Kaiserslautern Partystimmung im Gotteshaus

Intensive Momente: Kathy Kelly in der Apostelkirche.
Intensive Momente: Kathy Kelly in der Apostelkirche.

Partystimmung vor dem Altar: Kathy Kelly, Mitglied der berühmten Kelly Family, feiert großes Bühnenjubiläum und das mit einer „Gospeltour“ durch bedeutende Konzertsäle und Kathedralen Europas. Am Freitag beehrte sie die Apostelkirche für ein Gemeinschaftskonzert mit dem Lautrer Lucky-Voices-Chor. Und Kelly erzeugte eine wahrhaft grandiose Konzert-Stimmung in dem sakralen Gemäuer.

Als Barbara Ann Kelly – Mutter von insgesamt acht Kindern der Kelly Family – im Jahr 1982 starb, übernahm die damals 19-jährige Kathy Kelly die Mutterrolle für ihre kleineren Geschwister. Sie wurde zur Hauptkomponistin und später – in der Hochzeit der Kelly Family – zum organisatorischen Kopf der Familienband, nachdem Vater Dan, paralysiert von einem Infarkt, diese Aufgabe abtreten musste. Die Frage, ob die Kellys auch ohne Kathy die Band geworden wären, die sie heute sind, stellt sich da automatisch. Keine Frage ist jedoch, das Kathy auch ohne ihre Familie im Rücken die Fans begeistern kann. Wenn sie an diesem Abend eines bewiesen hat, dann das. Beim Betreten der Apostelkirche ertönte die sanfte und fast engelsgleiche Melodie von „Greensleeves“ in dem Gemäuer. Zwischen Piano und Flöte schwebte die Stimme von Kathy Kelly durch den Raum, hinein in ein ergreifendes „Scarborough Fair“ – mal klassisch angehaucht, dann mit rockiger Inbrunst. Um es kurz zu machen: Kathy Kelly ist eine begnadete Musikerin und ein stimmlicher Orkan. Mit Akkordeon, Gitarre, Geige und einem Stimmvolumen, das die Wände der evangelischen Stadtkirche erzittern ließ, verwandelte sie das Gotteshaus in eine Konzertarena. Wer sie noch aus Zeiten der Kelly Family kennt, bemerkte sofort: Die Frau ist mit knapp 55 Jahren und ein paar Falten mehr im Gesicht zwar älter geworden, klingt aber keinen Deut leiser oder zurückhaltender. Mit einem seltenen Schneid – und ein wenig Wasser mit Ingwer für die Kehle – wechselte sie von feurigen Rocknummern über emotionale Klassik und spanischen Flamenco bis hin zu traditionell irischer Folklore. Der amerikanische Gospel zeigte hier und da seine Einflüsse. Wenn eine Kathy Kelly zu Leonard Cohens ewigem „Halleluja“ antritt oder mit ihrer klassisch ausgebildeten Stimme Schuberts „Ave Maria“ stilvoll und wohl ausgeziert intoniert, löst das nicht nur überschwänglichen Applaus aus, sondern auch Tränen der Rührung und Freude in den Gesichtern ihrer Zuhörer. Das Publikum in der Apostelkirche verlor sich fast ausnahmslos in diesen intensiven und fast schon intimen Augenblicken, und viele unterdrückten den Drang, das Smartphone zu zücken und diese flüchtigen Moment festzuhalten. Immer wieder nahm sie die Kelly-Family-Fans mit auf eine Zeitreise durch die alten Kelly-Klassiker-Stücke wie „Fell In Love With An Alien“ oder „Angel“. Sie ließen das Publikum – darunter viele Besucher höheren Alters und einige mit körperlichen Beschwerden – sich von ihren Sitzen erheben, klatschen, stampfen und mitsingen. Ein Bild und ein Klang, wie man sie in den 90ern bei jedem Kelly-Konzert erlebte. Eine Atempause war da irgendwann nur allzu nötig und gab den Sängern des Chors Lucky Voices die Gelegenheit, ihre Stimmen erklingen zu lassen. Denn auch wenn Kathy Kelly zweifellos der Ehrengast des Abends war, war es doch eine Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Chor unter der Leitung von Christiane Fritzinger. Die Sänger stellten den Rahmen für Kelly und begeisterten mit einer wunderbaren Mehrstimmigkeit, die sich später am Abend in einem Duett mit der Musikerin zum Klangspektakel steigern sollte. Ein Genuss zu hören, wie Chor und Kelly sich in voller Schönheit ergänzten. Und je später der Abend, desto ausgelassener die Stimmung auf der Bühne und in den Bänken. Mit der amerikanischen „Battle Hymn of the Republic“ haben sich die Gäste der Apostelkirche offiziell in einen Gospel-Chor verwandelt. Fazit: Kathy Kelly ist kein Relikt der Kelly-Family-Ära, sondern eine grandiose Musikerin, die ihre vielen Talente ergreifend ausspielt und damit begeistert. Ein spektakuläres Konzert!

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