Kaiserslautern Die Liebe in schweren Zeiten

Bannte das Publikum mit ihren Texten: Marion Bischoff.
Bannte das Publikum mit ihren Texten: Marion Bischoff.

Romane mit fiktivem Inhalt können seit jeher ja schon ungemein spannend, nachdenklich machend, erfolgreich sein. Romane mit einem wie auch immer gearteten realen Hintergrund haben darüber hinaus oft noch einen ganz besonderen Touch. Das kann besonders dann der Fall sein, wenn die Autoren aus den beschriebenen Orten stammen und handelnde Charaktere Vorbilder aus dem wirklichen Leben haben. So war es denn auch der Fall bei den beiden Werken „Heidelbeerkind“ und „Heidelbeerfrau“, aus denen die Pfälzer Autorin Marion Bischoff am Mittwochabend vor gut gefüllter Publikumskulisse in der Pfalzbibliothek las.

Nicht nur der Ort der Handlung, das kleine pfälzische Clausen in der Nähe von Pirmasens, ist authentisch: Die Autorin ist dort geboren und lebt bis heute in der etwa 1400 Einwohner zählenden Gemeinde im Pfälzerwald. Das allein verspricht bereits ein gerüttelt Maß an Realitätsnähe. Mehr noch: Marion Bischoff, ein ausgesprochener Wald-Fan, fragte sich eines Tages während ihrer ausgedehnten Spaziergänge dort (so erzählte sie informativ zum Auftakt der Lesung), wie es wohl in dieser Gegend so etwa zur Mitte des letzten Jahrhunderts ausgesehen haben mag. Erste Quelle seien dabei ihre noch lebenden Großeltern gewesen, die ihrerseits wiederum andere Zeitzeugen der Kriegs- und Nachkriegszeiten benennen konnten. Auf diese Weise entstand das erst 2017 veröffentlichte Buch „Heidelbeerkind“. Wohlakzentuierend und zwischendrin immer mal wieder verbindende Geschehnisse prägnant zusammenfassend las Bischoff zunächst im ersten Teil des Abends die gut ausgewählten, den inhaltlichen Gesamtüberblick fördernden Passagen aus jenem Erstlingswerk. „Heidelbeerkind“ spielt im Sommer 1944. Die 18-jährige Elise lebt mit ihrem kleinen Bruder Hans, ihrer Mutter und dem Großvater auf einem Bauernhof in Clausen. Der Vater ist gefallen, eifernde Jung-Nazis haben im Ort das Sagen, Hunger und Not bestimmen das Leben der Familie. Abwechslung in die frugalen Mahlzeiten bringen allenfalls ein paar Beeren, die man im nahen Wald sammeln kann. Bei einem dieser Ausflüge entdeckt Elise hinter einer Blaubeerhecke den schwer verwundeten deutschen Soldaten Julius. Sie rettet dem Deserteur das Leben, indem sie ihn in eine nahe Waldhütte schleppt, seine Wunden verbindet, den Genesenden über längere Zeit hinweg heimlich versorgt. Irgendwann verlieben sich die beiden – und Elise wird schwanger. Die Probleme in ohnehin schwieriger Zeit werden immens... „Heidelberkind“ ist ein historischer Roman um Armut und Ängste, um Vertrauen, Moral und Liebe. Er ist, so zeigte die Lesung recht bald, gut recherchiert, authentisch wirkend, lebendig erzählt. So könnte es damals unweit von Kaiserslautern tatsächlich gewesen sein. Und genauso vital und eindringlich rezitierte Marion Bischoff eben auch aus ihrem Roman. Das galt auch für die Präsentation der gerade erschienenen Fortsetzung „Heidelbeerfrau“, der Bischoff in der Pfalzbibliothek den weitaus größeren zeitlichen Rahmen einräumte. Der bereits ein Jahr nach dem Debüt erschienene Folgeroman ist in der Zeit kurz nach Kriegsende angesiedelt. Auch hier verfehlen die geschilderten Erlebnisse, Stimmungen und Dialoge nicht ihre Wirkung auf das Publikum: Hochkonzentriert und schier atemlos verfolgte man die Texte um die jetzt junge Mutter Elise und ihren erst wenige Monate alten Sohn Reinhard. Anstrengende Hamsterkäufe, eine das Leben etwas erträglicher machende Anstellung in einer Pirmasenser Schuhfabrik, eine bedrohlich wirkende Kontrolle durch einen französischen Wachtposten, ein mysteriöser Brief – allesamt Komponenten, die das Publikum merklich fesselten. Eine besondere Stellung nahm der Schluss der Lesung ein. Hier ging es um das Schicksal von Elises jüngerem Bruder Hans, der im Roman beim Hantieren mit einer von seinen Freunden im Wald gefundenen Munitionskiste eine Katastrophe auslöst. Jener Hans hat ein reales Vorbild, wie die Autorin zum eindrücklichen Schluss der Lesung erklärte: Der ortsansässige Albert Leininger hatte Marion Bischoff seine später als Vorlage für das Romangeschehen dienende Geschichte erzählt, konnte aber deren literarische Umsetzung – er hätte sogar das allererste Exemplar des Buches erhalten sollen – nicht mehr miterleben. Eine Widmung am Anfang des Romans erinnert indes an jenen wichtigen Zeitzeugen. Ein historischer und persönlicher Hintergrund, der den Roman zusätzlich aufwertet. Absolute Stille, anhaltender Applaus, verdientes Lob im Schlusswort der Pfalzbibliothek-Direktorin Sabine Klapp. Buch-Tipp —Marion Bischoff: „Heidelbeerkind“, historischer Liebesroman, erschienen im März 2017, 12 Euro, im Buchhandel —Marion Bischoff: „Heidelbeerfrau“, historischer Roman, erschienen im August 2018, ebenfalls 12 Euro, im Buchhandel.

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