Kaiserslautern Am Ende Beifall statt Prügel

Ironisch schillert sein Humor: Quichotte.
Ironisch schillert sein Humor: Quichotte.

Der Ritter Don Quichotte (spanisch: Quijote) de la Mancha zieht nicht etwa wieder gegen Windmühlen zu Felde. Quichotte ist ein Kabarettist, Rapper und Slam-Poet mit feinem Blick für die Irren der postmodernen Gesellschaft. Am Mittwochabend entführte er im rappelvollen Cotton Club sein Publikum für zwei Stunden aus den Mühlen der Leistungsgesellschaft.

Ein echter Ritter braucht nicht nur eine Dame, für die er in den Kampf zieht, sondern auch einen Knappen, der ihn während der Schlacht unterstützt. Den Rapper Quichotte unterstützt sein „Knappe“ Flo an der Gitarre. Und dieser musikalische Bühnenpartner ist gar nicht so ungeschickt wie Sancho Pansa in dem Roman von Miguel de Cervantes. Wie sein Name erhoffen lässt, zieht auch Quichotte gegen Windmühlen zu Felde: gegen die Windmühlen der Leistungsgesellschaft und der seichten Unterhaltung, gegen Rechtsradikalismus und Rassismus und nicht zuletzt gegen die Dummheit. Sein Schwert ist sein scharfes Mundwerk. Damit mischt er die urbanen Rhythmen des Hip Hop mit Stand-up-Elementen, skurrilen Geschichten und Spoken-Word-Texten. Wie Quichotte erzählt, wohnt er in einem multikulti-durchmischten Viertel in Köln, wo alle bestens miteinander auskommen. Dort habe sich der Kölner noch seinen echten Humor bewahrt und auch eine radikale Ehrlichkeit. Beispiel: Fragt ein Fremder zwei Einheimische: „Entschuldigung, ist das der Kölner Dom?“ Zur Antwort bekommt er: „Nee, Jong, dat is das Empire State Building“. Und der Zweite setzt noch hinzu: „Herzlich willkommen in Chicago!“ Junge Leute seien so lange ehrlich, bis sie verheiratet seien und Kinder bekommen hätten, behauptet Quichotte. „Dann kannst du den Chor der Heuchler hören: Ah, oh, ist das ein schönes Baby“, begeisterten sie sich über ein Kind, das in Wirklichkeit potthässlich sei. Er habe das Gefühl, die Leistungsgesellschaft heute beute uns aus, konstatiert der 35-Jährige weiter und erzählt die Geschichte von der „Pauschalreise“. Ziel: Lloret de mar, Costa Brava. Betonburgen mit Blick auf andere Betonburgen. „Wenn das das Paradies sein soll, was ist dann die Hölle?“, fragt er sich. Im selben Hotel ist eine grölende Truppe junger Burschen aus Castrop-Rauxel untergebracht. Ihm bleibe es nur mit den „Castros“ zu grölen und zu saufen, um nicht aufzufallen. Sämtliche Klischees und Vorurteile hinsichtlich Pauschalreisen bestätigten sich hier. Und so sei unter den Besuchern aber auch noch eine „Armee von Silberköpfen“ mit braunen Tennissocken und braunen Clocks, die schon morgens um sechs Uhr zum Pool watschelten, um sich mit dem Handtuch ihren Platz auf dem Liegestuhl zu sichern. Quichotte kommt zu dem Schluss: Nie wieder Pauschalreise. Mit solchen vordergründig harmlosen Geschichten und Gedichten, aber auch mit Songs über ein multikulturelles Jugendzentrum, in dem Kids leben, „die sich nicht auf der Sonnenseite des Lebens befinden“, demaskiert er rassistisch denkende Menschen, die sagen: „Der passt hier nicht rein.“ Apropos Anpassung: Schon als kleiner Junge in der Fußball-E-Jugend hätte sein Trainer ihn aufgefordert „mehr zu bringen“. Heute stelle sich in der Gesellschaft und Wirtschaft dasselbe Bild dar, sagt er: Man behauptet, es könne immer noch mehr Wachstum, immer noch bessere Ergebnisse geben, und die Effizienz, egal in welchen Belangen, wäre immer noch zu steigern. „Höher, schneller, weiter“, sei das Mantra der nie Zufriedenen. „Quatsch ist das!“, sagt Quichotte und schiebt dem Streben nach Perfektion und dem Überanspruch einen Riegel vor. Dazu rappt der Schnellredner mit einer Rasanz, dass einem schwindelig wird. Und ironisch schillern sein Witz und sein Humor. Am Ende eines Abenteuers wird Don Quijote häufig fürchterlich verprügelt. Quichotte hingegen bekommt verdienten, begeisterten Beifall von dem vorwiegend jungen Publikum.

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