Kaiserslautern Nachruf auf Otto Kern: Eine Marke für Kaiserslautern

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Wie er sich gerne gab: Otto Kern salopp angezogen und leger auf dem Sofa.

Er wurde zu einer Marke, einer Marke für die Mode und einer Marke für Kaiserslautern. Der Modedesigner Otto Kern, der am Sonntag im Alter von 67 Jahren in Monte Carlo verstarb, begründete seinen Weltruhm in der Barbarossastadt.

Er war eine schillernde Persönlichkeit, die Kaiserslautern in der Modewelt in den 1970er, 1980er und 1990er Jahren zu einem Begriff machte. Als Hemdenproduzent startete Otto Kern seine Karriere auf dem Modemarkt. Schnell avancierte er zum Hemdenkönig und mit dem Ausbau seiner Kollektion für Damen und Herren zu einem Top-Modedesigner in Deutschland. Seinen Weltruhm begründete der ursprüngliche Jurastudent Anfang der siebziger Jahre mit dem Entwurf und der Produktion von Herrenhemden in der Schneiderei seiner Mutter in Kaiserslautern. Halb Kaiserslautern erinnert sich heute noch an die schrillen, engtaillierten Hemden, die er damals als Jungspund auf den Markt brachte. Es waren Hemden mit großem und kleinen Kragen in den poppigsten Farben. Viele damalige Käufer haben sie heute noch im Schrank zu Hause.

Auch Frauen rissen sich um die Hemden

Die Herrenhemden wurden zu einem Verkaufsschlager. Auch die Frauen rissen sich um sie. Es gab mehr Nachfrage als Angebot. Als Konsequenz daraus brachte Kern die erste Damenkollektion heraus. In der Folge baute er seine Kollektion weiter aus. Exklusive Hemden und Blusen, Hosen und Röcke, Jeans, T-Shirts, Leder- und Strickwaren, Krawatten, Jacken, Boxershirts und vieles mehr gehörten dazu. Parfüms und Kosmetika unter seinem Namen kamen hinzu. 1990 erreichte der gebürtige Nürtinger mit seinem Unternehmen Otto Kern GmbH & Co. KG einen Umsatz in Höhe von 130 Millionen Mark, ohne das Lizenzgeschäft. Er wurde zur größten deutscher Designer-Marke, lag umsatzmäßig vor Jil Sander und Joop. Seine Kollektionen wurden im gehobenen Fachhandel und in Boutiquen in Europa und in Übersee vertrieben.

250 Mitarbeiter in Kaiserslautern

Der Firmensitz seines Modeimperiums in der Augustastraße in Kaiserslautern wurde mit dem geschäftlichen Erfolg beträchtlich erweitert. Zeitweise waren 250 Mitarbeiter in der Zentrale in Kaiserslautern tätig. 3000 Mitarbeiter arbeiteten phasenweise weltweit in Auftragsproduktionsstätten für ihn. Der Erfolg machte aus Otto Kern, dem kreativen Geschäftsmann mit der langen Haarmähne, einen Jetsetter und Womanizer. Er pendelte zwischen Paris und Kaiserslautern hin und her. Kaiserslautern bedeutete für ihn vor allem Arbeit mit seinem Team, tagelang, nächtelang. Er brachte den Duft der großen, weiten Modewelt nach Kaiserslautern. Er ehelichte vier Frauen, seine dritte Frau „Dana“ starb tragisch bei einem Verkehrsunfall auf der A8 in Bayern. Sein Leben spiegelte sich in der Regenbogenpresse in bunten Bildern und Berichten wider.

Rückzug aus Kaiserslautern

Die 1990er Jahre brachten wirtschaftliche Schwierigkeiten, den Übergang des Unternehmens in andere Hände und schließlich den Rückzug des Modelabels aus Kaiserslautern. Im Dezember 1993 verkaufte Otto Kern 60 Prozent seines Unternehmens an die MHM Mode Holding München AG, die ein Jahr später an die Börse ging. Im Juli 1996 übernahm der Modehersteller Hucke AG, Lübbecke, mit 80 Prozent die Aktienmehrheit an der MHM Holding München. Im September 1996 wurden Belegschaft und Betriebsrat in Kaiserslautern darüber informiert, dass das Unternehmen nach München umzieht. Seit 2000 gehört die Marke Kern zur Ahlers AG, Herford. Im Spätjahr 2000 schlossen die beiden Otto-Kern-Läden in der Eisenbahnstraße.

Kritiker sahen religiöse Gefühle verletzt

Für einen Aufreger, an den die Kaiserslauterer noch heute zurückdenken, sorgte der Modedesigner mit seinem Kollektionskatalog Frühjahr/Sommer 1994. Er nutzte die Darstellung des Abendmahls für eine Werbekampagne. Auf dem Werbefoto waren ein männlicher Jesus und weibliche Jünger zu sehen, die Jeans des Modeherstellers trugen, oberhalb der Gürtellinie aber gänzlich unbekleidet waren. Die Werbekampagne löste heftige Kritik aus. Kritiker sahen religiöse Gefühle verletzt und warfen dem Modedesigner Sexismus vor. Der Deutsche Werberat rügte die Werbekampagne. Unter dem Druck zog Otto Kern das Abendmahl-Motiv zurück.

Gewinn für die Stadt gewesen

In Kaiserslautern war der Tod des sich ins Privatleben zurückgezogenen Modedesigners, der im Alter von 67 Jahren in seiner Wahlheimat Monte Carlo an Herzstillstand verstarb, Gesprächsstoff. Hanno Scherer, der frühere Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Mittelrhein/Rheinhessen-Pfalz, erklärte, er sei imageprägend für Kaiserslautern gewesen. Er sei ein Gewinn für die Stadt gewesen. So einen Anziehungspunkt würde er sich für Kaiserslautern wieder wünschen. Die Läden in der Eisenbahnstraße seien Frequenzbringer gewesen. Leute von weither seien nach Kaiserslautern gekommen, um in ihnen einzukaufen. Die Boutiquen seien ein frühes Factory Outlet gewesen. Scherer erklärte, er liebe bis heute die Mode von Otto Kern. Einerseits aus Lokalpatriotismus, andererseits weil die Mode aktuell, auf der Höhe der Zeit sei. Der Jurist sagte, er habe Otto Kern bereits beim Verband der Bekleidungsindustrie juristisch beraten. Otto Kern selbst trug am liebsten praktische Kleidung, weil er viel unterwegs sei, wie er einmal verriet. Blaue Blazer mit Jeans und gestreiftem Hemd mit weißem Kragen oder Jeans mit schwarzer Motorradjacke, schwarzem Hemd und Cowboyjacke. Gnadenlos kanzelte er in diesem Zusammenhang die Kleidung von Geschäftsleuten ab, die in der Frühmaschine sitzen, gut verdienen, aber alle gleich wie graue Mäuse aussähen.

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