Kaiserslautern Ohne Läuten geht es nicht

Erinnert sich: Arnold Jung war beim Gießen der Glocke dabei.
Erinnert sich: Arnold Jung war beim Gießen der Glocke dabei.

«Erzenhausen/Eulenbis.»Dass ihnen das Glockengeläut am Herzen liegt, haben die Erzenhausener und die Eulenbiser Bürger mehr als einmal bewiesen. In beiden Dörfern gab es nie ein Gotteshaus, die Menschen gehörten dem Kirchenbezirk Weilerbach an. Auf den Klang der Glocken in ihrem Ort wollten sie jedoch nicht verzichten. Mehrfach setzten sie alle Hebel für das „Mitteilungsorgan“ in Bewegung.

Die Dorfglocke von Erzenhausen steht neben dem Sängerheim in der Ortsmitte, das von 1832 bis 1970 als Schulgebäude genutzt wurde. Ortsbürgermeister Klaus Urschel, Jahrgang 1961, erinnert sich an seine Grundschulzeit: „Wir waren vier Klassen in einem Saal, insgesamt vielleicht 20 Schüler, und in meinem Jahrgang waren es gerade mal vier. Da haben die Großen den Kleinen geholfen.“ Er weiß noch gut, dass die Schüler und auch er nur in Ausnahmen und auf Geheiß an der Kette ziehen durften, die die gusseiserne Glocke unter dem Dach des metallenen Turms zum Schwingen brachte. Schon früher hatte die Glocke eine große Bedeutung für die Erzenhausener. Wie die Dorfchronik berichtet, war ihr Läuten wohl schon im 18. Jahrhundert zu hören, doch in amtlichen Dokumenten wird sie erst 1832 erwähnt. Nachdem sie im Spätsommer 1856 aus unerfindlichen Gründen zersprungen war, musste eine neue her, und zwar eine, die deutlich schwerer sein sollte als die bisherige, die rund eineinhalb Zentner wog. Wegen des Gewichts wurden jedoch Bedenken geäußert, sodass nach einigem Hin und Her im Folgejahr eine Glocke von 166 Pfund installiert wurde. Im Zuge des Dachstuhlausbaus musste das Türmchen auf dem Dach 1871 weichen und im Schulhof wurde ein hölzernes Gestell gebaut, das mit den Jahren marode wurde. 20 Jahre später nahm der Gemeinderat einen eisernen Glockenstuhl samt eisernem Joch „mit voller Zufriedenheit“ ab, heißt es in den Annalen.

Zweimal zerspringt die Erzenhauser Glocker

Doch wieder hatten die Bürger Pech. 1909 zersprang die Glocke erneut – und wieder aus unerklärlichen Gründen. Noch im gleichen Jahr erfüllten sich die Erzenhausener jedoch den Wunsch nach einer größeren Glocke, die von der Firma Pfeiffer in Kaiserslautern gegossen wurde. Sie bestand aus Kupfer und Zinn, ihr Ton war das F und sie wog 120 Kilogramm. Diese Freude währte bis 1917, als mit dem Ersten Weltkrieg der „Hunger nach Metall“ kam. Die Erzenhausener wehrten sich erfolglos dagegen, ihre Glocke zur Sammelstelle nach Kaiserslautern bringen zu müssen. Bereits ein Jahr später hing eine Gussstahlglocke im Turm, die die Jahreszahl 1918 als Aufschrift trägt. Heute ist sie stumm. An ihrer Stelle läutet die neue Glocke auf dem Friedhof zur Mittags- und Abendszeit und bei Trauerfällen. Gerade die älteren Bürger bedauern das. „Ich höre immer wieder, dass die alte doch viel schöner klingt“, erzählt Urschel. Vor zwei, drei Jahren habe sie noch einmal geläutet, als die Steuerung der neuen Glocke ihren Dienst versagte.

Viel Eigeninitiative für neue Glocke 

Kein Geläut? Das war auch im Nachbardorf Eulenbis ein Thema. Es muss wohl in den 1960er Jahren gewesen sein, dass der Turm beim ehemaligen Schulhaus, der dem in Erzenhausen ähnelte, baufällig geworden war. Hinzu kam ein Sprung in der Glocke selbst. Ein Schmiedeversuch verschlechterte den Klang. „Das Geläut hörte sich an wie ein Blecheimer“, sagt Arnold Jung, der sich bestens mit der örtlichen Geschichte auskennt. Also wurde die Anlage stillgelegt, was dazu führte, dass bei Beerdigungen das Geläut der Weilerbacher Kirche vom Band abgespielt wurde. Ein Unding, befanden einige Bürgerinnen, die sich zusammentaten, um einen Landfrauenverein zu gründen, der in den ersten Jahren von Jungs Frau Marianne angeführt wurde. Über zehn Jahre wurden Straßenfeste und andere Aktivitäten organisiert, bis schließlich mehr als 8000 Deutsche Mark zusammengetragen worden waren. Damit konnten der Guss einer neuen Glocke und der hölzerne Turm finanziert werden, der am Ortsrand nicht weit vom Eulenkopfturm errichtet wurde. Das Gießen selbst durch die Hand der ersten Glockengießermeisterin erlebte Jung in Brockscheid in der Eifel hautnah mit. „Das war schon ein besonderer Moment“, sagt er. Als Erinnerung an diesen Tag erhielt er eine kleine Glocke aus Messing, auf der zwei Eulen sitzen. Dieser Tag war wohl so eindrücklich, dass er ein Gedicht verfasste, das er zur Einweihung am 29. Mai 1986 vortrug. Ortsbürgermeister und Pfarrerin hielten eine Rede und der Männergesangverein brachte Lieder zu Gehör. Zudem überreichten Eulenkopfverein und Sänger einen symbolischen Spendenscheck.

Signalhörner bis vor 150 Jahren

Etwas mehr als 150 Jahre zuvor waren in dem Höhendorf die Signalhörner zur Seite gelegt worden, in die zum Beispiel bei Feuer gestoßen wurde. 1835 erhielt Eulenbis seine erste Glocke aus Stahl, die ihren Platz auf einem Holzgestell im Schulhaus fand, wie Jung berichtet. 1872 wurde sie durch eine neue Glocke ersetzt, diesmal in einem Turm auf dem Dach. Der Dachstuhl war jedoch für die Kräfte der Schwingungen nicht ausgelegt, sodass sie nach sechs Jahren auf einem Metallgestell neben dem Gebäude montiert wurde. Doch auch diese Ära währte nicht allzu lange, denn auch hier streckte der Krieg seine Finger nach dem Metall aus und die Glocke wurde 1917 eingeschmolzen. Gerade mal ein Jahr später konnten sich die Eulenbiser wieder über ein Geläut freuen, denn flugs hatten sie über ihren Glockenfonds eine neue Glocke finanziert, die die Jahreszahl 1918 trägt. Dieses gute Stück ruht heute wenige Schritte von ihrer deutlich jüngeren Nachfolgerin. Sie ist um 11 und um 18 Uhr, bei Sterbefällen, vor Beerdigungen und den monatlichen Gottesdiensten je nach Wind im ganzen Dorf zu hören. Die Serie Zum christlich geprägten Abendland gehört das Glockenläuten dazu. Aber auch an Profanbauten sind die Instrumente zu finden. In der Serie „Klinget, ihr Glocken“ stellen wir Glocken und Menschen, die mit ihnen zu tun haben, vor.

Einmal ziehen, bitte: Klaus Urschel läutet die Dorfglocke.
Einmal ziehen, bitte: Klaus Urschel läutet die Dorfglocke.
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