Kaiserslautern Das Publikum entscheidet durch Applausstärke

Legten die Messlatte hoch: Erika Stigler und Daniel.
Legten die Messlatte hoch: Erika Stigler und Daniel.

Die bewährte Talentshow „Apollo Amateur Night“ machte am Samstag erstmals in den Hallen der Kammgarn Station. Tolle Sänger und ein begeisterungsfähiges Publikum kamen dort zusammen.

„What’s up K’town?“ Mit energischer Stimme peitscht Moderatorin Shanda Dizzy Misse das Publikum an, fegt in weißem Outfit über die Bühne und skandiert vom Bühnenrand auch unter selbstbewusstem Einsatz ihrer weiblichen Formen. Die Zuhörergemeinschaft im Saal der Kammgarn und auf dem Balkon besteht überwiegend aus Amerikanern und erhält zunächst eine Erläuterung zum Programm und zu den Regeln der Künstlerbewertung: Das Publikum entscheidet durch seine Applausstärke; und das sollte richtig spannend werden. Mit geschickter spontaner Kreativität schafft es Dizzy, das Publikum jeweils auf das nächste Talent vorzubereiten. Und der auffordernden Neugier für den nächsten Talentbeitrag wirft der Saal immer wieder ein kollektiv-brüllendes „Yeah! Okay!“ der Bühne entgegen. Dennoch muss vorab eine kleine Kritik erlaubt sein. Um amerikanische und deutsche Musikfans zusammenzubringen, könnten eine zweisprachige Veranstaltungsankündigung und Moderation helfen, damit nicht so viele interessante Informationen am Zuhörer vorbeigehen. Und sicher würde sich dann auch das ein oder andere deutsche Talent für die Bühne bewerben. Zehn Beiträge sollen es an diesem Abend in der Kammgarn werden und die Teilnehmer kommen keinesfalls nur aus der Umgebung, sondern sind auch aus Karlsruhe und Heidelberg angereist. Es beginnt mit Erika Stigler, die gleich mit einer stimmgewaltigen, emotionalen Ballade die Latte hoch hängt. Lavon Washburn vertritt die wenigen mutigen männlichen Teilnehmer und verrät kurz vor seinem Song, dass er schon sein ganzes Leben singt. Er präsentiert eine unter die Haut gehende Ballade mit Phrasierungen in den höchsten Tönen. Man meint fast, dass der Titel „I want you“ schon augenzwinkernd auf den Siegerpreis abzielt. Erwartungsgemäß überwiegen Gesangsbeiträge, aber eben nicht nur. Das Duo Fresh Linen/Vanessa Nicole haut einen theatralischen Poetry-Slam erster Güte raus, mit perfekt aufeinander abgestimmten Wechseln in rasanter Sprechgeschwindigkeit. Dann folgt mit Shannon Moore („You’re gonna love me“) eine Wahnsinnsstimme; das ist bester Soul! Das Publikum flippt zum ersten Mal so richtig aus. Sie ist eine heiße Kandidatin für das Siegertreppchen. In der späteren Pause berichtet sie, was kaum zu glauben ist: „Ich hatte nie Gesangsunterricht, war nur im Chor aktiv.“ Die wohlverdiente Pause für alle wird mit einem bunten Mix von Hip-Hop unterlegt, es finden sich sofort tanzwillige Gruppen zu zwanglosen Choreographien zusammen. Andere begeben sich zu kühlen Getränken an die Bar oder lassen sich von einem Profifotografen zu einem Fotoshooting verführen. Zurück im Saal startet Moderatorin Dizzy mit ihrem fabelhaften DJ eine Rundreise durch den Hip-Hop, von der Ost- zur Westküste Amerikas, sehr zu Begeisterung der tanzwütigen Fangemeinde. Danach geht es mit einem Chaka-Khan-Titel weiter, gut vorgetragen von der 22-jährigen Naomi Walz und garniert mit überzeugender Bühnenshow. Der junge Sänger Cody Logan „Proper“ präsentiert mit seinem selbst geschriebenen Rap eine neue Stilrichtung und meistert seinen Auftritt bravourös. So gut, dass man als deutscher Zuhörer nicht den Hauch einer Chance hat, dem Songinhalt zu folgen. Bereits zu diesem Zeitpunkt des Abends lässt es sich spüren, hören, sehen: Das Konzept kommt gut an und schon wird eine mögliche Folgeveranstaltung für Februar kommenden Jahres angekündigt. Lisa Cash bringt eine weitere tolle Soulstimme mit explosiver Röhre im stimmlichen Ausdruck („Natural woman“). Die Rocknummer „Use somebody“ wird mit bemerkenswerter Falsettstimme und kräftigem Vibrato (David Blount „The Situation“) verzaubert und erhält einen ästhetischen Soulcharakter. Den Schlusspunkt der Teilnehmer setzt Dee Bailey mit einem Soulpop; leider war die Mikrofoneinstellung hier undeutlich und schmälerte die eigentlich gute Leistung. Die Applausabstimmung weit nach Mitternacht erforderte mehrere Klatschrunden mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen, das schließlich der Sänger Lavon Washburn machte. Sein Preis: Neben 500 Euro erhält er eine professionelle Studioaufnahme, die künstlerische Gestaltung des CD-Covers, ein Musikvideo und ein passendes Werbungspaket.

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