Kaiserslautern Die Kommune als Parallelwelt

Lange Monologe: Rainer Langhans im Salon Schmitt.
Lange Monologe: Rainer Langhans im Salon Schmitt.

Der Freitagabend sollte eine neue Idee im Salon Schmitt präsentieren: Zeitzeugen-Talk kombiniert mit authentischer Live-Musik aus den 60er Jahren. Streng der Vorgabe der Ankündigung folgend, aber nur zum Teil gelungen.

Der gut gedachte Ansatz „Wie die Rockmusik zum Soundtrack der Jugendrevolution wurde – 68er- Bewegung, Hippies, Rockmusik und Revolution“ zog immerhin zahlreiche Neugierige und natürlich Musikfreunde in den gut besuchten Club. Die Idee dazu stammt von der Lenz Band, die letztlich auch den Referenten mitbrachte. Den Start machte der ehemalige Kommune-1-Bewohner Rainer Langhans (Autor, Filmemacher, Schauspieler), in weißes Leinen gekleidet mit grau-wallender Lockenpracht. Natürlich musste im Salon zur Begrüßung auch der nicht ganz ernst gemeinte Satz fallen: „Wann warst du das letzte Mal beim Friseur?“ In lockerer Manier versuchte „Hausmeister“ Michael Halberstadt den Referenten in Stimmung und das Gespräch in Gang zu bringen. Langhans machte zunächst einen etwas spröden Eindruck, antwortete mit kurzen Sätzen und wirkte konzeptlos: „Wollt ihr Fragen stellen, oder soll ich was erzählen?“ Dies änderte sich insoweit, als er sich dann in langatmigen Monologen erging. Die sprunghaften Inhalte waren nicht immer leicht zu verfolgen. Inhalte? Zunächst waren diese erwartungsgemäß polarisierend. Doch letztendlich für etliche Besucher auch irritierend und bisweilen völlig abstrus. So wurden Internet und Facebook ohne jeglichen kritischen Ansatz als „vereinigt in einer geistigen Wolke“ gutgeheißen, oder Präsident Trump wurde positiv besetzt als Revolutionär der Moderne dargestellt. Bedenkliche Ansätze. Und sonst nichts Neues. Oder doch: Langhans glaubt immer noch an die universale Liebe (mit allgemeiner Zärtlichkeit ohne jegliche Zweierbeziehung), obwohl etliche Kommunen an ihren Ideen zerbrochen sind und Damalige mit ihm gebrochen haben. Der größte Knaller jedoch konterkarierte das Motto des Abends, als Langhans attestierte, dass die einstige Idee der Kommune im Ursprung ihrer gesellschaftlichen Revolution nichts, aber auch ganz und gar nichts mit der Musik der damaligen Zeit zu tun hatte. Sie sei Nebensache gewesen: „Die Schönheit der Kommunikation übersteigt die Musik“, so das Credo. Wow, das saß und war entgegen aller Erwartungen. Wo sonst doch die Meinung vorherrscht, dass gerade neue Musikformen der 60er Jahre ein Ventil waren und den bewussten Ausbruch aus gesellschaftlichen Zwängen und Normen beflügelt, ja vielleicht sogar ermöglicht haben, bis daraus dann schließlich sogar ein Lebensgefühl wurde (etwa in der Flower-Power-Bewegung). Somit war die Kommune wohl eine intellektuelle Parallelwelt zu den anderen revolutionären Strömungen. Wirklich überzeugend war an diesem Abend nur die Lenz Band aus Alsenz. Eigentlich eine Folk- und Bluesrockband rund um den Singer/Songwriter und Gitarristen Peter Lenz, die aber mit 30 Jahren Erfahrung ohne Probleme den authentischen Hauch der 60er rüberbrachte. Die Instrumentalisten agierten wie ein gut geöltes Räderwerk auf stabilem Fundament mit Pablo Lachmann (Bass), Peter Götzmann (Schlagzeug). Da erklingen die Stones zu psychedelisch wabernden Farbbildern auf dem Wandhintergrund, fetzen leichtfüßig gespielte aber scharfkantige Gitarrensoli durch die Boxen. Trefflich interpretiert folgt Dylans „Like A Rolling Stone“. Die Band schafft es einen herrlich angestaubten Sound zu kreieren und mit „Foxy Lady“ von Hendrix einer musikalischen Bewusstseinserweiterung nachzuspüren. Bei einem Santana-Stück wurde ein herrlich vertracktes Drum-Solo eingebaut. Besonders zu erwähnen: Tastenmann Markus Lauer an der zweimanualigen Hammond-Orgel, der sprichwörtlich alle Register zieht, sein Instrument klopft, streichelt und verrückte Klangtürme mit hastigen Eskapaden aufbaut. Herrlich! Eine bessere Vernetzung von Referent und Band könnten aus der Idee ein gelungenes Konzept machen. An diesem Abend blieb aber für viele „nur“ die Musik.

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