Kreis Kaiserslautern In der Stadt der leuchtenden Fassaden

Farbenfrohes Ensemble: In Violett erstrahlt das ehemalige Portal der lutherischen Kirche, die im 18. Jahrhundert in Otterberg er
Farbenfrohes Ensemble: In Violett erstrahlt das ehemalige Portal der lutherischen Kirche, die im 18. Jahrhundert in Otterberg erbaut worden war. Überall in der Altstadt werden an diesem Abend historische Gebäude in verschiedenen Farben angestrahlt.

Wenn Otterberg leuchtet, ist der Andrang enorm. Zum dritten Mal war dies am vergangenen Samstag der Fall. 20 illuminierte Fassaden in der historischen Altstadt und ein vielseitiges gastronomisches Angebot lockten die Menschen am Abend in die Wallonenstadt.

Auf dem Otterberger Kirchplatz hat sich eine Menschentraube gebildet. Von 18 bis 21 Uhr starten hier im Stundentakt Führungen durch die Altstadt, die an diesem Abend ein ungewohntes, aber eindrucksvolles Bild abgibt. Spots tauchen historische Gebäudefassaden in rotes, blaues oder grünes Licht. Große Leuchtkegel mit wechselndem Farbspiel verteilen sich über die Innenstadt, die zu diesem Anlass ausschließlich den Fußgängern vorbehalten ist. Während in der Abteikirche das Orgelkonzert zu Ende geht und ihr kräftiges Geläut den Abend verkündet, scharen sich Einzelne, Familien mit Kindern oder auch Paare rund um den besonders hohen Pylon an der Bushaltestelle. Als die Glocken verstummen, steigt Jürgen Bruhn mit einer Laterne in der Hand auf eine kleine Leiter. „Sie hörten das große Geläut der ersten Kirche in Otterberg“, weist er mit kräftig rollendem R hin. Als einer der Führer nimmt er einen Teil der Menschenmenge mit auf die Tour zu den angestrahlten Gebäuden, die Geschichten zu erzählen haben. Diejenigen Besucher, die an einer der nächsten Führungen teilnehmen oder sich auf eigene Faust auf Erkundungstour begeben, deuten mit Fingern auf die Fassaden. Sie halten inne, um Fachwerk, Sprossenfenster, Sandsteinportale und Details auf sich wirken zu lassen, die durch das farbige Licht und den tiefblauen Nachthimmel verstärkt hervortreten. Häufig wird nach dem Smartphone gegriffen, um den Anblick oder die Atmosphäre auf den Straßen festzuhalten, in denen Menschen an den Ständen der Objektpaten oder an den Bewirtungspunkten zusammenstehen. Henni und Reiner Beer, die seit drei Jahren in Mehlingen wohnen, nutzen den Abend, um einen Blick in die Abteikirche zu werfen. Sie staunen über die Kunst der damaligen Baumeister. „Es ist toll“, sind sie begeistert von der Architektur des Gotteshauses, aber auch von der Altstadt, von der sie erste Eindrücke gewinnen konnten. Jetzt möchten sie noch durch die Gassen schlendern und den ersten Glühwein der Saison trinken. Die Menschen flanieren durch die Hauptstraße. Sie begutachten das Angebot in den Schaufenstern oder bleiben an den Tischen der Objektpaten stehen, um eine Postkarte mit der jeweiligen Abbildung und einem kurzen Abriss der Gebäudegeschichte mitzunehmen. Hier werden auch Kalender mit Motiven aus dem vergangenen Jahr verkauft, der vom Verein „Wir in Otterberg“ als federführender Veranstalter aufgelegt wurde. „Das Interesse ist super“, freut sich Hilmar Schwager. Der Chef des ambulanten Pflegedienstes mit Sitz neben dem Haus Jörg hat die „Patenschaft“ für das Anwesen in der Hauptstraße 98 übernommen und fördert somit dessen Beleuchtung. Schon vor dem offiziellen Beginn und bei einsetzender Dämmerung seien die Menschen in den Straßen unterwegs gewesen. Auch Stefan Haßler, „Pate“ des ehemaligen Hauses der Familie Lazarus Straus gegenüber, stimmt zu: „Ich bin baff, wie viele das anzieht.“ Viele US-Amerikaner, für die eigens eine englischsprachige Führung angeboten wird, sind unterwegs. Was für sie eine „Bratwurst“ ist, ist für das deutsche Publikum eine „Brotworscht“ – und die wird beim Restaurant Blaues Haus neben Schnitzeln auf dem Grill gebrutzelt. Hier hilft die Jugendfeuerwehr Otterberg mit, denn schließlich kommt ihr ein Teil der Einnahmen zugute. „Super“, kommentiert Jugendwart Björn Tietje die Aktion, mit der voraussichtlich ein Besuch des Europaparks finanziert wird. Etwas enttäuscht hingegen ist eine Gruppe der jungen Feuerwehrleute, die unterwegs war, um Spenden für ihre Sache zu sammeln. „70 Prozent der Leute haben uns ignoriert“, meint Ricardo Budek. Entmutigen lässt sich die Truppe dennoch nicht: „Wir ziehen nochmals los.“ Im Alten Stadthaus mit dem Heimatmuseum gehen die Leute ein und aus. Ob der Andrang im Vergleich zu 2017 zugenommen hat, lasse sich noch nicht sagen, meint Lutz Blenk, Vorsitzender des Historischen Vereins. Für Ines Krebs vom gleichnamigen Blumengeschäft, die „Objektpatin“ des Alten Schulhauses in der Mühlstraße ist, steht fest, dass viele Leute unterwegs sind. Sie hat gehört, das fast bis zum Ortsschild in Richtung Otterbach geparkt werde. Gerhard Anefeld, der seinen Bewirtungsstand bei der Stadthalle mit illuminierter Stadtmauer aufgebaut hat, hat Recht behalten. „Es wird in diesem Jahr wieder so viel los sein“, sagt er und fügt an: „Wir sind gerüstet.“ Waren kurz vor Beginn die Menschen in Richtung Stadtmitte vorbeigegangen, ist seine Station zwei Stunden später von Hungrigen umringt.

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