Kaiserslautern Am besten in drei Minuten

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Bob Dylan setzt mit seinem heute erscheinenden Album „Triplicate“ seine Erkundung des „Great American Songbooks“ fort, die er mit „Shadows in The Night“ (2015) und „Fallen Angels“ (2016) zwar nicht erst wirklich begonnen, aber intensiv wiederaufgenommen hatte.

Wie beinahe jedes neue Dylan-Album wird auch „Triplicate“ von allerlei Mutmaßungen, der Frage „warum macht er das?“ und der schon notorischen Zahlenmystik begleitet. „Triplicate“ ist ein Dreifach-Album, erschienen in unterschiedlich luxuriösen Aufmachungen als CDs und Langspielplatten, und es wäre eher zu fragen, warum nicht auch auf einer Reihe von Zehn-Zoll-Schellackplatten. Immerhin reicht das Lied-Repertoire bis zum Jahr 1929 zurück, als der Eröffnungstitel der ersten CD „I Guess I`ll Have to Change My Plan“ erstmals veröffentlicht worden ist. Warum drei Tonträger, wo doch die insgesamt 30 Songs nur eine Spielzeit von rund 97 Minuten beanspruchen? Darauf hat Dylan in einem Promotion-Interview mit der amerikanischen TV-Größe Bill Flanagan eine ungewohnt präzise Antwort gegeben: 15 Minuten pro Seite, das sei die klangtechnisch beste Spielzeit für eine klassische Vinyl-LP. Seine Schallplatten mit eigenem Material seien stets übervoll mit viel zu langen Songs gewesen, weshalb der Klang oft zu drucklos übertragen worden sei. „Diese CDs sind die LPs, die ich hätte machen sollen“, sagt Dylan. Die Songs auf „Triplicate“, je zehn pro Tonträger, bleiben im Drei-Minuten-Format, und hier ist die LP-Ausgabe die sicher authentischste Wahl, zumal für Vinyl-Enthusiasten. Auch die Frage, warum nochmal ein Great-American-Songbook-Album nach den beiden letzten, beantwortet Dylan freimütig damit, dass er bemerkt habe, dass diese beiden zusammen nur einen Teil des Bildes gezeichnet hätten und er eben weitergemacht habe. Jede der drei CDs trägt einen eigenen Titel, „`Til The Sun Goes Down“, „Devil Dolls“ und „Comin` Home Late“, die für Dylan thematische Zusammenhänge repräsentieren, die er nicht näher erklärt, was man als Hörer aber auch getrost ignorieren kann. Schließlich folgt Dylan ja seinen eigenen nostalgischen Gefühlen; die Songs repräsentieren die Pop-Musik seiner Kinder- und Jugendzeit und sind – für den aufmerksamen Hörer – zumindest als Unterströmung stets in seinem Werk vorhanden gewesen. Auf den letzten drei Vorgängeralben mit eigenem Material hatten Dylan und seine Band ja bereits Jazz- und Swing-Töne benutzt. Die Nostalgie des 75-Jährigen reicht also schon weiter zurück. „Triplicate“ ist ein mit Dylans Band, ergänzt um den Gitarristen Dean Parks und dem von James Harper arrangierten Bläsersatz live in den Capitol-Studios, Los Angeles, eingespieltes Album, bei dem Overdubs und nachträgliche Korrekturen unmöglich waren, weil man quasi im „Stuhlkreis“ aufgenommen hat, wo Instrumente und Gesang ja in die Aufnahmemikrophone übersprechen. Bei Fehlern musste eben komplett von vorne begonnen werden. Produziert wurde „Triplicate“ wieder von Dylan selbst unter dem Alias Jack Frost. Dylans Stimme hat wie immer alle Qualitäten, die man mag oder nicht; dass sie da und dort einbricht oder ihre natürlichen Registergrenzen erreicht, hat Dylan billigend in Kauf genommen, wie er in dem genannten Interview selbst anmerkt, gestört hat es ihn nicht, weil das seine Auffassung der Lieder transportiert. Sein Credo dabei: „Diese Lieder gehören zu den herzzerreißendsten, die je auf Schallplatte aufgenommen wurden und ich wollte ihnen gerecht werden.“ Das ist ihm uneingeschränkt gelungen. Dass er damit erfolgreich war, hat er auch seiner Band zu verdanken, die Songs wie „Once Upon A Time“, „Stormy Weather“, „As Time Goes By“ oder das genannte „The Best Is Yet To Come“ atmosphärisch dicht von Orchester-Arrangements auf die Möglichkeiten einer Jazz-Combo mit Bläsersatz kondensieren. Herausragend erneut das Spiel von Donnie Herron an der Steel Guitar, Tony Garnier am Bass und George Receli am Schlagzeug, die, jeder für sich, zu den Besten ihrer Zunft zählen.

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