Kreis Kaiserslautern Mutige Selbstbehauptung

Nicole Hager als Maria (links), Steffi Asel als Waltraud und Paul Hager als Jakob in einer Szene aus „Eine ganz heiße Nummer“: D
Nicole Hager als Maria (links), Steffi Asel als Waltraud und Paul Hager als Jakob in einer Szene aus »Eine ganz heiße Nummer«: Das Sägewerk schließt, der Dorfladen steht vor der Pleite – drei Frauen haben daraufhin die Idee, ihre Kasse mit Telefonsex aufzufüllen. Not macht eben erfinderisch.

„Not macht erfinderisch“ und „Sex sells“ – zwei Wahrheiten, die ihre Gültigkeit haben und die das aktuelle Stück der Creativ Bühne Trippstadt aufgreift. Dabei birgt die Komödie von Andrea Sixt „Eine ganz heiße Nummer“ durchaus mehr als oberflächliches Geplänkel, wenngleich sich das Publikum köstlich amüsierte. Am vergangenen Samstag wurde in der voll besetzten Heidenkopfhalle Premiere gefeiert.

Der größte Arbeitgeber des Ortes, das Sägewerk, schließt, und der Dorfladen steht vor der Pleite. Geldnot und Existenzängste machen sich in Trippstadt breit. Eine triste Situation. Da muss eine Idee her, die schnell Geld in die Kasse von Maria (Nicole Hager), Waltraud (Steffi Asel) und Lena (Sarah Jörg) spült, denn der Banker Stefan Sonnleitner (Tom Hager) hat schon an die Tür des ABC-Marktes geklopft. Willi (Fabian Hertel) ist derjenige, der eher beiläufig die drei Frauen auf die Idee bringt, mit Telefonsex ihre leere Kasse zu füllen. „Was ist schon dabei? So ein bisschen Gestöhne, als ob du dir das Knie angestoßen oder Rückenschmerzen hast“, wirbt Maria für diese Einnahmequelle und kann letztlich ihre beiden Mitstreiterinnen überzeugen. Jetzt gilt es für die Alleinstehende mit pflegebedürftigem Vater, für die Ehefrau, die fortan die Familie alleine durchbringen muss, und für die junge Katholikin, Anregungen für diesen neuen Geschäftszweig einzuholen. Das passiert in „Lui’s Popp-Shop“, den die drei Frauen mit Hut, Sonnenbrille und Trenchcoat aufsuchen und mit allerlei Anschauungsmaterial verlassen. Hier gibt’s eine der Tanzeinlagen, wenn vier rosa „Ganzkörperkondome“ über die Bühne fegen und die drei anonymen Einzelhändlerinnen wie Ölgötzen dastehen. Aber wie bringt man das neue Gewerbe in Schwung? Flugzettel müssen her, und die werden inkognito im ganzen Ort an Schaufenster und Türen geklebt, wie in einem der beiden Videos zu sehen ist. Da zerknüllt eine Ladenbesitzerin kopfschüttelnd das Papier, und ihr Mann steckt es heimlich in seine Hosentasche. Auch Ortsbürgermeister Manfred Stahl ist als Darsteller involviert und packt den Zettel zwischen seine Akten. Immer wieder bricht das Publikum in Gelächter aus. Zum Beispiel, als die drei Frauen ihre ersten „Gehversuche“ in lasziver Gesprächsführung machen. „Ich will dich“, versuchen sie glaubhaft in den Hörer zu hauchen, was anfangs gehörig daneben geht, doch schon bald die Männer antörnt und selbst den Bischof zum Stammkunden macht. Vordergründig geht es zwar darum, wie sich die drei Frauen behaupten und versuchen, ihr Tun vor allem vor den Gegenspielerinnen Gerti (Anette Bütterich-Heigl) und Hilde (Marika Dully) sowie dem Pastor (Johannes Heigl) zu verheimlichen. Jedoch steckt weitaus mehr dahinter, etwa die Problematik der sterbenden Geschäfte auf dem Land, der Arbeitslosigkeit mit Existenzen dahinter oder auch der doppelten Moral und Heuchelei. Mit enormem Aufwand und einem Füllhorn an Fantasie hat die Darstellertruppe die zweieinhalbstündige Komödie umgesetzt. Das zeigt sich etwa in der Musikauswahl, die die Aussage einzelner Szenen untermalt, dem häufig wechselnden Bühnenbild oder der Technik gepaart mit einer Spielfreude, die die Zuschauer in das Geschehen katapultiert, das so manchem den Spiegel vorhalten dürfte. Tom Hager gab damit sein Regiedebüt. Mut braucht es, um sich an solch ein Stück, das nicht als jugendfrei durchgeht, heranzuwagen. Darüber sei in gemeinsamer Runde an einem lauen Sommerabend beratschlagt, die Entscheidung dafür von Steffi Asel getroffen worden, berichtet Vorsitzender Fabian Hertel. „Wir wagen es, auch wenn es etwas Neues und ganz anders ist. Es ist ja humorvoll und charmant verpackt“, sagt er. Lutz Rother, der den Inhaber des Erotikshops mimt, ergänzt: „Wir wissen um die Brisanz und erhoffen uns auch, dass die gesellschaftliche Thematik zu kontroversen Diskussionen führt. Liebend gerne können uns die Leute ansprechen.“ Ein Anspruch ganz im Sinne von Kulturschaffenden. Info Von den weiteren vier Aufführungsterminen sind zwei ausverkauft. Karten sind noch für Samstag, 20., und Samstag, 27. Oktober, jeweils um 20 Uhr, zu haben: im Internet auf www.creativ-buehne.de oder bei „Tee trifft Blume“ für elf Euro .

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