Kaiserslautern Auf den Spuren der NSDAP

Arbeitet ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte ab: Sven Felix Kellerhoff.
Arbeitet ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte ab: Sven Felix Kellerhoff.

Der Historiker, Autor und Journalist Sven Felix Kellerhoff stellte am Dienstag sein Buch „Die NSDAP. Eine Partei und ihre Mitglieder“ bei Thalia vor. Darin beschreibt er den Aufstieg des Nationalsozialismus’ und die Funktion der NSDAP in der Entwicklung des von den Nazis so genannten Dritten Reichs – eine Reich zwischen Antisemitismus, Anti-Marxismus, Verschwörungstheorien und einem „überragenden“ Rhetoriker.

„Die erste umfassende Gesamtdarstellung der größten und einflussreichsten Partei, die es jemals in Deutschland gab“, so heißt es im Klappentext des Buches. Dass es bis zum heutigen Tag keine umfassende und wissenschaftlich haltbare Gesamtdarstellung der NSDAP gibt, ist kaum zu glauben. Gehört doch die Herrschaft der Hitler-Partei zu den prägendsten und dunkelsten Kapiteln der deutschen Geschichte. Doch wie konnte aus einer völkischen Randgruppe, die Fremdenhass, Machtgier und Gewaltbereitschaft propagierte, eine derart einflussreiche und später alles dominierende Partei mit etwa 8,5 Millionen Mitgliedern werden? Kellerhoff fasst den Weg der Partei von einer radikalen Splittergruppe zur Diktatur bis hin zu ihrem Untergang zusammen. In 16 Hauptkapiteln und über 100 Unterkapiteln beschreibt der Historiker die Karriere einer politischen Bewegung, die Hitler zum mächtigsten Mann der Welt machte. Damit schließt Kellerhoff eine Lücke in der deutschen Geschichtsliteratur. Denn eine Zusammenfassung der NSDAP-Historie, mit dem Fokus auf ihre Entstehungsphase und zeithistorische Bedeutung, hat es in dieser Form noch nicht gegeben, trotz etlicher Hitler-Biographien und seriöser Studien über die zwölf Jahre. Kellerhoff legt den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Zeit bis Januar 1933, angefangen mit der DAP unter Anton Drexler, und umreißt die restlichen zwölf Jahre absichtlich in nur einem Drittel des Buches. Wie viele Historiker vor ihm schöpft Kellerhof aus den gängigen Archivalien und Quellen wie Bild-Dokumenten, Hitlers öffentliche Reden und Auszügen aus „Mein Kampf“, Tagebucheinträgen des Propagandachefs Goebbels, Berichten von Zeitgenossen und Journalisten. Dabei konzentriert er sich auf sechs regionale Hochburgen des Nationalsozialismus: Berlin, München, Kellerhoffs eigene Heimat Stuttgart, Gelsenkirchen, Ostpreußen und Hitlers Heimat Wien. Die Beweggründe waren überall dieselben: der allgemeine Frust über die steigende Arbeitslosigkeit, Geldmangel oder die „Schmach von Versailles“. Besondere Beachtung schenkte er allerdings einer selten berücksichtigten Quelle, den sogenannten „Abel-Papers“. 1934 startete der amerikanische Soziologe Theodore Abel von den USA aus ein Preisausschreiben für die „beste persönliche Lebensgeschichte eines Anhängers der Hitler-Bewegung“. Ein Ausschreiben, an dem sich jeder beteiligen konnte, der - in welcher Form auch immer - seinen biografisch-politischen Weg zur Partei Hitlers beschrieb. Innerhalb von drei Monaten trafen 683 Berichte ein – vorwiegend von Parteifunktionären aus Ostpreußen und der Pfalz. 584 Berichte sind mit über 3700 Seiten bis heute erhalten geblieben und bildeten die wichtigste Säule für Kellerhoffs Forschung. In knapp 45 Minuten hatte der Autor ein rundes Gesamtbild der NSDAP abgesteckt. Ein Bild, das regen Diskussionsbedarf im Publikum auslöste. Die Gäste füllten die restlichen 45 Minuten mit Fragen an den Journalisten und Zeithistoriker. Dabei demonstrierten viele zum einen fundiertes Geschichtswissen, ließen sich aber auch zu interessanten „Was wäre, wenn“-Fragen hinreißen. Zum Beispiel was wäre, wenn Stauffenbergs Attentat 1944 doch geglückt wäre? „So grausam es auch ist, so etwas zu formulieren, denn manchmal sind Historiker eben furchtbar zynisch: Wahrscheinlich ist es für uns alle besser, dass Stauffenbergs zweite Ladung nicht gezündet hat. Denn danach wäre es mit Sicherheit auch zu einem ziemlichen Gemetzel gekommen“, so Kellerhoff, etwa in Form eines Bürgerkrieges im Landesinneren. „Und aus Hitler wäre ein Mythos geworden.“

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