Kaiserslautern Kunst und Klamauk ködern die Kleinen

Die Zielgruppe fest im Blick: das Rennquintett um den Trompeter Peter Leiner (rechts).
Die Zielgruppe fest im Blick: das Rennquintett um den Trompeter Peter Leiner (rechts).

Erstaunlich, dass ausgerechnet Sinfoniker mit dem Vorurteil von Spezialisten eine solch vorbildliche Konzeption eines Kinderkonzertes vorstellen: Das Rennquintett war am Sonntag in der Veranstaltungshalle der Gartenschau nicht nur spielerisch versiert und stilistisch im Cross-over bewandert. Man schaffte auch wirkungsvoll, lebendig sowie publikumsnah den Zugang zu den vielen Kindern im dicht besetzten Publikum.

Kunst und Klamauk beim zirzensisch inspirierten Einmarsch: Da gab’s infolge spielerischer Effekte wie Flatterzunge oder Glissando auch mal was zu lachen, obwohl diese Ausdrucksmittel hier beim Eröffnungs-Blues „Just A Closer Walk“ Stilmittel und keine Folge von Ansatzprobleme sind. Überhaupt kokettieren die fünf Blechbläser bei ihrem Konzertprogramm „Von Bach bis Blues“ mit ihrem Cross-over, das nicht nur ständiges Changieren der klassischen Gattungen wie Intrade, Fuge oder Konzert mit Film- und Unterhaltungsmusik beinhaltet, sondern sogar collagenhaft in Medleys mit (Kinder-)Filmmelodien kurze Ausschnitte zu einem kunterbunten Pasticcio verwebt. Nicht nur eine interpretatorische Offenbarung, sondern auch eine hohe Kunst der Arrangeure, die man getrost neben den Komponisten auch erwähnen sollte. Wann ist ein Kinderkonzert als gelungen zu betrachten? Wenn es Kinder da abholt, wo sie stehen: bei Filmmusiken zu zeitlosen Kinderbuch-Klassikern wie dem „Dschungelbuch“ oder „Heidi“ sowie zur „Sendung mit der Maus“ etwa. Oder wenn das Konzert zu Unbekanntem geschickt hinführt: etwa am Beispiel der Fuge g-moll von Johann Sebastian Bach, die erst als gesondertes Fugenthema und dann in kompletter Aufführung vorgestellt wurde. Oder wenn es zu einem Ratequiz animiert: Welche Instrumente sind beim Themeneinsatz beteiligt und wie oft? So wurde die Distanz zwischen Podium und Publikum aufgebrochen, das Ratespiel machte sichtlich Spaß. Dass diese Bach-Bearbeitung mit ihren minutiös aufgeschlüsselten kontrapunktischen Verästelungen, Figurationen und Kolorierungen in Trillerketten am Rande auch eine interpretatorische Glanzleistung war, machte die Sache für die erwachsenen Begleitpersonen noch spannender. Ein weiterer Einfall, um Kinder bei Laune zu halten, sind Überraschungs- und Überrumpelungseffekte: Ausgerechnet das schwergewichtige Instrument mit der größten Bodenhaftung, die Basstuba von Ralf Rudolph, hob beim aberwitzig brillanten „Hummelflug“ von Rimski-Korsakow zum Abflug an – ohne Bauchlandung, weil der Tubist Geschmeidigkeit bei der Ventilnutzung mit lockerem Ansatz paart. Klasse! Wenn die Tuba schon Kapriolen schlägt, sind erstrecht Uwe Zaiser und Peter Leiner auf verschiedenen Trompeten gefordert: Leiner mit einer etwas zu klassischen (ohne Vibrato und Glissando der Überleitungen) Version von Leroy Andersons „Trumpet’s Lullaby“. Und Uwe Zaiser auf der Piccolo-Trompete bei der festlichen, intradenhaften Klangpracht des Rondos von Jean-Joseph Mouret, das er im ganz großen Stil und in gestochen klarer Artikulation bravourös meisterte. Bliebe noch der auf Euphonium (Baritonhorn) und Zugposaune sich auszeichnende Jochen Scheerer, dessen große Stunde mit dem „Säbeltanz“ aus einer Ballettmusik von Chatschaturjan schlug. Und auch hier bewältigten alle die Tücken der Partitur in Rasanz und Brillanz trotz heikler Akzentverschiebungen und dem Wechselspiel aus Impuls und Nachschlag. Die 1987 ursprünglich als Blechbläser-Ensemble des damaligen SWR-Rundfunkorchesters gegründete Formation hat mit Ausnahme der verschieden besetzten Horn-Position seitdem eine beständige Ensemble- arbeit geleistet. Beim Waldhorn ist jetzt Uwe Tessmann am Zug – Pardon: auf den richtigen Trichter gekommen. So klang alles wieder wunderbar homogen und im Klang rund, denn letztlich muss trotz lebendiger Moderation und origineller Konzeption auch die künstlerische Seite stimmen.»

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