Kreis Kaiserslautern Ein letztes „Halleluja“

Der gemischte Chor „Cantiamo“ zeigte beim Abschiedskonzert in der evangelischen Kirche sein ganzes Können.
Der gemischte Chor »Cantiamo« zeigte beim Abschiedskonzert in der evangelischen Kirche sein ganzes Können.

Zuletzt waren es sieben Frauen und drei Männer, die die aktive Sänger-Gruppe des Olsbrücker Musikvereins mit dem Namen „Cantiamo“ bildeten. Während der Verein mit rund 70 Mitgliedern bestehen bleibt, verkündete Thomas Krauß, der stellvertretende Vorsitzende des MGV, das Ausscheiden der letzten Aktiven aus dem Sängerbetrieb nach einer 150-jährigen Tradition. Am Abschiedskonzert am Samstag in der evangelischen Kirche in Olsbrücken war der Otterberger Chor „Feel The Music“ beteiligt.

Das „Halleluja“ von Leonhard Cohen sei ja eigentlich ein Loblied auf die Musik, hatte es in der Ankündigung geheißen. Am Samstagabend wurde dieses Stück vor dem imposanten Chor der evangelischen Kirche in Olsbrücken unter der Leitung von Vladimir Gerasimov regelrecht inszeniert. Das strahlende Gelb im weiten Rund spielt fast ins Goldene durch den Kontrast mit den schlanken Rundbogen-Fenstern, die die blaue Stunde hereinschauen ließen. Die Solisten Roland Sauerhöfer und Thomas Krauß eröffnen den Vortrag mit feierlicher Ruhe und klarer Eleganz. Die Chorstimmen des „Cantiamo“ antworten nicht nur mit beeindruckender Klanggewalt, sondern steigern im Dialog mit den Solisten ihren Vortrag bis ins Hymnische hinein. Trotz der Atmosphäre des Abschieds klingen die Stimmen der Sängerinnen und Sänger so, als seien sie im Reinen mit sich. Ein Quäntchen Hoffnung und Optimismus lässt sich durchaus auch heraushören. Dieses „Halleluja“ ist einer der Höhepunkte des Konzerts. „Mir bleibt die traurige Pflicht, ihnen mitzuteilen, dass nach diesem Konzert die aktive Tätigkeit der Sängergruppe eingestellt wird“, hatte Krauß in seiner Ansprache zu Beginn des Konzertes gesagt. Er hege aber die Hoffnung, dass sich irgendwann Sänger finden werden, die die Tradition fortführen. Pfarrer Frank Siring schloss sich als Gastgeber des Konzerts dem an und setzte seine Hoffnung darauf, dass temporäre Chöre zu spontanem Singen zusammenkommen. Im Gespräch mit der RHEINPFALZ hatte Friedel Decker, der Historiker des Vereins, einen Blick zurück auf die Geschichte des MGV Olsbrücken geworfen. „Mit dem Gründungsdatum hat es eine besondere Bewandtnis“, erläuterte er. Längere Zeit sei die Geburtsstunde des Vereins wegen der spärlichen Quellenlage für das Jahr 1871 angenommen worden. Zu einem späteren Zeitpunkt sei, so der Kenner der Vereinsgeschichte, ein Dokument aufgetaucht, das das genaue Gründungsdatum enthält. Dies sei der 18. März 1864 gewesen. Allerdings habe man dies in den Vereinsunterlagen dann später nicht mehr verändert, um größere Umstände und Verwicklungen zu vermeiden, vermutet Decker. Um das Jahr 1910 habe der Verein eine Blütezeit erlebt. Die guten Leistungen der Gemeinschaft hätten ihr 20 neue Mitglieder zugeführt, heißt es in der Vereinschronik „100 Jahre Männergesangverein 1871 Olsbrücken“ dazu. Zum 1. Januar 1912 sei die Anzahl der Sänger auf 113 Köpfe angewachsen. Während des Ersten Weltkrieges habe die Vereinstätigkeit vollständig geruht. Erst im Dezember 1919 seien 53 Mitglieder eingetreten. Die Annalen sprechen danach von einem Aufschwung im Leben der Gemeinschaft. Als Beleg dafür wird dort das Erreichen des ersten Platzes bei einem Wettsingen in Otterbach am 24. Mai 1931 genannt. Als einen Einschnitt führt die Vereinschronik die „Gleichschaltung“ der Vereine in der Zeit des Nationalsozialismus an. „In der Generalversammlung vom 27. August 1933 trat die gesamte Vorstandschaft zurück. Nach der Bildung eines neuen Ausschusses übernahm wieder der langjährige Vorsitzende Otto Schneider die Vereinsleitung“, wird in den Aufzeichnungen formuliert. Der Verein habe von da an dem „Sängerbund Westmark“ angehört und sich an der Sängerkundgebung im Juli 1936 in Saarbrücken beteiligt, heißt es in dem geschichtlichen Überblick anlässlich des hundertsten Gründungsjubiläums. Nach der Zwangspause während des Zweiten Weltkrieges sei der Verein am 26. Februar 1948 mit 43 Mitgliedern wieder gegründet worden. Während im Jahr 1950 dem Verein 200 Mitglieder angehört hatten, sei es nach den Worten Deckers seitdem stetig bergab gegangen. Leider hätten alle Anstrengungen nicht dazu geführt, den Verein aus dem allgemeinen Trend zur Individualisierung heutiger Tage herauszuhalten, beklagt der Historiker. Mit dem Abschiedskonzert stehe man nun vor einem tiefen Einschnitt in der Geschichte des Vereins.

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