.“ Oliver Betzer schildert Situationen, in denen sich jeder Hörer finden kann, die er selbst schon erlebt hat. Nur baut er diese Geschichten so grotesk und humorvoll aus, dass sich die Hörer kringeln vor Lachen. Er hat aber auch die Gabe, der Unzulänglichkeit der Welt und der Menschen, den Schwierigkeiten und Missgeschicken des Alltags mit heiterer Gelassenheit zu begegnen. „De Härtschd“ darf reden, wie ihm sein pfälzischer „Schnawwel“ gewachsen ist, darf fröhlich Kind (oder Opa) sein in einer Welt, die zunehmend kälter wird. Betzers Sprache mag zuweilen frech, ja sogar leicht vulgär sein, aber hinter dem Comedian verbirgt sich ein tiefsinniger Mensch, dessen Humor auch doppeldeutig und durchaus auch sozialkritisch sein kann. Denn im RHEINPFALZ-Gespräch zeigt sich der 48-jährige Berufsschullehrer als ein Mensch, hinter dessen fröhlicher Fassade ein mitfühlender, nachdenklicher Mensch steckt. Sein Beruf bedeute ihm alles, bekennt er, und als Ausgleich für die oft frustrierende Arbeit sei „de Härtschd“ entstanden, den er nun schon seit 30 Jahren verkörpert. In Kittelschürze, hochgesteckten Haaren und mit Rollator betritt Betzer im zweiten Set die Bühne. 75 Jahre sei sie verheiratet, verrät Oma Härtschd, und keinen einzigen Tag habe sie an Scheidung gedacht. „Awwer an Mord. Ich sach jo: in jedem Mann steckt ebbes Gutes, un wann’s e Messer is.“ Wahre Liebe sei, bekennt sie, wenn man sich mit 80 noch einen Klaps „uff de Bobbes gebt – egal wo’rer hängt!“

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