Kaiserslautern Das Blatt in Form und Farbe

Reduziert: Elsa Vogt-Ramachers zeigt ihre Auseinandersetzung mit Laubblättern zurzeit in der Alten Apotheke in Otterberg.
Reduziert: Elsa Vogt-Ramachers zeigt ihre Auseinandersetzung mit Laubblättern zurzeit in der Alten Apotheke in Otterberg.

Elsa Vogt-Ramachers ist stets gut für Neues, Besonderes, ja sogar Abseitiges aus ihrem Atelier. Wer die Arbeiten der Malerin seit Jahren beobachtet und von ihren umtriebigen Aktivitäten von Auslandsaufenthalten bis Kunstpädagogik weiß, der kann die aktuelle Ausstellung in der Alten Apotheke in Otterberg besser einordnen. Sie trägt den verheißungsvollen Titel: „Aus fernen Gärten“.

Ein Bildelement wiederholt und manifestiert sich in jedem der zwölf Gemälde: Es sind Blätter – schmale, ovale, spitz zulaufende Laubbaumblätter. Sie schillern, schattieren, trudeln, drehen, wirbeln in Farben und Formen, mal schwebend vor Nachtbläue, mal überbelichtet in flirrend weißem Lichtkegel, mal sattgrünbunt. Blätter – sie stehen für Leichtigkeit sowie Vergänglichkeit. In der Mythologie symbolisieren sie wegen ihres stetigen Erneuerns die Wiedergeburt. Auch emotional sprechen sie die Menschen an: So tun die grafischen Formen, deren strukturierende Kanten, Zacken und Adern dem ästhetischen Empfinden wohl. Fragt sich jemand warum es sie gibt, erinnert die biologische Funktion der Blätter daran. Sie dienen der Verdunstung und so halten sie den Wasserhaushalt am Laufen, dienen der Photosynthese. Es ist kaum möglich Vogt-Ramachers Bilderwelt ohne diese konkreten, assoziativen sowie intuitiven Attribute eines Blattes mitzudenken. Denn sie regen ein Hineinsehen, ein vertieftes Wahrnehmen an. Im Werk der Sulzbachtalerin erfährt Laub den Prozess einer Reduktion. Fing die Künstlerin mit Landschaftsbildern kompletter Baumkolonien an, so verschwanden sie nach und nach bis zu den reinen Blattmotiven ohne Wurzeln, Äste oder Stämme. Eine Welt autonomer Blätter in virtuellen Farbräumen, eine Abstraktion trotz figürlich-gegenständlichen Darstellens eröffnet sich. Vogt-Ramachers leitet ein Betonen der Form im Raum ab, danach hebt sie jedwede Relevanz mit erneutem Reduzieren auf. Frei und autonom ohne Wertverlust zu existieren, so lautet das geistig-spirituelle Ziel. Dennoch: Die gemalten Collagen erscheinen recht idyllisch. Doch es wären nicht die Bilder dieser Malerin, wäre da nicht der krasse Kontrast, das Ungeheuerliche, das Zerstörende. Gerissene Blattformcollagen, mal aufgeklebt und sorgsam ausgepinselt, mal ausgespart und kantig ausgegrenzt, deuten eine Art Widerspruch an. Andere Bilder verbergen durch ihre liebliche Formen- und Farbenvielfalt Stacheldraht, der zwar schützen, doch auch ausgrenzen kann. „Es ist nie ganz so wie es scheint“, sagt die Künstlerin. Diesen Eindruck verstärkt das lagenweise auftragen von Farbschichten, das Aufweichen und Wegschaben von Collagepapieren. Das Spurensammelsurium ergibt Strukturen, mittendrin plötzlich ein Stuhl, auf dem sich Spatzen tummeln, während sie in Stadträumen kaum noch nach Krumen suchen. Tatsächlich schwingt Wehmut mit im so prosaischen Paradies der Werke „Early Birds“ (2015), „Nachtblätter“ (2016), „Inselwind“ (2015), „Reigen II“ (2015), „Aus fernen Gärten“ (2016), „Golden Flakes“ (2013), „Treffpunkt“ (2014), „Idylle“ (2015), „Schwindelfrei“ (2015), „Schwarm II“ (2015) sowie „Im Sommermond“ (2016). INFO Die Ausstellung „Aus fernen Gärten“ in der Alten Apotheke Otterberg ist noch bis zum 21. Oktober zu sehen: montags bis freitags von 12 bis 22 Uhr, samstags von 18 bis 23 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr.

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