Kaiserslautern Kostbarkeiten, die betroffen machen

Muten ein wenig wie Küchengeräte an: Hörrohre aus der Beethoven-Ausstellung.
Muten ein wenig wie Küchengeräte an: Hörrohre aus der Beethoven-Ausstellung.

Kulturschätze, die sonst nur im Bonner Beethoven-Haus, dem Geburtshaus und der Forschungsstelle zum Wiener Klassiker zu sehen sind, können bis 8. April im Theodor-Zink-Museum bewundert werden. In Kooperation mit der Bonner Forschungsstelle und als Leihgabe für den programmatischen Schwerpunkt mit Beethovens Oeuvre in der laufenden Konzertsaison konnten diese Kostbarkeiten bereitgestellt werden.

Es handelt sich dabei um Schriftsätze, Partituren des Komponisten in Form von Autographen und Erstausgaben ebenso wie um Fotographien (von Bonner Museumsexponaten wie von Instrumenten) und Zeichnungen oder Gemälde. Der Leiter des Theodor-Zink-Museums, Bernd Klesmann, informierte bei der Ausstellungseröffnung über das Gemeinschaftsprojekt zwischen Bonn und Lautern und erläuterte die chronologisch aufgebaute Ausstellung zu Leben und Werk des Komponisten. Dabei führte das im Schaukasten ausgestellte Notenmaterial zu der an diesem Abend aufgeführten „Mondschein-Sonate“. Einzusehen sind aber auch Orchesterpartituren – etwa die der 9. Sinfonie. Nicht nur für den Musikwissenschaftler, auch für ausübende Musiker und Pädagogen dürfte das Schmökern in Schautafeln, das Betrachten von historischen Quellen und das Studieren von Exponaten an beiden Standorten des Stadtmuseums – Zink-Museum und Wadgasserhof – von unschätzbarem Wert sein. Führt es doch auch zu authentischen aufführungspraktischen Hinweisen, wie ersichtlich in einer Hinweistafel von Beethoven zu seinen damaligen Tempi. So werden exakte Metronomangaben den Tempoangaben zugeordnet, wobei die Viertelangaben zwischen 80 und 88 für Allegri aufschlussreich für offenbar damals wesentlich langsamere Tempi sein dürfte. Betroffenheit löst, so auch der Kulturamtsleiter Christoph Dammann in seiner Laudatio, die Ausstellung eines Hörrohres Beethovens aus, das auf dessen Erkrankung mit späterer Ertaubung hinweist. Ein neues Verständnis des Notenmaterials dürfte auch dem hier dargestellten Umstand geschuldet sein, dass die Herstellung des Notendrucks für die 9. Sinfonie immerhin eineinhalb Jahre dauerte. Fotografien seiner Musikinstrumente wie Bratsche und Hammerflügel führen auch zu weiteren aufführungspraktischen Fragen. Auch das Pfalztheater trägt zum Menschen- und Lebensbild der Beethoven-Zeit bei: Es stellt aus seinem Fundus ein Herrenkostüm dieser Epoche für die Ausstellung zur Verfügung. Nicht nur die Porträts von Willibord Joseph Mähler als Kniestück und Franz Hegis Radierung, die als Titelblatt zur Ausstellungseinladung fungiert, tragen zum Gesamteindruck bei. Auch Dammanns Vortrag widmete sich dem oft verkannten Beethoven-Bild der biographischen Forschung des 19. Jahrhunderts. Er setzte ein Bild zwischen Titan, Prophet, Klangästhet und Poet dagegen. Wer kurze, prägnante Komponistendaten liebt, findet oberhalb der als Konzertraum genutzten Scheune in der Galerie des Theodor-Zink-Museums eine Schautafel mit den wesentlichen Lebensstationen unter dem Aspekt der Wirren durch die Napoleonischen Truppen. Sie beendeten zuerst Beethovens Stellung als Bratscher bei der Bonner Hofkapelle durch die Invasion von 1794; es folgte 1805 die Besetzung seiner Wahlheimat Wien. Nicht nur an diesem Abend, auch in der laufenden Konzertsaison ist Beethoven in den Konzerten des Kulturreferats omnipräsent. Zuletzt bei den Kammerkonzerten am 19. Oktober und 23. November, aber auch bei den Konzerten mit „Talenten der Region“ am 24. November (wir berichteten). Alle drei regionalen Orchester werden Beethoven-Sinfonien in einem Zyklus präsentieren und durch verschiedene Orchestertraditionen (Radio Philharmonie, Staatsphilharmonie und Theaterorchester) und Dirigenten interpretatorisch zu unterschiedlichen Werkaspekten hinführen. Zu einem unerwartet sensiblen und feinfühligen Komponistenbild führte ausgerechnet mit der Konzertpianistin Sachiko Furuhata-Kersting eine Interpretin, die sonst eher mit packendem gestalterischem Zugriff für Furore sorgt. Doch an diesem Abend entdeckte sie beim Kopfsatz der „Mondschein-Sonate“ und dem Albumblatt „Für Elise“ eindeutig die klangpoetische Seite des Komponisten. Sie gestaltete, ja zelebrierte geradezu mit seismographischem Gespür die Feinheiten bei dessen Charakterstücken in klanglichen Schattierungen und mit einer auf Schumanns Romantik vorausweisenden Agogik. Ausstellung Bis 8. April, mittwochs bis freitags von 10 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr.

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