Kaiserslautern Kaiserslautern: Sternstunde des Jazz

Grandios: Jeanfrancois Prins und Jean-Yves Jung. Foto: girard
Grandios: Jeanfrancois Prins und Jean-Yves Jung.

Von Walter Falk

Die 66. Ausgabe der Jazzbühne am Freitagabend vor nahezu 300 Besuchern in der Fruchthalle war grandios. Unter dem Titel „Jazzbühne meets Jazz Guitar Masters“ war mit Jeanfrancois Prins der international renommierteste belgische Gitarrist zu Gast. Im Schlepptau hatte er den französischen Jazzorganisten Jean-Yves Jung sowie mit Bruno Castellucci aus Brüssel einen der besten Schlagzeuger Europas. Wieder eine absolute Sternstunde in dieser Reihe.

Das Besondere an den Gästen ist, dass alle drei Autodidakten sind und es trotzdem zu großer Könnerschaft und Renommee gebracht haben. Ihre Geschichte liest sich wie ein Who is Who des Jazz. So tourte Prins schon mit dem großartigen amerikanischen Saxofonisten Lee Konitz oder arbeitete mit Jazzgrößen wie Kenny Wheeler, Randy Brecker und Bill Evans. Castellucci war lange Zeit Mitglied in der Peter Herbolzheimer Bigband und spielte unter anderen bei Toots Tielemans oder im Count Basie Orchestra. Und Jung gilt als der beste Jazzorganist Frankreichs und leiht sich hin und wieder Ideen aus der Trickkiste der Gitarren-Größen. Was lag näher, als das Konzert als Tribute den größten Gitarristen zu widmen, von Django Reinhardt bis Wes Montgomery, John Scofield, Jim Hall und Pat Metheny.

Wie Prins hier all seine Könnerschaft in Technik und Ausdruck aufbot, um diese Edelsteine mit der sechssaitig-klassischen sowie der stahlbesaiteten Gitarre zum Schwingen und Leuchten zu bringen, war Balsam für alle Gemüter und Ohren. Allein schon, weil der 52-jährige Brüsseler all die Nuancen in der Anschlagskultur beherrschte, die man eigentlich nur von den klassischen Meistern gewohnt ist. Wenn er bei Titeln wie dem Opener „Four on Six“ seinen Daumen bewegte, konnte man es fast nicht sehen. Und wenn er die faszinierende, in den 1950ern kaum fassbare Oktavtechnik anwandte, war es, als stünde Wes Montgomery persönlich auf der Bühne.

Ein Arrangement von Feuerwerken, das delikate Harmonien, Melodie und Rhythmus zu einem brillanten Bild verschweißte, entfachte Prins mit Jim Halls Latin „All Cross The City“. Jazzrockig wurde es mit „Out of the City“ von John Scofield, der durch sein Spiel mit Miles Davis bekannt wurde. Ungewöhnliche Intervallsprünge und originelle Läufe bestachen ebenso wie seine beißenden wie fließenden Legato-Linien und die glühende Emphase seines Spiels. Einen gläsernen und doch warmen Ton schlug Prins mit Pat Methenys „Talk Awhile“ an. Die raschen Wechsel zwischen kurzen und extrem langen Notenwerten bewegten sich dabei am Rande des Ausdrucksspektrums der Gitarre.

Prins machte aber deutlich, dass forsches Tempo nicht der einzig glückselig machende Parameter sein muss, um in die Geheimnisse des Gitarrenspiels vorzudringen. Das demonstrierte er mit Django Reinhardts berühmter Ballade „Nuages“. Als ein Zauberer der Melodie, lediglich von Stefan Engelmann am Bass begleitet, präsentierte er sich da, spielte gesanglich wohltönende, runde, sensible Linien, die sich stets aus sich selbst erneuerten und eine große dynamische Spannweite besaßen. Dass der Gitarrist auch zu singen versteht, bewies er mit den Balladen „Count Basie“ von Henri Salvador und „Deep in a Dream“ von Eddie De Lange. Ein kultiviertes Piano intonierte er dabei, und seine Stimme lag perfekt auf dem Atem.

Wenn Jean Yves Jung sich an die Orgel setzte, brannte die Luft. Mit seinem rauen Sound erzielte er Wirkungen, die nahezu an eine Bigband erinnerten. Sie waren von einer ungeheuren, umwerfenden Dynamik, die er in großen, sich ständig steigernden Bögen baute. Er fand aber auch organische Klänge, voller warmer, reicher Farben, die er in fein gesponnenen Liniengeflechten kultivierte.

Sensationell war, wie Bruno Castellucci am Schlagzeug agierte. Der 75 Jahre alte, in Brüssel wohnhafte Musiker spielte wie ein junger Gott, mit einer selbstverständlich anmutenden Leichtigkeit und Lockerheit und füllte alle Pfade mit einer bizarren Lust an Schräglagen, die dem Hörer aber auch nichts an mikrotonalen Spannungselementen vorenthielt. Sein Becken war hart swingend, seine Snare schob den virtuos auftrumpfenden Martin Preiser am Klavier nach vorne, er tanzte unter dem Gitarristen und unterstützte zusammen mit dem fingerflinken Stefan Engelmann am Bass sowie dem famosen Michael Lakatos an den Perkussions und am Vibraphon den Swing und den Groove mit raffinierten Schlagfolgen und komplizierten Akzentverschiebungen. Lange anhaltender, begeisterter Beifall, eine Zugabe.

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