Kreis Kaiserslautern Mit jedem Schild ein Stück Geschichte enthüllt

Dieter Schlosser hängt an seinem historischen Haus von 1648 auf dem Messerschwanderhof bei Otterberg ein Schild zu den Täuferspu
Dieter Schlosser hängt an seinem historischen Haus von 1648 auf dem Messerschwanderhof bei Otterberg ein Schild zu den Täuferspuren auf.

Das „Täuferspuren“-Projekt unter der Schirmherrschaft des Mennonitischen Geschichtsvereins schreitet seinem Ziel von 60 Spurenschildern bis 2020 zügig entgegen: Am Samstagvormittag enthüllten Nachfahren der mennonitischen Familie Rubel an einem ehemals in Familienbesitz befindlichen Gehöft auf dem Messerschwanderhof bei Otterberg das nächste Täuferspurenschild. Schwerpunkte des Projekts sind der Raum Zweibrücken, Westpfalz sowie Rheinhessen.

Ruth Schäfer, geborene Würtz, aus Wartenberg-Rohrbach schwelgt in Kindheitserinnerungen. „Sonntags sind wir zu Fuß eine Stunde durch den Wald hierhergelaufen“, erinnert sich die Nachfahrin der ehemaligen Besitzer. Ihre Mutter sei noch in dem Haus geboren worden, welches aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stamme. Später heiratete diese ihren Vater, einen Mennoniten von der Wartenberger Mühle, wo die Familie dann wohnte. 300 Jahre lang prägten überwiegend die Familiennamen Rubel und Krebill, ihres Zeichens mennonitische Glaubensflüchtlinge aus der Schweiz, die Geschichte des Münchschwanderhofes. Niclaus und Christel Rubel waren 1695 die ersten aus der Schweiz geflüchteten Täufer, die den Messerschwanderhof pachteten. Über 500 Jahre war dessen überlieferte Geschichte da bereits alt. Der Hof gehörte ursprünglich zum Kloster Otterberg und kam später in kurpfälzischen Besitz. Die ersten Jahre müssen für die neuen Pächter sehr mühsam gewesen sein. 1724 erbaute man das untere, 1748 das obere Hofhaus. Beide Gebäude sind noch heute mit ursprünglicher Sandsteinfassade und verputztem Fachwerk zu sehen. Neben der Landwirtschaft betrieben die Besitzer hier eine Ziegel-, Kalk- und Schnapsbrennerei. 1807, während der französischen Besatzungszeit, konnte Adam Rubel vom oberen Hof, zusammen mit seinem Verwandten Johannes Rubel vom unteren Hof, das Anwesen von den Franzosen ersteigern. In den Revolutionskriegen um 1792/93 war ein französischer Stab Soldaten im ersten Stock des oberen Hofes einquartiert. Auf dramatische Ereignisse im Laufe der Geschichte weist Projektkoordinatorin der „Täuferspuren“-Schilder, Sibylla Hege-Bettac, in ihrem Vortrag hin. „Peter Rubel wird um 1792 von Pferdedieben am Fenster seines Schlafzimmers, was jetzt mein Zimmer ist, erschossen. Manchmal denke ich daran, wenn ich nachts das Fenster öffne oder schließe und auf den gegenüberliegenden Pferdestall schaue, der jetzt ein Wohnhaus ist.“ Der untere Hof wurde 1816 an die Mennoniten Friedrich Krebill und seine Ehefrau Anna, geborene Risser, weiterverkauft. Wirtschaftliche Schwierigkeiten zwangen die Betreiber 1831 zur Auswanderung nach Amerika. Etliche Nachkommen der Familien Rubel und Krebill leben heute in den USA. Häufig erreicht die Mennonitische Forschungsstelle Weierhof, unter der Leitung von Astrid von Schlachta, Anfragen zur Familienforschung. Den oberen Hof bewirtschaftete noch bis 1995 ein Rubel-Nachfahre. Seit 2008 wird das Gehöft von Sibylla Hege-Bettac und ihrem Lebensgefährten Dieter Schlosser bewohnt. Weitläufig ist auch Hege-Bettac mit der Familie Rubel verwandt. „Wenn man bei den Mennoniten an einer Ecke ruckelt, wackelt es an einer anderen“, lautet ein geflügeltes Wort, das die über Jahrhunderte gewachsenen, engen verwandtschaftlichen Beziehungen untereinander beschreibt. Ähnlich ergeht es auch Martina Würtz-Flätgen. Sie ist an diesem Morgen von Kerzenheim-Rosenthal angereist, um auf den Spuren ihres Vorfahren Heinrich Würtz zu wandeln. Dieser stammte vom Hochspeyerer Münchhof und war ein Nachfahre Anna Maria Rubelins vom Messerschwanderhof, die 1797 auf den Münchhof geheiratet hatte. Etwa 35 Vertreter verschiedener Mennonitengemeinden, Geschichts- und Heimatforscher, Interessierte und Nachkommen früherer Bewohner waren zu der Enthüllung der Gedenktafel am Samstag erschienen. „Als Tag für die Enthüllung des Täuferschildes, haben wir den heutigen Lichtmesstag gewählt, ein Tag alten Brauchtums. Heute treffen sich keltische, jüdische und christliche Traditionen“, führte Sibylla Hege-Bettac aus.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x