Kaiserslautern „Für mich ist das ganze Jahr Fastnacht“

Lars Reichow
Lars Reichow

„Immer hart an der Wahrheit und niemals gegen schwache Minderheiten“: Das ist das Credo des Mainzer Kabarettisten Lars Reichow – sowohl politisch als auch beruflich. RHEINPFALZ-Mitarbeiterin Katharina Kovalkov sprach mit dem Humoristen, der am kommenden Mittwoch in der Kammgarn zu Gast sein wird.

Herr Reichow, die Karnevalszeit ist wieder angebrochen. Sie als stolzer Mainzer sind regelmäßiger Gast bei Fastnachtssitzungen. Ist diese Zeit für Sie noch mehr Arbeit oder doch mehr Vergnügen?

Für mich ist das ganze Jahr Fastnacht. Ich bin sehr glücklich, dass ich einmal im Jahr in der Mutter aller TV-Sitzungen einen kabarettistischen Vortrag vor acht Millionen Zuschauern halten kann. Wenn das gut geht, so wie in den letzten Jahren, dann ist das ein großes Vergnügen. Sie bezeichnen sich zwar nicht als politischen Kabarettisten, sind aber bekannt dafür, politisch Farbe zu bekennen. Bei den diesjährigen Mainzer „Fastnachtsthemen“ bekamen Sie Ovationen von den Demokraten – die Vertreter der AfD verließen den Saal. Wie haben Sie reagiert, als Sie davon gehört haben? Ich war sehr glücklich, sehr erleichtert, wie klar und eindeutig sich der Saal, die überwältigende Mehrheit der Fernsehzuschauer auf die richtige Seite geklatscht und gezappt haben. Die AfD ist eine gefährliche Zeiterscheinung, der man entschlossen und ohne Mitgefühl entgegen treten muss. Die politisch-literarische Mainzer Fastnacht hat nie ein Blatt vor den Mund genommen: Nazis gehören nicht in den Landtag, nicht in den Bundestag und in der Bütt haben sie es besonders schwer. Es gibt heutzutage wirklich keinen einzigen Komiker oder Kabarettisten, der nicht auf den AfD-Zug aufspringt. Schüren Komiker und Kabarettisten mit ihren Witzen nicht noch das politische Feuer im rechten Lager? Ich hoffe, dass das nicht so ist. Meine Erfahrung ist, dass viele Menschen dankbar sind, wenn jemand sich öffentlich hinstellt und ein paar Dinge für sie gerade rückt. Das war und ist Aufgabe der politischen Kabarettisten Stellung zu beziehen und für eine menschliche Politik zu kämpfen. Ich möchte denen, die das unbestimmte Gefühl haben, dass etwas mit der AfD nicht stimmt, dabei helfen, aufrecht stehen zu bleiben: Immer hart an der Wahrheit und niemals gegen schwache Minderheiten. Schon gar nicht gegen Menschen auf der Flucht! Wir sind ein zivilisiertes, ein reiches Land, und wir können der ganzen Welt zeigen, dass wir etwas aus der Geschichte gelernt haben: nie wieder Nationalsozialismus! Kommen wir zu einem fröhlicheren Thema: der „Lust“ – Titel zu Ihrem neuen Programm. Auch wenn man es sich schon ein wenig denken kann, trotzdem die Frage: Worum geht es? Es geht natürlich um Sex. Ich versuche das Thema aber so elegant zu bearbeiten, dass ich mich nicht ausziehen muss. Ich singe, ich mache Geräusche, ich möchte behutsam auch über Problemzonen des Mannes reden, etwa das Schnarchen. Meine Lieblingsszene im neuen Programm ist der Auftritt nach der Pause. Eine Riesenüberraschung, mit Verkleidung – aber das kann ich hier noch nicht verraten ... Wie regelmäßig sagen oder machen Sie selbst etwas aus Lust und Laune heraus, ohne an die Konsequenzen zu denken? Also ich muss gestehen, dass ich ein sehr spontaner und auch meistens gut gelaunter Mensch bin. Den größten Freiraum, um wirklich Quatsch zu machen, Dinge aus dem Bauch heraus zu machen, bietet mein Beruf als Künstler. Tatsächlich ist für mich die Bühne der Ort, an dem ich mich wirklich frei und ungezwungen, vor allem aber sehr glücklich fühle. Nun noch ein paar kurze Fragen zum Stichwort „Lust“: Was bereitet Ihnen die größte Lust an Ihrem Beruf? Die Atemlosigkeit, die Konzentration im Publikum und die Entladung im Applaus. Und auf der Bühne? Mit dem Publikum zu lachen. Am Schreiben eines neues Programms? Die Herausforderung, etwas Neues zu schaffen, obwohl das Bewährte gerade sehr gut ankommt. An der Musik? Klavier zu spielen, dazu zu singen – und beides zu genießen. Am Touren? Alleine zu sein auf der Autobahn und nach Hause zu fahren. Am Leben? Einen so schönen Beruf zu haben, und eine so liebe Familie zu haben! Wenn Sie eine neue Pointe über Erdogan, Merkel, Trump & Co. schreiben? Wenn ich selbst darüber lachen muss. Vielen Dank für das Gespräch. Auftritt Am Mittwoch, 13. Dezember, 20 Uhr, im Kasino des Kulturzentrums Kammgarn; Karten an den bekannten Vorverkaufsstellen, etwa bei Thalia und Popshop, daneben Abendkasse.

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